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Bombenstimmung: Tannenbergs sechster Fall

Bombenstimmung: Tannenbergs sechster Fall

Titel: Bombenstimmung: Tannenbergs sechster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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bedeutungsvoller Tag ist?«
    »Nee, weiß ich nicht.«
    »Exakt heute vor zwanzig Jahren habe ich hier unten im Keller des Kaiserslauterer Krankenhauses meinen Dienst als Pathologe und Rechtsmediziner angetreten. Seit genau zwei Jahrzehnten verbringe ich einen guten Teil meiner kostbaren Lebenszeit in diesem aus Edelstahl und weißen Kacheln bestehenden ungastlichen Sarg. Ist das etwa kein Anlass, den man gebührend feiern sollte?«
    »Doch, doch, das ist durchaus ein triftiger Grund«, stimmte Tannenberg zu. Mit einem kräftigen Händedruck beglückwünschte er seinen alten Zechkumpan. »Hättest du mir das denn nicht früher sagen können? Dann hätte ich dir doch selbstredend ein paar Blümchen mitgebracht.«
    »Das wäre tatsächlich zu aufmerksam von dir gewesen«, meinte der groß gewachsene Rechtsmediziner mit schalkhafter Miene. »Aber du hast mich ja heute schon mit der Einladung zum Mittagessen reichlich beschenkt …«
    »Das du mir ja zum Dank gründlich verdorben hast.«
    »Ach, was, sei mal nicht so empfindlich. Außerdem werde ich mich nun bei dir für diese Nettigkeit revanchieren. Ich habe nämlich ein Festtagsmahl für uns beide anrichten lassen.«
    Da Tannenberg inzwischen ziemlich hungrig war, leuchtete sein Gesicht bei diesen Worten erwartungsvoll auf. »Super Idee! Und wo gehen wir hin?« Unvermittelt warf er die Stirn in Falten. »Wo willst du denn in diesen Klamotten essen gehen? Piekfein, oder wie?« Mit ausgesprochen gequälter Mimik schob er nach. »Muss ich mich da etwa auch noch in Schale werfen? Ich hab doch so was Feines überhaupt nicht.«
    »Das ist mir durchaus bekannt, du alter Stoffel.« Dr. Schönthaler machte eine wegwerfende Handbewegung. »Aber mach dir mal keine Gedanken. Wir gehen nirgendwo hin. Wir bleiben hier unten«, versuchte er die Ängste seines Freundes zu beschwichtigen.
    Verblüfft blickte sich Tannenberg um. »Und wo hast du dieses angebliche Festmahl versteckt? In deinem Büro?«
    »Nein, hier in dieser heiligen Halle.«
    Angewidert rümpfte Tannenberg die Nase. »Hier im Sektionsraum?« Er musste husten und verschluckte sich fast dabei.
    »Ja, komm, ich zeig’s dir.« Der Rechtsmediziner schlenderte zu der Seite des Raums, an dem die Kühlfächer in eine Zwischenwand eingebaut waren.
    Erst jetzt fiel Tannenberg auf, dass vor dem linken unteren Schubfach sich zwei Bürostühle im Abstand von etwa einem Meter direkt gegenüberstanden.
    »Bitte, lieber Wolf, nimm Platz«, sagte Dr. Schönthaler und wies mit seinem ausgestreckten Arm auf die Sitzgelegenheiten hin.
    Tannenbergs Gesichtszüge erstarrten. Er schluckte hart, so als steckte ihm etwas Sperriges in der Kehle. »Hier?«, fragte er mit belegter Stimme. »Das wird ja immer doller! Du hast doch nicht etwa da drin, wo sonst die Leichname liegen, ein kaltes Büfett …« Er schluckte erneut, räusperte sich.
    »Doch. Es gibt schließlich kaum eine bessere Kühlmöglichkeit für diese leicht verderblichen, köstlichen Leckereien, die ich für unser gemeinsames Abendmahl ausgesucht habe.«
    Dr. Schönthaler begab sich zu seinem alten Freund, nahm ihn am Arm und zog ihn zu dem linken Stuhl. Dort stellte er ihn wie einen Schirmständer ab, schob ihm von hinten den Stuhl in die Kniekehlen und drückte ihn nach unten.
    Nachdem der Leiter des K 1 mehr oder weniger unfreiwillig Platz genommen hatte, setzte sich der Rechtsmediziner ihm direkt gegenüber. »Du wirst jetzt gleich Bauklötze staunen. Bist du bereit?«
    Tannenberg war innerlich hin- und hergerissen. Zwei Zentralinstanzen seines Körpers kämpften verbissen gegeneinander an. Während sein Kopf dieses skurrile Ambiente als nicht gerade appetitanregend deklarierte, bestand sein Magen auf umgehender Nahrungszufuhr.
    »Na, was ist?«, drängte der Pathologe. »Natürlich wartet auch dein geliebter Chardonnay da drinnen auf dich – selbstverständlich wohltemperiert.«
    Der verführerische Weinname löste den entscheidenden Impuls aus. Tannenberg nickte.
    »Na, endlich!«, stöhnte Dr. Schönthaler auf.
    Er legte den Metallhebel an dem silberfarbenen Kühlfach um, klappte das Türchen zur Seite und zog vorsichtig die zum Büffet umfunktionierte Leichenbahre heraus. Er hatte sich wirklich große Mühe gegeben: Die Bahre war vollständig mit einer Leinentischdecke belegt. Außer einer geöffneten Weinflasche, zwei Gläsern und einer Handvoll Teelichtern befanden sich auf dem blütenweißen Tischtuch noch vier Tabletts. Sie waren allesamt mit Edelstahlhauben

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