Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bombenstimmung: Tannenbergs sechster Fall

Bombenstimmung: Tannenbergs sechster Fall

Titel: Bombenstimmung: Tannenbergs sechster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
Vom Netzwerk:
bedeckt und exakt geometrisch angeordnet.
    Zuerst entzündete der Rechtsmediziner die Teelichter, dann schenkte er den Wein in die Gläser, nahm eins davon in die Hand und wartete, bis Tannenberg das andere ebenfalls erhoben hatte.
    Dann ließ er den Lieblings-Trinkspruch der alten Freunde verlauten: »Auf uns beide!« Die Gläser trafen kurz aufeinander und erzeugten dabei ein hochtöniges Klirren. Dr. Schönthaler lauschte einen Augenblick dem Nachhall des schnell abschwellenden Geräuschs, dann lupfte er alle Deckel. »Voilà: original japanische Sushiplatten«, verkündete er strahlend und ergänzte: »Die Inschrift in den Porzellantellern lautet übersetzt: ›Behaglich und mit ruhigem Gewissen das Leben genießen‹.«
    Im Gegensatz zu Wolfram Tannenberg, dem dieser Anblick augenscheinlich die Sprache verschlagen hatte, plapperte Dr. Schönthaler munter weiter. Er nahm zwei Essstäbchen auf und erläuterte die Fischdelikatessen, indem er mit den Stäbchenspitzen nacheinander auf die einzelnen Köstlichkeiten zeigte: »Das, was ich hier vor deinen staunenden Äuglein aufgebahrt habe, sind Heilbutt, Lachs, Flusskrebs und Seeigel. Und die Röllchen auf der anderen Platte bestehen aus Thunfisch, süßen Shrimps und Weißfisch. Bon Appetit!«
    Während Tannenberg zögerte, schnappte sich sein Freund das erste Häppchen, dippte es in die Sesamsauce und schob es in den Mund.
    »Hmh, köstlich«, brummte er genießerisch. »Wolf, was meinst du wohl, wie die beiden Japaner von diesem Cateringservice vorhin geguckt haben, als ich sie fragte, ob sie mir nicht noch einen delikat zubereiteten Koi besorgen könnten. Ich hätte da nämlich einen sehr guten alten Freund, der würde gerne mal einen probieren. Ach Gott, haben die mir giftige Blicke zugeworfen.«
    Dr. Schönthaler lachte auf.
    »Bei ihren Kois verstehen diese Japaner anscheinend überhaupt keinen Spaß«, fuhr der Gerichtsmediziner schmunzelnd fort. »Der eine war besonders empört und hat mir sogar einen kleinen Vortrag gehalten: Für die Japaner sei ein Koi nicht einfach nur ein Fisch, sondern das traditionelle Symbol für Glück, Tapferkeit, Erfolg und langes Leben. Also quasi ein Nationalheiligtum. – Der arme Mann hatte wirklich Tränen in den Augen, als er mir das erzählte.«
    Tannenberg kommentierte diese Bemerkungen nicht, dafür war er gedanklich zu sehr mit dem beschäftigt, was da vor ihm stand. »Du, Rainer, ich weiß nicht, aber dieses Japanerfutter haut mich wirklich nicht vom Hocker. Sei mir nicht böse, aber ehrlich gesagt hab ich eigentlich überhaupt keine Lust auf Fisch.«
    Dr. Schönthaler rückte seine Brille zurecht und warf dem Kriminalbeamten einen mitleidigen Blick zu. »Ach, Gott, du bist aber auch ein komischer Kerl«, sagte er mit gespielter Empörung. »Ich zaubere dir Delikatessen auf den Tisch, nach denen sich meine Kollegen die Finger lecken würden. Und wie reagierst du darauf?«
    Er stockte, ließ eine Weile verstreichen. Da sein Gegenüber jedoch nicht auf diese Frage reagierte, fuhr er fort: »Mit Abscheu! Du müsstest dich jetzt mal im Spiegel sehen. Du siehst schon wieder aus, als ob du dringend einen Schnaps bräuchtest.«
    Mit einem schnellen Griff zauberte er aus einem weiteren Kühlfach eine durchsichtige Flasche mit selbst gebranntem Mirabellengeist. »Ich hab doch wirklich an alles gedacht, nicht wahr?«, lobte er sich selbst, während er die glasklare Flüssigkeit in zwei eiskalte Schnapsgläser füllte.
    Dr. Schönthaler stöhnte gequält. »Schade, aber du bist und bleibst eben ein Barbar. Auf was hättest du denn jetzt Lust?« Er stieß geräuschvoll einen Schwall Luft durch die Nase und lachte anschließend auf. »Ich weiß schon: Da wir heute Mittag bereits den italienischen Teil deiner immer gleichen Lieblingsspeisekarte abgearbeitet haben, bleibt wohl nur noch der Bereich Rustikalkost übrig, oder lieg ich da etwa falsch?«
    Tannenberg zuckte scheinbar teilnahmslos mit den Achseln.
    Derweil wechselte sein Gegenüber in eine höhere Tonlage: »Na, wie wär’s denn jetzt mit zwei Scheiben frischem Roggenbrot? Die eine je zur Hälfte mit Schwartenmagen und Bratwurst belegt, die andere mit Blut- und Leberwurst? Beide Brote natürlich mit vielen Gurken garniert. Dazu reichlich Senf und ein schönes Hefeweizen.«
    Dem Leiter des K 1 lief das Wasser im Munde zusammen. Er rollte die Augen, stöhnte auf. »Genau das wär jetzt das Richtige.«
    Es bedurfte keiner langwierigen Überzeugungsarbeit, um den

Weitere Kostenlose Bücher