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Bombenstimmung: Tannenbergs sechster Fall

Bombenstimmung: Tannenbergs sechster Fall

Titel: Bombenstimmung: Tannenbergs sechster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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abgesucht und in einem Graben hinter einem Langholzstapel gerade zwei goldene Metallkoffer entdeckt. Einen der beiden trug er wie ein Serviertablett vor sich her, den anderen hielt er in der Hand. Er legte beide neben dem Taxi ab. Offensichtlich waren sie mit roher Gewalt aufgebrochen worden.
    Dann betrachtete er sich ebenfalls dieses, selbst für einen hartgesottenen Polizeibeamten wie ihn erschütternde Bild. »Alles nur wegen diesem verfluchten Geld!«, zischte er und trat eine kleine Beule in den Metallkoffer. »Manchmal hasse ich meinen Beruf.«
    »Ich auch«, brummelte Tannenberg.
     
    Mertel und der Rechtsmediziner blieben noch im Wald und wandten sich wieder ihrer Ermittlungsarbeit zu, für die sie zwar von höchster Stelle nicht offiziell autorisiert waren, die ihnen allerdings auch nicht ausdrücklich untersagt wurde. Nachdem Tannenberg als späteren Treffpunkt Sabrinas Elternhaus festgelegt hatte, ließ er sich von seiner jungen Kollegin zurück in die Stadt chauffieren.
    Da der Leiter des K 1 das östliche Stadtgebiet als Zielort auserkoren hatte, schlug Sabrina einen anderen Weg ein als bei der Hinfahrt: Vor der ehemaligen Eissporthalle verließ sie die Entersweilerstraße, passierte die 23er-Kaserne und schwenkte am Daennerplatz in die Mannheimer Straße ein. Das silberne Zivilfahrzeug folgte der schier endlosen Bruchsteinmauer des Hauptfriedhofs bis zu ihrem westlichen Ende. Dort bog Sabrina Schauß in nördlicher Richtung ab.
    Nun schlüpfte Tannenberg in die Rolle eines menschlichen Navigationssystems. Er kannte diese Gegend aus unbeschwerten Kindertagen wie seine Westentasche. Oft hatte er gemeinsam mit seinem Bruder die Großeltern besucht, die im so genannten Grübentälchen ein Siedlungshäuschen besaßen. Ein befreundeter Klassenkamerad hatte damals in der Gut-Heim-Straße Nr. 119 gewohnt. Deshalb wusste er noch ziemlich genau, wo sich das gesuchte Einfamilienhaus des Taxifahrers befinden musste.
    Er traf mit seiner Vermutung voll ins Schwarze. Die erste Hausnummer, die Tannenberg entdeckte, nachdem seine Kollegin die Kahlenbergstraße verlassen hatte, war die 140. Also waren sie genau richtig.
    »138, 136, 134, 132«, zählte er ab. »Das hier muss es sein.«
    Sabrina hatte bereits das Tempo auf Schrittgeschwindigkeit reduziert und brachte nun ihr Fahrzeug gänzlich zum Stillstand. Beide Kriminalbeamten blickten hinüber zu dem auf der anderen Straßenseite gelegenen kleinen Anwesen.
    Fast die gesamte Straßenfront des Grundstücks war mit einem schwarz gestrichenen Lattenzaun versehen, der auf einer etwa einen halben Meter hohen Betonmauer thronte. Nur der aus einem schwarzen, schmiedeeisernen Doppeltor und einem gleichartigen Türchen bestehende Eingangsbereich ermöglichte einen Blick auf das unscheinbare Häuschen. Ansonsten bot eine hohe, akkurat gestutzte Ligusterhecke nahezu perfekten Sichtschutz.
    Tannenberg erinnerte sich noch sehr gut daran, dass die Siedlungshäuschen im Grübentälchen vor vierzig Jahren äußerlich alle ziemlich ähnlich aussahen. Zudem hatte vor jedem der in der Vorkriegszeit erbauten, schnörkellosen Gebäude ein großer Kirschbaum gestanden. Dies hatte das schmucke Einheitsbild der Siedlung noch stärker betont. Im Frühjahr war die Kirschblüte im Grübentälchen stets eine regelrechte Attraktion gewesen, die jedes Jahr eine Vielzahl von Besuchern aus nah und fern angelockt hatte.
    Aber im Laufe der Zeit fiel ein prächtiger Baum nach dem anderen der Motorsäge zum Opfer und die ursprünglich schlichten und baugleichen Häuser erfuhren gravierende äußerliche Veränderungen: Dachgeschosse wurden ausgebaut und mit Gauben versehen. Diverse Anbaumaßnahmen erweiterten die beengten Wohnverhältnisse und verliehen dem jeweiligen Haus eine eigene architektonische Note.
    Dieses kleine Häuschen jedoch, auf dem gerade Tannenbergs Blick für ein paar Sekunden ruhte, sah fast noch genau so aus, wie er die Einheitsbauten aus seiner Kindheit in Erinnerung hatte. Bis auf die moderne, von wulstigen Querstreben dominierte Aluminiumtür, die ausgesprochen deplaziert wirkte.
    Die Mitarbeiter des K 1 suchten nach einer Klingel. Auf der Innenseite des Betonpfostens stießen sie auf ein Namensschildchen mit der Aufschrift ›Familie Klöckner‹. Direkt daneben traten zwei Drähte aus einer Vertiefung heraus. Sabrina schob das quietschende Gartentürchen nach innen. Ihr Kollege folgte ihr. Nach ein paar Metern über feuchte, glitschige Waschbetonplatten hinweg erreichten sie

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