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Bombenbrut

Bombenbrut

Titel: Bombenbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Schütz
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aller Welt stoßen am Tresen der erlauchten Herberge des ›Inselhotels‹ auf Vertragsabschlüsse an, die es vielleicht ohne den alten Grafen gar nie – zumindest am idyllischen Bodensee – gäbe.
    In einer Stunde hat Leon einen Termin bei Gunther Schwanke. Der Mann ist gebürtiger Häfler und Zeit seines Lebens ein begeisterter Zeppelinjünger und Flugingenieur. Vor allem aber, hatte Leon recherchiert, arbeitete er als einer der letzten lebenden Zeitzeugen noch eng mit Claude Dornier selbst zusammen. Deshalb will er ihn interviewen.
    Leon ist mit seinen Dreharbeiten schwer in Verzug geraten. Dieser Tote, vergangene Woche am Seemooser-Horn, hat den gesamten Produktionsplan auf den Kopf gestellt. Nachdem er die Polizei alarmiert hatte, war der Tag für ihn gelaufen. Dreimal musste er immer wieder seine gleiche Version, wie er den Toten gefunden hatte, erzählen. Zu allem Überfluss arbeitete sein alter Bekannter, Hauptkommissar Horst Sibold, in der schnell einberufenen Sonderkommission.
    Der Mann hatte seine Glupschaugen schon verdreht, bevor er ihn wahrgenommen hatte. »Nicht auch noch der«, hatte Sibold laut und für alle vernehmlich gestöhnt und das erste Protokoll mit Leon einem jungen Kollegen überlassen. Nahezu unbeteiligt war der Kommissar danebengesessen, während er erzählen musste, wie er die Leiche unter der Slipanlage hervorgezogen und sie auf den Rücken gedreht hatte.
    Der sonst eher gemütliche Kommissar sprang bei diesem Teil der Schilderung von seinem Stuhl auf und schrie Leon an: »Goats no? – Das glaub ich nicht, das darf doch gar nicht wahr sein, Mann, Herr Dold! So blöd sind Sie doch nicht?«
    Er hatte nüchtern geantwortet: »Sorry, aber ich finde nicht jeden Tag einen Toten, da fehlt mir einfach die Routine.«
    Fassungslos stand der Kommissar vor ihm, schlug sich mit beiden Handflächen ins Gesicht, fuhr mit der einen Hand hoch über seine Glatze und durch seinen abstehenden Haarkranz, mit der anderen Hand knetete er seine dicke Knollennase nach allen Regeln der Kunst. Leon fürchtete, er reiße sie sich aus, bis er endlich seine Arme wieder sinken ließ, nach Luft rang und erbost aus dem Raum stampfte.
    »Ich hoffe, ich werde Sie, bis der Fall abgeschlossen ist, nicht mehr sehen müssen«, hatte er ihm erbost zugezischt und danach die Tür hinter sich zugeschlagen.
    Leon erinnert sich an die Erlebnisse mit dem Kommissar. Er hatte ihn in Singen kennengelernt, als er zur deutsch-schweizerischen Grenze recherchiert hatte. Der Fall damals ging für ihn und den Kommissar aus wie das Hornberger Schießen; am Ende hatte der Polizist keinen Täter und er keine Story, doch Leon war dem Irrtum aufgesessen, sie hätten gemeinsam eine neue Freundschaft gefunden. Aber er musste erkennen, dass dem wohl nicht so war. Der Kommissar jedenfalls schien über das Wiedersehen wenig erfreut gewesen zu sein.
    Leon geht in Friedrichshafen direkt vom Fährbahnhof, am Zeppelin-Museum der ehemaligen königlich-schwäbischen Eisenbahn vorbei, ins Parkhaus. Dort hatte er am Mittag seinen alten Porsche abgestellt. Viel Platz bietet der sportliche Zweisitzer im Cockpit bekanntlich nicht. Zudem hatte er, bevor er in Überlingen wegfuhr, die Karre noch mit sperrigen Gartenabfällen füllen müssen. Seine über 90-jährige Vermieterin, Helma, hatte am Morgen auf seinen versprochenen Gartenarbeiten bestanden. Haselnusssträucher und Efeu waren in den Gartenweg hineingewachsen. Äste hatten sich auch schon vor ihren Briefkasten geschoben.
    »Wie sieht das denn aus?«, hatte sie schon vor Wochen moniert, und Leon hatte sie immer nur vertröstet. Doch heute Morgen war Schluss. Die resolute Villenbesitzerin baute sich vor ihrem Mieter auf, als er gerade eine Runde joggen gehen wollte, und stellte ihm ein Ultimatum. »Leon, jetzt reicht’s!«, warnte sie, »du schneidest jetzt die Äste oder ich rufe einen Gärtner und schlage dir die Rechnung auf deine Miete auf.«
    Leon grinste. Er liebte diese alte Frau, besonders wenn sie so resolut ihren Willen durchsetzte. Sie hatten einen klaren Deal vereinbart. Er wohnte zu einem fairen Preis in ihrer Einliegerwohnung, dafür musste er den Garten pflegen. Schnell allerdings hatte sich das Missverständnis zwischen den beiden offenbart: Gartenpflege bedeutet für Helma etwas anderes als für Leon.
    Gerade heute Morgen machte sie ihm wieder einmal unmissverständlich klar, wie der Garten um ihre Villa, nach ihrem Geschmack, auszusehen habe. Er habe dafür zu sorgen, dass weder Gras

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