Böses Spiel in Friesland - Kriminalroman
den Balkon und starrte auf die Mühle, fühlte die wärmenden Sonnenstrahlen, denn der Himmel riss hin und wieder auf und zeigte blaue Stellen.
Das schrille Klingeln an der Haustür ließ mich erzittern.
Ich fürchtete mich vor dem, was auf mich zukam. Die Polizei, die Staatsanwaltschaft und andere Dienststellen brauchten meine Aussagen und Unterschriften unter Protokolle, während ich nur vergessen wollte, was geschehen war. Erst recht hatte ich Angst vor den Reportern, die, so überlegte ich, Gott sei Dank einen weiten Anreiseweg hatten.
Ich ging in das Badezimmer, nahm einen alten Bademantel vom Haken und schritt an die Tür.
Es war Kommissar Feenwegen, der mich zu sprechen wünschte. Zu meiner Beruhigung bemerkte ich, dass das Kämpferische in seinem Gesicht fehlte, im Gegenteil, seine Sorgenfalten unter dem Kraushaar sprachen für eine friedliche Haltung.
Grußlos ließ ich ihn eintreten.
»Einen Tee?«, fragte ich dann, weil ich hoffte, er könnte mir helfen, die tödliche Langeweile zu unterbrechen, und meine Ängste beschwichtigen.
Erst als er sich in den Sessel setzte, bemerkte ich seine pralle Tasche.
Ich ging in die Küche und setzte das Teewasser auf.
»Nehmen Sie sich Zeit«, sagte er, als ich das Geschirr auftrug. Dabei blätterte er in Akten.
Endlich konnte ich das siedende Wasser über die Teeblätter gießen. Ich ließ den Tee ziehen und setzte mich zu Feenwegen, der sich sogleich bediente.
»Wie mein Tee auch ausgefallen sein mag, er ist der erste, den ich seit einer Ewigkeit zu mir nehme«, sagte ich.
Feenwegen nahm den Blick hoch. »Herr Beruto, wer hätte das gedacht. Es muss schrecklich für Sie gewesen sein. Meine Dienstpflichten führen mich zu Ihnen, da unser Amt von Ihnen einige Bestätigungen braucht. Doch vorher möchte ich Ihnen Ergebnisse aus Helsinki zur Kenntnis geben, die Sie sicherlich interessieren und beruhigen werden.«
Ich wusste, dass man mir nichts anhaben konnte, dennoch legte sich ein beklemmendes Gefühl auf meine Brust. Irgendwie hatten mich meine Erlebnisse eingeschüchtert.
Das Blut schoss in mir hoch, als mir einfiel, dass ich mich nicht um Elkes Leiche gekümmert hatte. Ich war auch zu feige, Elkes Eltern anzurufen, um sie nach dem Stand der Dinge zu befragen. Woher kam nur die falsche Scheu?
Feenwegen nippte am Tee, und auch ich trank einige Schlucke. »Aus Helsinki erreichten uns per Fax über das Bundeskriminalamt einige Informationen über den Todesschützen Nonninga. Die Kripo in Norwegen suchte ihn unter dem Decknamen Y-3, weil er in Tromsö an einer Waffentransaktion beteiligt gewesen sein soll, die über eine Kette von Fischkuttern bis hin zu einem libanesischen Frachtschiff reichte. Im finnischen Hafen Marienham soll er Waffen und Munition mit Segelyachten geschmuggelt haben, die unter nicht existierenden Eignern aus der Bundesrepublik geführt wurden. Interpol teilte mit, dass Nonninga unter dem Decknamen Freismann einen Lehrgang in einem palästinensischen Lager in Begleitung eines Unbekannten besucht hat.«
Mir stand das Herz fast still. War der Unbekannte vielleicht mein Schüler Enno gewesen?
»Maschallah«, sagte ich und dachte an Elkes Armband.
Feenwegen blickte überrascht hoch, sagte aber nichts.
»Herr Kommissar, ich bin geboren worden, habe studiert und unterrichte am Gymnasium, und plötzlich stelle ich fest, dass ich naiv einen Politikermord verhindert habe, nachdem ich mehrmals durch eine Hölle meiner Gefühle marschieren musste. Und jetzt erfahre ich von Ihnen, dass mein Schicksal noch Verbindungen zu Waffenschmugglern hatte.«
Feenwegen nahm meine Aussagen nicht sonderlich ernst. »Nonninga war, den Informationen von Interpol nach, vor dem Anschlag auf Ihre Freundin sowohl in Norwegen als auch in Schweden«, sagte er. »Ich habe hier eine Menge von Protokollen, die Sie mir unterschreiben können. Ich hoffe, dass man Sie dann in Zukunft in Ruhe lassen wird.«
Ich überflog die Texte Seite für Seite und unterschrieb alles, was da aufgelistet stand und dem entsprach, was ich erlebt hatte.
Wir tranken den Tee und rauchten. Feenwegen steckte die Unterlagen in seine Tasche.
»Ach, der Graf hat Strafantrag gestellt wegen Körperverletzung«, sagte er so nebenbei.
Empört antwortete ich: »Dann sind wir also noch nicht weitergekommen?«
Der Kommissar schaute mich grinsend an: »Es scheint so«, sagte er.
»Was wird aus meinen Sachen, die ich in Finnland zurücklassen musste?«, fragte ich ihn.
Feenwegen hob die Schultern.
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