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Bombay Smiles

Bombay Smiles

Titel: Bombay Smiles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaume Sanllorente
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Eindrücke, mitunter grausame Empfindungen, die auszulöschen schwer sein dürfte. Wir fuhren durch Andheri und folgten der endlosen Autobahn mit all ihrem Staub und den Plastikzelten, in denen sich die Familien um diese Zeit reinigten.
    »Hier kann man Kinder mieten«, sagte Atul, als wir die Andheri-Kurla Road entlangfuhren.
    »Versteh’ ich nicht …«
    »Eltern oder Verwandte vermieten hier Kinder an Bettler. Wenn man zusammen mit einem Kind bettelt, verdient man mehr. Die Kinder stellen sich frühmorgens in einer Reihe auf und dann kann man sich eins aussuchen. Für 20 Rupien pro Tag.
Die Autofahrer, die im Stau stehen, geben Kindern mehr. Die Kinder kennen die Bettler nicht, an die sie vermietet werden und beginnen zu weinen, wenn sie ausgesucht werden. Aber das ist gut, denn je schneller ein Kind weint, desto mehr Mitleid erregt es und desto besser verdient der Bettler mit ihm. Wenn sie sehen, dass ihr Kind laut weint, verlangen die Eltern natürlich mehr Geld. Je kleiner das Kind, desto schneller weint es zumeist.«
    Ich versuchte, das Grauen, das mich durchfuhr, so gut wie möglich zu verbergen, blickte nach vorn und ließ das Gesagte an mir - so gut es eben ging - abprallen.
    Als wir im Norden der Stadt durch Bolivari und Malad fuhren, veränderte sich die Umgebung. Die grauen Betonbauten machten nun den Bergen Platz, die sich uns - obwohl Monate vor den Monsunregen, in der Trockenperiode - in verschiedenen Grünschattierungen präsentierten: grasgrün, flaschengrün, olivgrün … im Grün der Hoffnung.
    Die bergige Landschaft erinnerte mich an die Pyrenäen, an die schönen Berglandschaften Kataloniens, die ich von meiner Kindheit kannte. Von hier aus waren es noch ungefähr 40 Kilometer bis zu dem Dorf Vasai, das inmitten der Hügel lag und wo sich Kartika Home befand.
    Atul redete ununterbrochen. Er erzählte von Orten in den Bergen, von diesem und jenem.
    Plötzlich geschah etwas sehr Merkwürdiges.

    Ich konnte Atul nicht mehr hören. Ich sah nur noch die Bewegung seiner Lippen, hörte aber keinen Ton. Für einen Moment verschwamm alles, ich konnte nichts mehr sehen. Mein Kopf war leer, war weich wie Watte. Mir war, als wäre da ein helles Licht, das auf mich zukam, das vielleicht aus meinem Inneren nach außen drang. Es war, als hätte jemand diese Minuten mit der schönsten Musik unterlegt, die mir je zu Ohren gekommen war.
    »Hier haben wir das Kartika Home«, sagte Atul. Es waren die ersten Worte, die ich wieder hören konnte.
    Es kommt vor, dass man Erinnerungen mit der Zeit verzerrt. Meine Erinnerung an dieses besondere Gefühl, das mich auf der Fahrt erfasste und das manch einer als mystische Erfahrung bezeichnen, ein anderer als Halluzination deuten oder wieder ein anderer meiner Übermüdung zuschreiben mag, ist allerdings für mich nach wie vor sehr klar. Ich weiß ganz sicher, dass etwas Besonderes genau in dem Augenblick mit mir passierte, in dem wir in das Dorf hineinfuhren.
    Eine kleine Siedlung öffnete uns ihre Tore. Neben der wohl fünf Meter breiten Haupteinfahrt mit einem Pförtnerhäuschen begrüßte ein verrostetes Schild den Besucher: Rashmi Park Complex, Luxusbungalows.
    »Willkommen also in Kartika Home«, sagte Atul.
    »Das ist das Waisenhaus? Ist das nicht eine Siedlung?«

    »Die Kinder leben in einem kleinen Haus, das wir hier gemietet haben. Es ist eine ruhige Wohngegend.«
    Dieses Konzept gefiel mir sofort. Die Kinder waren nicht isoliert oder eingesperrt, wie ich es schon so oft auf Bildern von Waisenhäusern gesehen hatte. Sie lebten in einer Umgebung, die einem normalen Zuhause ähnlich war.
    Normalität , schrieb ich in mein Notizheft, weil ich das in meinem Artikel hervorheben wollte.
    Das Gebäude, in dem das Waisenhaus untergebracht war, befand sich in einem ziemlich schlechten Zustand. Das kleine Eingangsschild aus dünnem Sperrholz wellte sich und war mit Draht sowie einer ausgefransten Kordel am Haus angebracht - Kartika Home, Registered Organization.
    Als ich den kleinen Hof durchquert hatte und ins Haus trat, war es Liebe auf den ersten Blick.
    Die Kinder starrten mich sprachlos an. Sicher war mein Besuch angekündigt worden, und vielleicht hatten sie schon eine ganze Weile dort gestanden und auf die Eingangstür geblickt, um zu sehen, wer da wohl hereinkommen würde. Sicher hatten die meisten von ihnen in ihrem jungen Leben noch keinen Weißen gesehen, dachte ich. Atul bestätigte meinen Verdacht später.
    »Ihr müsst doch nicht stehen, setzt euch

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