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Bombenstimmung: Tannenbergs sechster Fall

Bombenstimmung: Tannenbergs sechster Fall

Titel: Bombenstimmung: Tannenbergs sechster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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Atem. Denn die Fotos zeigten nicht nur den ermordeten Taxifahrer, sondern unzweifelhaft auch dessen Sohn – den im Kofferraum des Taxis entdeckten Toten. Er nahm eines der gerahmten Fotos, zeigte es verdeckt Sabrina. Sie riss entsetzt die Augen auf, schüttelte unmerklich den Kopf. Sie hatte also verstanden, worauf er sie hatte hinweisen wollen.
    Auf seiner inneren Leinwand tauchte plötzlich das großformatige Gruppenfoto der Tannenberg-Familie auf, das bei seinen Eltern über dem Küchentisch hing. Der Gedanke daran, dass derselbe Schwerstkriminelle, der gestern Abend seine Familie mit dem Tode bedroht hatte, der armen alten Frau Mann und Sohn geraubt hatte, machte ihn fast wahnsinnig. Er verspürte plötzlich ein derart extremes Hassgefühl auf diesen barbarischen Menschen, wie er es in seinem gesamten bisherigen Berufsleben noch nie einem Mörder gegenüber empfunden hatte.
    Er benötigte mehr als nur einen Augenblick, bis er sich wieder einigermaßen unter Kontrolle hatte. Er schnäuzte sich die Nase und tupfte sich die Tränen der Wut aus den Augenwinkeln.
    »Ist das Ihr Sohn?«, fragte er, ohne seinen mitleidigen Blick von einem Kommunionbild zu entfernen. Es zeigte einen strahlenden Jungen mit einer großen weißen Kerze in der Hand.
    Die alte Frau hob den Kopf, ihr Gesicht leuchtete kurz auf. »Ja, das ist Jens, unser Sohn.«
    Tannenbergs schniefte, putzte sich abermals die Nase.
    Sabrina registrierte seine neuerliche Beklemmung. Deshalb ergriff sie nun die Initiative.
    »Wann haben Sie Ihren Mann denn zum letzten Mal gesehen?«, fragte sie behutsam.
    »Gestern Abend.«
    »Um wieviel Uhr war das?«
    »Kurz vor halb zehn.«
    »Wissen Sie das genau?«
    »Ja, ziemlich. Wir haben Fernseh geguckt. Es war gerade so spannend. Weil die Familie Tannenberg aus unserer Stadt ihre letzte Chance hatte.« Ein bitteres Lächeln huschte ihr übers Gesicht. »Besser gesagt: Ich hab geguckt. Walter ist nervös im Haus rumgelaufen. Immer auf und ab. Bis das Telefon geklingelt hat.« Sie stockte. Ihr Kinn zitterte, Tränen schossen ihr in die Augen.
    Sabrina reichte ihr ein Tempo-Taschentuch. Sie nahm es, tupfte sich die Nässe aus den Augenwinkeln. »Er hat mir zum Abschied sogar einen Kuss gegeben.« Wieder kämpfte sie machtlos gegen ihre Tränen an. »Dann hat er unsere Couchdecken zusammengelegt, seine Tasche geschnappt und ist weg.«
    »Was hat er denn mit den Decken und seiner Tasche gewollt?«, hakte Tannenberg nach. Als die alte Dame nicht sofort antwortete, formulierte er eine weitere Frage: »Wo ist ihr Mann denn gestern Abend hingefahren?«
    »Nach Spanien.«
    »Nach Spanien?«, fragten beide Ermittler wie aus einem Munde.
    »Ja. Und dafür hat er seine Reisetasche und die Decken gebraucht. Damit er nicht kalt hat, wenn er irgendwo auf einem Rastplatz ein bisschen schlafen muss.«
    »Verstehe«, nickte Tannenberg. »Aber wieso Spanien?«
    »Weil man ihn für eine Fahrt nach Barcelona engagiert hat.« Als Gerda Klöckner die verständnislosen Mienen sah, erklärte sie: »Solche Fernfahrten kommen schon manchmal vor. Obwohl eine nach Spanien sehr selten ist.«
    »Wer hat ihn denn engagiert?«
    »Das weiß ich nicht. Walter hat mir nur gesagt, dass er für einen Mann ganz viel Gepäck so schnell wie möglich nach Barcelona bringen soll.« Sie brach ab, schien nachzudenken. »Ja, genau: Eine dringende Lieferung. Ein Termingeschäft. Er hat Walter dafür sehr viel Geld geboten.«
    »Wie viel?«
    »5 000 Euro.«
    »So viel Geld für eine Taxifahrt?«, platzte es aus Tannenberg heraus. Er wunderte sich natürlich sehr über die allzu offensichtliche Naivität der älteren Frau, zog es allerdings vor, sie nicht darauf anzusprechen.
    »Warum? Für den Mann war es eben ganz wichtig«, versetzte sie mit protestierendem Unterton. »Warum sollen wir denn nicht auch einmal Glück haben? Wir können das Geld doch sehr gut gebrauchen.«
    »Wofür?«, fragte Sabrina, ohne über die Belanglosigkeit dieser Frage zuvor nachgedacht zu haben.
    Abermals veränderte sich die Mimik der betagten Frau. Ein seltsamer Glanz zeigte sich in ihren wässrigen Augen. »Damit können wir uns nämlich unseren Lebenstraum erfüllen und uns ein kleines Haus an der Costa Brava kaufen. Das reicht genau für die letzte Ansparrate. Damit haben wir das Geld zusammen. Walter will ein paar Tage in Spanien bleiben und sich schon mal umschauen.«
    Jetzt weiß ich auch endlich, warum der Taxifahrer diesen komischen Job überhaupt angenommen hat, dachte der

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