Bold, Emely
hatte seine Gefolgsleute ziehen lassen, mit der Bedingung, ihm auch weiterhin die Treue zu halten. Nur der kleine Kern, bestehend aus Cathal und Nathaira Stuart, sowie den drei McLean Brüdern, lebte noch immer hier.
Seans Blick folgte Blair, der gerade einige Männer begrüßte. Doch der, den er eigentlich suchte, war nirgends zu sehen. Was sollte er tun, wenn Payton gar nicht erst erschien? Zum Glück musste er sich darum keine Gedanken mehr machen, denn gerade eben trat Payton in die Halle. Er war sichtlich angespannt. Zielstrebig ging er auf den leeren Platz neben Sean zu und setzte sich ohne ein Wort der Begrüßung.
Noch ehe Sean einen Kommentar abgeben konnte, wurde es unruhig. Stühle wurden umher geschoben und jeder suchte sich einen Platz. Nathaira, in ein blutrotes Kleid gehüllt, betrat den Raum. Ihr kalter Blick brachte die Männer zum Schweigen. Hoch erhobenen Hauptes schritt sie in die Halle und setzte sich an den Kopf der langen Tafel. Der Stuhl neben ihrem war noch leer. Alle warteten schweigend, und als sich kurz darauf die Tür erneut öffnete, kam Cathal, im festlichen Staat des Clansoberhauptes, herein. Ohne Frage, Cathal war eine beindruckende Persönlichkeit. Der geborene Anführer. Stolz, kraftvoll und befehlsgewohnt nahm er hinter seinem Stuhl Aufstellung. Langsam ließ er seinen Blick über die Anwesenden gleiten und nickte manchem huldvoll zu. Als er alle betrachtet hatte, hob er sein volles Glas und rief:
„Freunde, Gefährten und Familie. Lange haben wir uns nicht gesehen und es tut gut, zu wissen, dass ihr noch immer meinem Ruf folgt. Und unser heutiges Zusammentreffen hat einen guten Grund. Meine Schwester fürchtet um unsere Sicherheit. Doch dazu kommen wir gleich. Lasst uns anstoßen. Auf unsere Gemeinschaft, unseren Clan und unsere Treue zueinander. Slàinte mhath!“
Die Gläser klirrten, und alle prosteten ihrem Anführer zu.
Als wieder Ruhe eingekehrt war, wurde Sean gebeten, von seinem Erlebnis zu berichten. Was die Männer hörten, schien ihnen nicht geheuer zu sein. Manche legten ihre Stirn in Falten, oder blickten fragend in die Runde. Keiner konnte sich einen Reim auf das Gehörte machen. Dann war Nathaira an der Reihe. Wie eine Magierin legte sie schweigend ein großes, ledergebundenes Buch vor sich auf den Tisch. Als sie mit leiser aber klarer Stimme zu lesen begann schien sie die Männer um sich herum überhaupt nicht wahrzunehmen:
„Die Kraft eines Fluches mag sich niemals wandeln, denn die Verfluchten sollen keine Möglichkeit haben, ihrem Schicksal zu entkommen. Doch sollte das Schicksal sich fügen und die Bestimmung erfüllt werden, können alle Kräfte der Natur sich vereinigen und die verfluchten Herzen endlich freigeben. Die Seelen der Verfluchten werden dann leicht und frei das alte Leben hinter sich lassen.“
Nun hob Nathaira ihren Blick und ließ ihn schweigend über die Männer wandern. Dann schlug sie das Buch zu und rief:
„Habt ihr das verstanden? Wisst ihr, was das für uns bedeutet? Wir alle werden sterben!“
Ein lautes Raunen ging durch den Raum und alle redeten wild durcheinander. Cathal hieb mit der Faust auf den Tisch und brüllte:
„Ruhe! Hört zu. Jeder wird die Möglichkeit bekommen etwas dazu zu sagen, aber erst später!“
Langsam verstummten die Fragen und ungeduldige, ängstliche Blicke waren auf die einzige Frau im Raum geheftet.
Nathaira holte tief Luft, ehe sie sprach.
„Wenn wir uns retten wollen, müssen wir herausfinden, was stark genug ist, den Fluch zu schwächen. Es kann kein Zufall sein. Seans Sturz hat uns gezeigt, dass wir nun wieder verwundbar sind. Wir müssen aufpassen und wachsam sein. Wir müssen verhindern, dass der Fluch gebrochen wird. Denn ich weiß nicht, wie ihr das seht, aber ich bin nicht scharf darauf, dass meine Seele ihr altes Leben hinter sich lässt. Ich will nicht sterben. Wer weiß was passiert? Wir könnten einfach nur beginnen zu altern oder aber direkt zu Asche zerfallen! Wir wissen es nicht! Doch ich werde versuchen es herauszufinden. Aber ihr …“, sie blickte eindringlich in die Runde, „…ihr müsst die Ursache finden und vernichten!“
Alle stimmten Nathaira lautstark zu. Wütende Gesichter blickten umher und nur Payton saß starr vor Angst am Tisch. Nicht die Angst um sich selbst, sondern die Angst um Sam lähmte ihn. Sean beobachtete seinen Nebenmann genau und wusste, was im Kopf seines Bruders vor sich ging. Dennoch hatte er auch den anderen gegenüber eine Verantwortung. Daher
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