Bonbontag
...
Entschuldigung, wie bitte? Gute Frau, ich bin hier noch nicht fertig ... Ich frage sie jetzt schön brav, ob ich bitte meine Ruhe haben könnte. Auf der anderen Seite gibt’s noch mehr Automaten ... Du sagst es, Oma, das Einkaufszentrum gehört auch dir nicht alleine ... Also noch ein letztes Mal im Guten: Würden Sie mich bitte in Ruhe lassen!
Sie hat’s kapiert. Alles, was dement ist, treibt sich hier herum ...
Wo war ich stehengeblieben? Jetzt setzt es irgendwie aus.
Bin ich überhaupt im Bild? Oder ist das Ding hier bloß ein Placebo? Sind die Kabel irgendwo angeschlossen?
Hallo ... huhu? Ich weiß nicht, ob das eine Live-Übertragung ist oder ob alles aufgezeichnet wird, oder ob sich das überhaupt jemand anschaut. Aber ich dachte, es wäre echtklasse, wenn man das Band haben könnte. Ich versuche nämlich ... an meinem Auftreten zu feilen ... Also, ihr Sicherheitsleute dort irgendwo, ich würde es wirklich sehr schätzen, wenn ihr mir das Band schicken könntet ... zum Beispiel auf DVD. Mein Name ist Paula Vaara. Und die Adresse lautet ... Die Adresse war ...
Entschuldigung, wenn ich lache, aber ich hab mich gerade gefragt, ob es da überhaupt Ton gibt.
Kein Problem, man kann es ja schreiben.
Ach so ... oops ... Da hat die Logik jetzt wohl einen kleinen Schlenker gemacht. Ich hab nämlich keinen Stift und keinen Zettel. Nur das hier ... ziemlich scharf. Soll ich etwa mit Blut schreiben?
Vielleicht ist das nicht die Mühe wert. Da versaue ich nur alles. Und die Omas werden böse.
Ich glaub, das war’s hier.
Tschüs dann! Hat mich gefreut. Aber weißt du, alles Schöne hat auch mal ein Ende.
Falls du das hier siehst, Mirja ... Ich weiß nicht ... Halt die Ohren steif ... Weißt du, es kann nicht immer bloß alles Spaß machen.
13
Die Wohnung war schnell überprüft.
»Kein Mädchen und kein Junge«, bestätigte Katri, als sie mit Lahtinen in die Küche kam.
Zwischen Petri und der Polizistin war Pentti Holm geschrumpft und sah ungefährlich aus. Er wurde jetzt vollkommen bleich, und gleich darauf trat Schamesröte auf seine Wangen. Mit gesenktem Kopf bat er Ari um Entschuldigung.
Zunächst reagierte Ari darauf verhalten, erwähnte dann aber immerhin versöhnlich, er sei ja selbst Vater. Er könne sich vorstellen, wie er reagieren würde, wenn seine Tochter ...
Das war zu viel für Pentti Holm. Er begriff, dass er den Vater eines kleinen Mädchens angegriffen hatte, und brach in Tränen aus. Mit einem Mal war die Küche von Scham und Mitgefühl erfüllt.
Petri befragte indessen Helena Lind. Aufgeregt erwähnte sie das Schutzhaus. Katri und Petri schauten sich an: Völliger Blödsinn, das Schutzhaus war kein Kindergarten, wo man einfach so seine Kinder abladen konnte. Ari flüsterte Katri zu, Paula habe von der Großmutter des Mädchens gesprochen.
»Könnte das Mädchen bei der Mutter Ihrer Frau sein?«, wandte sich Katri an Pentti Holm.
»Paulas Mutter ist gestorben«, antwortete der Mann verblüfft.
Katri bat um eine Liste mit Paulas engen Freunden. Pentti Holm schrieb zögernd einige Namen auf. Katri versprach, sie versuche so schnell wie möglich herauszufinden, wo die Tochter sei.
Lahtinen gab dem Mann noch eine Ermahnung mit auf den Weg, beschwor ihn, keine weiteren persönlichen Maßnahmen mehr zu ergreifen. Ein Hausfriedensbruch genüge für heute. Aho nickte dazu mit strenger Miene. Die Polizei werde ein eigenes Protokoll über den Vorfall schreiben.
Bedrückt und geknickt versprach Herr Holm, nach Hause zu gehen. Und dort brav auf einen Anruf zu warten.
Helena Lind, die Polizisten und Pentti Holm verließen gleichzeitig die Wohnung. Katri und Petri blieben am Küchentisch zurück.
Mit zitternden Fingern fing Ari an, Kaffee zu kochen.
Katri hatte ein unangenehmes Gefühl. Es war noch zu viel offen. Zu viele unschöne Möglichkeiten.
Beginnen wir mit den Fakten, erinnerte sie sich.
Das Mädchen hatte Mutter und Vater, die um die Rolle des Sorgeberechtigten konkurrierten, sich also in gewisser Weise etwas aus ihrer Tochter machten. Aber wer wusste das schon. In welchem Zustand war die Mutter? Nach dem Anruf von Erkki Saari und dem Vorgefallenen zu schließen wohl nicht ganz im Gleichgewicht.
Um Tomi kümmerte sich niemand. Die Mutter hier, der Vater dort, die Großmutter im Krankenhaus.
Schließlich hatte es Ari geschafft, die Kaffeemaschine einzuschalten. Er setzte sich an den Tisch und rekapitulierte die Ereignisse des Tages.
Tomi. Seine Mutter und sein Stiefvater.
Weitere Kostenlose Bücher