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Bone 01 - Die Kuppel

Titel: Bone 01 - Die Kuppel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peadar O'Guilín
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verbrachte seine Nächte damit, an die Decke zu starren und sich zu bemühen, nicht daran zu denken. Während des Tages lenkte er sich mit unsinnigen Versuchen ab, Speerspitzen aus seinen erbeuteten Panzerrückenstücken zu fertigen. Mutters Besucher lachten ihn dafür aus – Knochen gab es in Hülle und Fülle, sie waren leicht zu bearbeiten, und niemand verstand, warum er sich die Mühe machte. »Wenn es ein gutes Material für Speerspitzen wäre«, bemerkte Onkel Zartnase abfällig, »warum machen dann die Panzerrücken selbst keine Waffen daraus?«
    Darauf hatte Stolperzunge keine Antwort. Nach einem Vierteltag Arbeit hatte er es geschafft, eine Delle, die nicht größer als ein Fingergelenk war, in ein Stück Panzer zu schaben. Der Stein, den er dazu benutzte, wurde viel stärker abgenutzt. Trotzdem machte er weiter und versetzte sich durch den Rhythmus in eine schmerzlose Trance, in der Moosherz und Wandbrecher niemals geheiratet hatten und sein Bruder ihn niemals im Stich gelassen hatte.
    Mutter wandte den Blick von der Straße ab und seufzte. »Du wirst früher oder später mit ihm sprechen müssen«, sagte sie, und Stolperzunge wusste, dass sie nicht Onkel Zartnase meinte.
    Er sah ihr in die hellen Augen und bemerkte, wie die Haut in den Winkeln vor Sorge Falten bildete. Es musste ihr zuwider sein, dass Zwietracht zwischen ihren Söhnen herrschte. Wie alt war sie jetzt? Wie lange noch, bis Wandbrecher und er sie für immer verlieren würden? Er konnte ihr keinen Wunsch abschlagen.
    Er nickte und ließ sie auf dem Dach allein. Dann holte er sich einen Speer und sein altes Knochenmesser und machte sich auf den Weg zu den Räumen, die Wandbrecher und seine Braut bezogen hatten, nachdem sie aus dem Hochzeitsturm zurückgekehrt waren. Als er den Mittelplatz überquerte, nahm er den strengen Gestank von Haarigen wahr. Er war wie eine Mischung aus Metall und menschlichem Schweiß. Fünf der Wesen liefen vorbei und schienen für ihre Verhältnisse prächtig gekleidet zu sein: mit farbigen Schalen, Halsketten aus Menschenknochen (vielleicht zu Ehren ihres Besuchs) und rot gefärbten Krallen. Er wusste, was es bedeutete, und hatte einen Augenblick lang Angst um seine Mutter, obwohl ihr noch viele Tage blieben, da sie nützlich und gesund war.
    Häuptling Speerauge war gekommen, um die Abordnung der Haarigen zu empfangen. Trotz der Hitze, die das Große Dach abstrahlte, trug er einen Mantel, der aus den Häuten und Fellen aller Wesen, die von Menschen gejagt wurden, zusammengeflickt war. Vier Ehefrauen begleiteten ihn. Schaut, welch ein guter Versorger ich bin! , schien er damit zu sagen. Ich kann sie alle und auch ihre Kinder ernähren!
    Die stärksten Jäger bewachten das Gefolge des Häuptlings. Wandbrecher war unter ihnen, genauso wie der brutale Quetschfaust. Steingesicht wartete in der Nähe. Die Verletzung, der er seinen Wächterdienst zu verdanken hatte, war geheilt. Eine kleine Menge versammelte sich, um den Handel zu beobachten, und Stolperzunge versuchte sich zwischen den anderen möglichst weit nach vorn zu kämpfen.
    Der Anführer der Haarigen-Abordnung sagte mit dröhnender Stimme etwas zu Häuptling Speerauge. Menschen konnten weder Haarig noch irgendeine andere Sprache als ihre eigene verstehen. Ungefähr in jeder Generation versuchte jemand, irgendeine nicht menschliche Sprache zu erlernen, aber von all den Vorfahren hatte nur der bedauernswerte Friedensmacher Erfolg damit gehabt. Doch ein Haarigen-Wort, das alle verstanden, war das hustende Grunzen, das »Fleisch« bedeutete.
    Die Haarigen gaben jetzt diesen Laut von sich, einer nach dem anderen. Dann legte ihr Anführer zehn menschliche Fingerknochen vor Speerauge auf den Boden.
    »Zehn!«, rief Speerauge. »Sie wollen uns zehn Welpen geben!«
    »Ja, und im Austausch dafür werden sie zehn von uns nehmen!«, schrie eine Frau in der Menge.
    Speerauge blickte in ihre Richtung. »Jeder, der nicht essen will, kann es jetzt sagen.« Er wartete, aber es kamen keine weiteren Einwände.
    »Stimmen wir zu?«, rief Speerauge. »Sind wir mit zehn einverstanden?«
    Die Menschen murmelten zustimmend. Zehn war ungewöhnlich viel für die Haarigen. Stolperzunge fragte sich, ob sie einen Krieg gegen eins der Völker begonnen hatten, die an ihr Revier grenzten – vielleicht die Panzerrücken. Aberwitzige Gerüchte machten die Runde, dass man Panzerrücken und Hüpfer bei der gemeinsamen Jagd gesehen hatte. Stolperzunge schüttelte den Kopf. Natürlich konnte das

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