Bonbontag
Kopf.
»Kein Versteck, von dem er gesprochen hätte ... oder Freunde.«
Ari schüttelte weiter den Kopf, aber plötzlich hielt er inne. Der Wald. Der Kopf, der über den Rand des Planschbeckens ragte. Das war ein Junge gewesen. Das hätte ... Plötzlich war er sich sicher. Der Junge im Planschbecken war Tomi gewesen.
»Ich glaube, ich weiß es doch ... Das heißt, ein Gedanke ist mir gekommen.«
»Ja?«
»Er könnte im Planschbecken-Wald sein.«
»Wie bitte?«
Ari erzählte, dass er den Jungen in dem Planschbecken bei der Grünanlage gesehen hatte. Fünf Minuten von hier. Er beschrieb den Weg.
»Das werden wir schon finden.«
Wieder ein Klingelton. Er kam aus Paulas Handtasche, klang aber anders. Katri schien zu zögern, öffnete dann die Tasche und nahm ein Handy heraus, an dem ein zierlicher, sternförmiger Schmuck hing. Es war nicht das Handy, das Ari in der Hand gehabt hatte.
Katri schaute aufs Display.
»Dr K«, las sie, blickte auf Petri und dann auf Ari.
Sie zögerte kurz, bevor sie sich meldete.
»Hallo ...«
Ari hörte Geschrei, die Stimme eines Kindes. Schimpfwörter.
»Du scheißblöde Kuh ... ich fackel dich ab!«
»Tomi?«, versuchte es Katri.
Im selben Moment wurde die Verbindung unterbrochen.
»War das ...?«, fragte Ari.
»Ja«, antwortete Katri.
»Nämlich?«, fragte Petri.
»Der Junge. Tomi.«
»Ziemlich schlecht drauf, was?«
Katri nickte, dann sah sie Ari aufmunternd an.
»Würden Sie uns die Stelle zeigen ... sicherheitshalber?«
Es wurde eine kalte Nacht, würde Ari in seinem Roman schreiben.
16
Einen kleinen Moment lang hatte sich Erkki über Paulas Kommen gefreut. Es war ein zweiter Mensch im Raum. Plötzlich hatte er das Gefühl, viel zu sagen zu haben.
Den kleinen Moment lang war es gewesen wie in der Nacht zuvor. Seltsam. Angenehm.
Sie hatten sich an den Küchentisch gesetzt. Paula hatte sich umgesehen. Hatte Erkkis Küche betrachtet, die vermutlich vor zwanzig oder dreißig Jahren schon so ausgesehen hatte. Wenig Geschirr, als einziges Haushaltsgerät eine kleine Kaffeemaschine aus einem anderen Jahrzehnt. Die Knäckebrotpackung für den nächsten Morgen bereitgestellt.
Erkki verspürte das Bedürfnis, etwas zu erklären, sich zu entschuldigen, aber Paula bedeutete ihm, zu schweigen.
»Das ist ... Lass mich einfach nur gucken.«
»Ich habe ... so gut wie nichts angeschafft ...«
»Erkki, psst. Lass mich einfach ... einen Moment.«
Erkki betrachtete Paula, deren Blick durch den kleinen Raum schweifte, in dem es nicht viel zu sehen gab.
»Erkki from another planet«, sagte sie schließlich.
»Wie bitte?«
»Erkki aus dem Weltall ... Du scheinst von einem anderen Planeten zu kommen.«
Erkki hörte etwas Fremdes in Paulas Stimme. Wärme?
»Erkkis Küche«, sagte Paula, und wieder absolvierte ihr Blick eine komplette Runde. »Ich mag deine Küche.«
»Ach so ... na ... danke.«
»Sie passt zu dir.«
»Aha ...«
»Oder müsste man sagen, du passt zu deiner Küche?«
»Wie auch immer.«
Paula lachte. Erkki war verwirrt.
»Hab ich was Lustiges gesagt?«
»Immer wenn du den Mund aufmachst, sagst du was Lustiges.«
Erkki wusste nicht, was er erwidern sollte.
»Das war ein Kompliment.«
»Na dann, danke.«
»Keine Ursache.«
Etwas Seltsames fand in Paulas Gesicht statt. Als hätte sie plötzlich die Kontrolle über ihr Mienenspiel verloren. Eine seltsame Grimasse, Wut, ein groteskes Grinsen. Erkki bekam es mit der Angst zu tun. Was geschah da, war dieser Mensch dabei, in Stücke zu zerfallen? Plötzlich schlug Paula die Hände vors Gesicht. Hielt sie eine Weile so. Ließ sie dann sinken und sah wieder normal aus.
»Was ist dein Geheimnis, Erkki?«
»Was für ein Geheimnis?«
»Wie kannst du so ... ruhig bleiben? Als wäre alles gut.«
»Alles in allem ist alles gut.«
»So einen wie dich gibt es eigentlich gar nicht.«
Erkki zögerte, aber Paulas Ton war freundlich, fast bewundernd.
»Manchmal bete ich.«
»Du tust was?«
»Ich bete.«
»So?«
Sie faltete die Hände. Warf einen träumerischen Blick durch die Decke hindurch zum Himmel. Auf den Lippen zeigte sich Spott.
Erkki erbleichte, spürte einen schneidenden Schmerz irgendwo, überall.
»Entschuldigung ... Ich mache mich nicht über dich lustig ... Im Ernst. Hilft das? Lieber Gott im Himmel und so weiter?«
»Nein, das ... oder ... ich tue es nicht deswegen.«
»Weswegen denn?«
»Das ist keine Pille und auch keine Pulle, mit der man im Kopf alles durcheinanderbringt. Es ist
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