Bold, Emely
bin, dass sie der Schlüssel zu dem Rätsel ist. Ich mag sie und sie scheint keine Ahnung zu haben, wer wir sind, darum geht meiner Meinung nach von ihr keine Gefahr aus. Aber, …“ und hier wurde seine Stimme deutlich fester, „… da ich gerade als ihr ein Eis gegessen habt, einige Versuche durchgeführt habe, bestehe ich darauf, dass du die Sache beendest.“
„Was?“, Payton schlug mit der Hand auf das Armaturenbrett und funkelte seinen Bruder wütend an.
„Was für Versuche? Ich kann das nicht beenden - ich wollte ja, aber es geht einfach nicht!“
Anstelle einer Antwort schob Sean den Ärmel seines Hemdes bis zum Ellenbogen zurück und entblößte einen Verband.
„Was soll das?“
„Wickel ihn ab.“
Sean streckte Payton den Arm entgegen, während er mit der anderen Hand das Lenkrad festhielt. Mit gerunzelter Stirn tat Payton wie geheißen und sog dann scharf die Luft ein.
„Was hast du getan?“, flüsterte er.
Sean zuckte mit den Schultern. Sein Unterarm war mit tiefen blutigen Schnittverletzungen übersät. Das Mull des Verbandstoffes klebte an den krustigen Stellen und frisches Blut sickerte noch immer aus der tiefsten Wunde.
„Mir ist schon neulich, bei dem Sturz aufgefallen, dass die Schrammen nicht so schnell wie üblich verheilt sind. Abgesehen von den Schmerzen, leidet also auch unsere Selbstheilung unter den veränderten Bedingungen.“
„Du hattest wieder Schmerzen?“
„Was denkst du, wieso ich so viele Schnitte gemacht habe? Du hast Recht, nach all der Zeit ohne jedes Gefühl, ist sogar der Schmerz berauschend.“
Payton verstand die Welt nicht mehr. Was war hier nur los?
„Du hast das Selbst gemacht? Obwohl es dir wehgetan hat? Und warum?“
„Ganz einfach, um zu sehen, ob Sam etwas damit zu tun hat, und davon bin ich nun überzeugt. Sie schwächt den Fluch! Durch sie werden wir menschlicher!“
Nach kurzem Zögern fügte er hinzu:
„Und verletzlicher! Darum musst du es beenden!“
„Warum? Willst du denn so weiter machen? Willst du denn bis in alle Ewigkeit so leben? Ohne Gefühl, ohne Liebe, ohne Leben?“
Verzweifelt schrie Payton seinen Bruder an. Wusste der eigentlich, was er von ihm verlangte? Payton selbst würde alles geben, um den Fluch zu brechen! Er würde sogar lieber sterben, als so weiter zu leben, besonders jetzt, wo ihm so klar gezeigt worden war, worauf er da verzichten sollte. Noch immer brannte seine Hand dort, wo er Sam berührt hatte. Er würde nie wieder in diese Dunkelheit zurück gehen können! In diese bloße Existenz, die kein Leben war!
„Du kannst diese Entscheidung aber nicht für die anderen treffen! Es ist auch ihr Leben!“
Sean bog in die Auffahrt zu ihrem Zuhause ein und rollte langsam den kiesbedeckten Weg entlang.
„Doch, das kann ich! Mich hat auch niemand gefragt, ob ich dieses Leben hier haben will!“
Damit riss Payton die Tür auf und sprang aus dem Wagen. Doch anstelle ins Haus zu gehen, stieg er direkt auf seine Ducati und preschte davon.
Sean blieb ratlos im Wagen sitzen. Ja, er konnte Payton verstehen, doch sein Eid band ihn an den Clan. Er würde dementsprechend handeln, wenn Payton nicht selbst Verantwortung zeigen würde. Trotzdem schob er seinen Hemdsärmel zurück und strich vorsichtig über die verkrusteten Schnitte. Eigentlich wollte er nur einen einzigen Schnitt machen, um seine Neugier zu stillen. Doch dann hatte die silberne Klinge ihre blutige Spur durch sein Fleisch gezogen und der glühende Schmerz hatte sein Gehirn überflutet. Ja, genau wie Payton war auch er ausgehungert gewesen. Darum hatte er nicht aufhören können. Darum hatte er ein ums andere Mal die Klinge in seinen Arm gedrückt und das Gefühl ausgekostet. Und wie bei seinem Sturz musste er auch diesmal feststellen, dass die Schnitte zwar immer noch viel schneller heilten als bei normalen Menschen, aber trotzdem viel langsamer als ihm lieb war.
Kapitel 14
Gespannt blickte Sean zur Tür. Er wartete auf Payton. Der Raum war inzwischen gut gefüllt und in wenigen Minuten würde Cathal den Clan begrüßen. Es waren alle da. Auch diejenigen von ihnen, die sich nach der langen Zeit eine neue Heimat gesucht hatten. Der Fluch hatte damals siebzehn Männer getroffen und alle waren nach diesen 270 Jahren noch genauso alt wie damals. Anfangs, als alle Menschen die ihnen wichtig waren alterten und schließlich starben, waren sie beisammengeblieben, um nicht allein zu sein. Doch mit der Zeit war ihre Gruppe immer kleiner geworden. Cathal
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