Bonbontag
die Augen offen halten. Ich möchte, dass das, was ich sehe ... schön ist.
Ich möchte, dass alles seine Ordnung hat. Ich möchte etwas Schönes tun. Etwas Schönes und Logisches.
Das Ergebnis meiner Arbeit soll logisch und schön sein. Es soll Ordnung herrschen. Auch hier zu Hause soll es schön sein und Ordnung herrschen.
Aber überall ist es hässlich, und es herrscht fürchterliches Durcheinander.
Den ganzen Tag lang bin ich durch dieses Durcheinander gewatet, bin in allen Märkten meines Bezirks gewesen. In allen außer in einem. Außer in dem einen gott-ver-dammten. Dort müsste ich jetzt hin. Mitten hinein ins ungeregelte Durcheinander.
Heute.
Wenn man sich dauernd in diesem Durcheinander bewegt, bleibt etwas hängen. Die Hässlichkeit dringt einem in den Kopf. Manchmal wünscht man sich fast ... Wünschte man sich, ein Satan käme mit dem Staubsauger und würde einem den Kopf leer saugen. Damit es wenigstens kurz sauber wäre. Schön. Ein großer, sauberer Raum ohne jedes Möbelstück.
Das war jetzt das zweite Weihnachten ... Seitdem ich Pentti auf die Straße gesetzt habe, musste ich allein ... durfte ich allein dafür sorgen, dass meine Welt und Mirjas Welt schön wird. Jetzt nach Weihnachten sind wir wieder mehr zu zweit gewesen. Eine gute Sache. Wir sind daran gewachsen.
Mirja ist erst acht. Es ist klar, dass man von ihr nicht dasselbe erwarten kann wie von einem Erwachsenen.
Aber es ist wichtig, dass ein Kind von Anfang an lernt, was Schönheit und was Ordnung ist. Zu seinem eigenen Wohl.
Die Wahrheit gibt es dann automatisch dazu. Ganz umsonst.
Aber nein. Jetzt muss bezahlt werden. Und zwar teuer.
Was ist schiefgegangen? Wo habe ich als Elternteil versagt? Ich würde doch nicht hier sitzen, wenn nichts schiefgegangen wäre.
Versuche das mal deinem Kind beizubringen, deinem eigenen Kind, deinem Liebsten, Schönsten ... die grundlegenden Dinge. Was richtig ist. Was falsch. Was einem selbst gehört. Was anderen. Was Ordnung heißt. Was Durcheinander. Was schön ist. Was hässlich. Mutter und Tochter. Wie fest das Band ist. Wie unauflöslich.
Ich glaube, dass das, was passiert ist ... dass das für Mirja eine großartige Gelegenheit zum Lernen ist. Und natürlich auch für mich.
Nie zuvor in meinem Leben habe ich mich so geschämt.
Und jetzt soll ich zum »Tatort« zurückkehren.
Ist es ein Verbrechen, dass ich versuche, meine Tochter zu erziehen? Da saßen wir, ich und Mirja, Mutter und Tochter. Da saßen wir in einem versauten Hinterzimmer, in dem es nach saurer Milch roch.
Verdammt ... Gottverdammte, verfickte Scheiße.
Wenn es ein ... Es hätte irgendein Supermarkt sein können. Irgendein Markt irgendeiner Kette. Aber nein. Wir sind beim Einkaufen ausgerechnet in diesem Viertel gelandet. Und da taucht ausgerechnet ein Markt meiner Kette auf.
Der Mensch macht sich was vor und belügt sich. Ich erklärte, auch mir selbst: Wir brauchen nie wieder hierherzukommen, Mirja. Obwohl ich es besser wusste.
Noch immer tut es weh, darüber zu reden. Aber man muss reden. Man muss den Finger in die Wunde stecken und allen Eiter herauspulen. Alles durchsprechen. Reinen Tisch machen.
Dass sie es wagten, sich so zwischen Mutter und Tochter zu stellen.
Konnten die nicht logisch denken? Warum hätte ich so etwas tun sollen? Das Portemonnaie voller Geld.
Aber sie kapierten nichts. Mirja fing an zu weinen. Bringen die dich ins Gefängnis?, flüsterte sie. Und wenn sie dich ins Gefängnis bringen, wo werde ich dann hingebracht?
Ich versuchte sie zu trösten. Wir saßen in dem versauten Hinterzimmer, in dem es nach saurer Milch roch. Ein Sozialraum, wie er im Buch stand. Raum für Sozialfälle. Da gab es nichts Schönes.
Sag der Mama was Schönes ins Ohr, bat ich, etwas richtig Schönes, denn freut sich die Mama. Nach Hause, sagte sie, ich will nach Hause. Nicht weinen, Mirja, mein Schatz, sagte ich. Ich verspreche dir, dass wir gleich gehen. Die Mama wird dem Mann und der Frau jetzt erklären, dass Mirja nach Hause will.
Und so geschah es auch. Dann gingen wir nach Hause.
Verdammter Mist.
Ich habe richtig gehandelt. Getan, was zu tun war.
Sich wehtun ... Sich schlagen ... so richtig aufeinander einschlagen ... Man kann es nicht ... Man kann sich einfach nicht so schlagen, dass es wehtut. Einen kümmerlichen blauen Fleck kriegt man zustande.
Das hier ist die Strafe. Dass ich meine Verantwortung kenne. Ich stecke den Finger bis zum Anschlag in die Wunde.
Ich weiß noch die Kopfschmerzen. Mirja
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