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Bokeh

Bokeh

Titel: Bokeh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris P. Rolls
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lediglich mit dem Rauch, lasse ihn mein Gesicht umschmeicheln.
    „Perfekt, perfekt“, murmelt Dirk. Das Klicken streichelt mein Ego, beruhigt mein Herz. Ich fühle mich gut, bewundert, begehrt. Auch wenn es nur durch den Fokus seiner Kamera ist.
    „Das ist es. Bingo“, freut Dirk sich. „Joschi, du bist großartig. Danke, du kannst dich schon umziehen. Was ist nun mit Alessandro?“
    Raus aus dem Licht, zurück in die Schatten und ins Vergessen. So euphorisch ich mich vor der Kamera fühle, so ernüchternd ist es danach. Aber das nächste Outfit wartet. Dies ist mein Job. Ich mache ihn gut.
    „Wie machst du das bloß immer?“ Marguerita, ein spanisches Model, die ich schon oft gesehen habe, empfängt mich seufzend im Umkleideraum. Mein Blick gleitet über die Anwesenden. Viele davon kenne ich. Fünf Frauen, zwei Männer. Ich nicke Alessandro zu. Er kommt aus Paraguay. Ein wirklich schöner Mann, mit schokoladenbraunen Augen. Der andere kommt mir bekannt vor, sein Name fällt mir gerade nicht ein. Unwichtig.
    „Heute ist er richtig schlecht drauf. An jedem hat er was auszusetzen“, fährt Marguerita fort und nickt zum Studio. „Nur bei dir nicht.“
    „Weil ich einfach gut bin“, gebe ich lächelnd zurück und versuche gar nicht erst, bescheiden zu klingen. Wozu? Es ist die Wahrheit.
    Marguerita verzieht ihren schmalen Mund verächtlich. Ihr Pluspunkt sind die großen Augen, ihre kastanienbraunen Haare und ihre feingliedrigen Finger. Sie ist zu dünn. Normalzustand der Models. Ihren Wangen sieht man es an, egal wie gut die Stylisten sind.
    „Die Elisa hätte er wirklich nicht so fertigmachen müssen. Sie ist noch nicht lange dabei. Das erste Outfit hat sie ganz gut hinbekommen. Das waren ihre ersten Aufnahmen für ein so großes Modemagazin“, schnaubt sie und verschließt hastig den Mund, weil die Stylistin ihre Lippen schminkt.
    „Und ihre letzten“, gebe ich ungerührt zurück und schlüpfe aus dem Hemd. Ich mag den Stoff in meinen Händen.
    „Du bist echt fies. Jeder von uns hat mal angefangen“, brummt ein anderes Model neben mir, ihr Name ist Maria. Wir kennen uns von Katalogaufnahmen in Spanien. Sie trägt einen Hauch von Nichts und kämpft mit der Verschnürung, bis ihr eine der Assistenten hilft.
    „Es ist nicht mein Job, nett zu unfähigen Models zu sein“, kontere ich gelassen. „Ich erwarte ja auch nicht, dass jeder mein Fan wird.“ Mitleid sollen andere haben. Persönliche Befindlichkeiten haben in diesem Job nichts zu suchen. Wir sind keine große, wunderbare Familie. Wir sind Konkurrenten um Aufträge und das Geld der Kunden. Nur, wer sich verkaufen kann, ist und bleibt erfolgreich.
    Ich wende mich ab und kümmere mich um wichtigere Dinge. Zum Beispiel mein nächstes Outfit. Vier verschiedene werde ich heute anziehen, morgen sind es noch einmal vier. Schöne Sachen. Nicht immer sind es Outfits, die meinen Geschmack treffen. Ist auch nicht entscheidend, ich kann alles tragen und alles präsentieren. Wenn ein Designer unbedingt meint, aus einem hässlichen Kartoffelsack das nächste Modehighlight zu schneidern, werde ich es dennoch auf dem Laufsteg tragen, als ob es mit Diamanten besetzt wäre und jeden blenden.
    Diese Kollektion ist zum Glück alles andere als hässlich. Mir persönlich gefällt das letzte Outfit am besten: eine erstaunlich schlichte Jeans mit einer raffinierten Schnürung am Oberschenkel, die ein wenig nackte Haut zeigt und ein weißes, sehr dünnes Hemd, welches fast offen getragen wird. Es wird mir hervorragend stehen.
    Dirks Laune hat sich gebessert und alle geben ihr Bestes. Ich mag Caleb. Der Mann ist gut, behält stets den Überblick. Ein Outfit nach dem anderen bekommt sein Foto. Die zwei, die Elisa eigentlich noch präsentieren sollte, hat Caleb auf Marguerita und Maria aufgeteilt. Sie sind längst fertig und schon beim abschminken.
    Nicht nur Caleb behält den Überblick, ich habe es ebenfalls mitbekommen. Eine interessante Chance. Ich wäre dumm, sie nicht zu ergreifen.
    Deshalb stehe ich ein wenig hinter Dirk, beobachte und nippe an einem Orangensaft. Olivier, der Kanadier, ist der Letzte. Zufrieden nickt Dirk ihm zu: „Ich habe es. Danke. Alles drin.“
    Noch nicht ganz. Ich lächle unbemerkt vor mich hin und warte, während Caleb und Dirk sich die Fotos anschauen und ihre Liste durchgehen.
    „Was ist mit dem dunkelroten Kleid von der Kleinen?“, frage ich.
    „Shit“, flucht Caleb. „Das müssen wir dann morgen machen. Die Mädchen sind schon los.

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