Bombenbrut
grad du! Reiß dich zusammen, was ist mit deinem Fuck-Teleskop, warum wurde mein Matthias ermordet?«
»Ich habe die Lösung!«, platzt es aus Stengele voller Stolz heraus, »ich hab’s doch immer gewusst. Jetzt hab ich’s geschafft!«
»Dann guck mal, wo die Lösung liegt, dass dieser Fahrstuhl sich endlich wieder in Bewegung setzt«, fährt Schwanke ungeduldig dazwischen, »ich will in mein Büro, da können wir in Ruhe weiterreden. Verena, es tut mir leid, aber bitte beruhige dich erst einmal, Heinomol!«
Herbert Stengele nimmt die Gelegenheit wahr, um sich aus dem Fahrstuhl zu zwängen. Im Hinausgehen drückt er die Taste für das Chefzimmer im obersten Stockwerk und wendet sich zum Gehen, aber nicht ohne zuvor doch noch mutig Verenas Hand zu ergreifen und ihr fast schuldbewusst »Es tut mir leid!« zuzuflüstern.
Bevor sich die Aufzugtür schließen kann, antwortet sie unbeeindruckt: »Das werden wir ja noch sehen. Markus wird den Verkauf für Matthias übernehmen.«
Bevor Stengele antworten kann oder er die Antwort von Schwanke hört, schließt die gläserne Tür. Er sieht nur noch, wie Gunther bei Verenas Erwähnung von Markus seine Augen entsetzt aufreißt.
Markus ist der Sohn von Verena und Matthias. Er ist noch keine 30 Jahre alt, war jedoch des Öfteren mit seinem Vater auf Verkaufstour im Nahen Osten und Asien. Der Kerl hat Verkaufstalent und scheint skrupelloser zu sein als sein Vater, das hat er bereits häufig bewiesen.
Doch wie ein Mantra schwirrt es seit dem Tod Matthias’ durch Herberts Kopf: »Ich verkaufe meine Erfindung selbst, Punkt!«
6
Von wegen romantische Luftfahrt, denkt Leon. Der Zeppelin NT schnurrt friedlich, von Friedrichshafen kommend, über seinen Kopf hinweg, Richtung Überlinger See. Doch Leon hat für seine Dokumentation recherchiert und er weiß: Dafür wurde die heute von den Seeanwohnern verehrte silberne Zigarre ursprünglich nicht gebaut.
Er steht an Bord des Katamarans ›Fridolin‹ und lässt sich auf dem schnellsten Weg von Konstanz nach Friedrichshafen schippern. Mit zweimal 800 PS will das Schnellschiff die beiden Seemetropolen miteinander verbinden. Nur die Badener in der historischen Kulturstadt Konstanz, am südlichen Teil des Sees, und die Württemberger, in der neureichen Industriestadt Friedrichshafen am nördlichen Ufer, lassen sich nicht so leicht füreinander begeistern, obwohl der alte Graf Zeppelin am Glanz seiner Luftfahrtgeschichte beide Städte teilhaben lässt. Denn der legendäre Graf ist in Konstanz geboren und hat in Friedrichshafen den Grundstein für den heutigen wirtschaftlichen Erfolg der Seeanwohner gelegt. Ihm ist es zu verdanken, dass die Region um die schwäbische Seestadt Friedrichshafen geprägt ist von den größten Rüstungsbetrieben des Musterländles.
Es war im Jahr 1863, als sich Ferdinand Graf von Zeppelin zum ersten Mal den Kampf großer Kriegsschiffe in der Luft vorgestellt hatte. Er war in den Vereinigten Staaten von Amerika, um dort als Beobachter auf der Seite der Nordstaaten am Sezessionskrieg teilzunehmen. Am 19. August 1863 unternahm er in St. Paul, nahe der Grenze zu Kanada, seinen ersten Flug beziehungsweise die erste Fahrt, in einem Aufklärungsballon der Armee der Nordstaaten. Von diesem Tag an war ihm klar, die Kriege der Zukunft werden aus der Luft entschieden.
Seinen nächsten Krieg erlebte der Graf 1870 in Frankreich. In Paris sah er erneut diese riesigen Ballons in den Himmel steigen. Die Soldaten in den verdammten Ballonkörben waren seinem Heer überlegen. Er saß, als deutscher Offizier, auf seinem Pferd. Die französischen Aufklärer erspähten ihn und sein Regiment aus sicherer Entfernung unausweichlich aus der Luft. Seine fixe Idee: Mit diesen verfluchten Ballons über Paris zu fahren, um aus heiterem Himmel die Stadt in Schutt und Asche zu legen. ›So kann man in Zukunft jeden Krieg gewinnen‹, propagierte er seit diesem Erlebnis.
Leons Auftrag ist zwar, ein Filmporträt über den Flugzeugpionier Claude Dornier zu produzieren. Doch Dornier zu würdigen, ohne diesen verklärten Seeheiligen Zeppelin zu erwähnen, geht gar nicht. Der verrückte Graf hatte den jungen Ingenieur Dornier einst mit seinen Flausen der Luftschifffahrt an den Bodensee gelockt. Deshalb war Leon in Konstanz, um im heutigen ›Inselhotel‹, der Geburtsstätte dieses besessenen Grafen, zu drehen.
Heute ist in der gräflichen Geburtsstube eine fürstliche Bar einer renommierten Hotelkette untergebracht. Geschäftsmänner aus
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