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Boeses mit Boesem

Boeses mit Boesem

Titel: Boeses mit Boesem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elliott Hall
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drehte ihr Handgelenk, damit sie die Schaufel über dem Sargdeckel ausschüttete. Die Menge applaudierte die ganze Zeit.
    Kaum dass die Erde den Sarg berührte, verzogen sich auch schon die Prominenten vom Podium. Die Gläubigen in der Menge verstanden den Wink und der Applaus verstummte allmählich. Kirovs Frau und Familie wurden als Erste zum Ausgang geführt. Ich richtete das Fernglas auf Glass und Stonebridge. Stonebridge flüsterte Glass etwas ins Ohr und dem gefiel das, was er hörte, offensichtlich nicht. Er erwiderte etwas Knappes und schloss sich dann der Prozession bedeutender Männer an, die zur Wagenkolonne marschierten. Stonebridge blieb mit der Vorhut der Stillwater-Leute und seinen eigenen Gefolgsleuten zurück.
    Die sich verlaufende Menschenmenge machte es mir leicht, mich zu nähern. Ich hatte alles, was ich wissen musste, |234| durchs Fernglas gesehen, aber es kam mir nicht genug vor. Die Söldner hielten ihren Schutzschirm aufrecht, obwohl alle VIPs schon weg waren. Sie sahen mich kommen, hielten mich fälschlich für einen verwirrten Fan und machten sich bereit, mir den Schädel einzuschlagen.
    »Strange.« Stonebridge tauchte hinter dem Wall von gemieteten Muskelmännern auf. Aus der Nähe merkte ich, dass ich mich geirrt hatte; er hatte sich doch verändert. Die Wüstenbräune war verschwunden und hatte einen fahlen Teint und Linien in seinem Gesicht zurückgelassen, die ich dort früher nicht gesehen hatte. Ein paar waren Narben, aber der Rest waren Sorgenfalten.
    »Kommen Sie rein«, sagte er.
    Vor der Stillwater-Abschirmung hielten sich noch immer einige Leute auf. Familien brauchten Zeit, ihre Kinder einzusammeln, Schaulustige warteten auf einen Blick auf die VIPs, die in Wirklichkeit schon weg waren, und einige umherwandernde Leute blieben ohne besondere Absicht. Hinter der Abschirmung befanden sich Bewaffnete und Fahrzeuge mit getönten Scheiben. Mir kam plötzlich die alte Geschichte von der Spinne und der Fliege in den Sinn.
    »Warum kommen Sie nicht heraus?«
    Die Reihen öffneten sich so weit, dass Stonebridge und fünf Leute hervorkommen konnten. Seine Gefolgsleute trugen die Abzeichen von U S-Marschalls um den Hals, aber sie waren die unwahrscheinlichsten Justizangestellten, die ich je gesehen hatte. Ein ungepflegter schwarzer Anzug schien ihre Uniform zu sein. Bei zweien sah man Tätowierungen auf dem Handrücken, als sie mir zuliebe die Fäuste ballten. Ich blickte in zehn Augen, in denen keinerlei Gewissen oder Skrupel zu sehen waren. Sie blickten zurück.
    »Ernennen Sie diese Leute selbst?«, fragte ich.
    »Es sind loyale Männer«, antwortete Stonebridge. »Und damit gute Männer.«
    |235| Da hörte man die Stimme seines Herrn.
    »Wissen Sie noch, was Loyalität ist, Strange?«
    »Falls Sie von der Armee sprechen, die haben mich auf den Müll geworfen, nicht umgekehrt.«
    Er redete nicht von der Armee und das wussten wir beide. »Der General lässt sie grüßen«, sagte Stonebridge. »Es tut ihm leid, dass er nicht persönlich mit Ihnen sprechen konnte.«
    »Ich verstehe«, sagte ich. »Er ist jetzt ein bedeutender Mann.«
    Stonebridge lächelte. »Er ist schon lange ein bedeutender Mann. Sie würden das vielleicht gerne vergessen, aber ich bin stolz auf meinen Dienst.«
    »Ich blicke nicht gerne auf Handlungen zurück, die in einem anderen Krieg zu einem Prozess geführt hätten.«
    »Strange, der Mann mit dem blutenden Herzen«, sagte Stonebridge. »Ich werde nie verstehen, warum der General etwas für Sie übrighat.«
    »Er meinte, ich sei der Einzige, der sich nicht davor fürchtete, ihm die Wahrheit zu sagen.«
    Stonebridge schnaubte spöttisch. Er ging kurz auf und ab: drei kleine Schritte und eine volle Drehung zu mir zurück. Seine Männer beobachteten die Menge und den Horizont. Sie sahen nicht klug aus, aber ihre Instinkte hatten ihren Feinschliff auf dem Gefängnishof erhalten und davor musste man Respekt haben.
    »Haben Sie sich je gefragt, warum Sie da sind, wo Sie sind, und ich da, wo ich bin? Zwei Männer: ähnlicher Hintergrund und ähnliche Verfassung.«
    Ich fragte mich, ob er auf meine oder vielleicht unsere Krankheit anspielte. Die Faszination, einen anderen Leidenden zu treffen, besiegte fast meinen gesunden Menschenverstand, aber ich hielt den Mund. Er würde wissen wollen, woher ich meine Informationen hatte, und ich wollte mich nicht verraten.
    |236| »Beide arbeiten im privaten Sektor. Der eine macht Karriere, der andere scheitert. Sehen Sie darin nicht

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