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Bonita Avenue (German Edition)

Bonita Avenue (German Edition)

Titel: Bonita Avenue (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Buwalda
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-Cola. Jede andere Marke gießt er ins Spülbecken, außer Pepsi: Pepsi schüttet er ins Klo, das habe ich selbst gesehen. Wenn an einem Sonntagabend keine Flasche Coke im Kühlschrank lag, fuhr er schwitzend zum nächsten Imbiss.»
    «Schön», sagte Aaron, «von Cola stirbt man. Letztendlich.»
    Sie tat, als hätte sie es nicht gehört. «Also, ich meine, auch Janis und ich durften Cola trinken. Eines Tages sitzen wir bei Tisch und sprechen über die Plomben meiner Schwester. Janis war gerade beim Zahnarzt, elf Jahre alt und zwei Löcher. Es ging also ums Zähneputzen, Naschen und so weiter, du kennst das bestimmt. Da sagt Wilbert: ‹Ich hab null Löcher.› ‹Na so was, Wilbert›, sagt meine Mutter, ‹das ist ja toll.› ‹Null Löcher›, sagt er, ‹also ist Cola gut für die Zähne.› Ein normaler Mensch lacht über solches Gerede, er findet dieses ‹also› mehr oder weniger lustig, aber er nimmt es auf keinen Fall ernst. Siem nimmt es todernst und reagiert viel zu heftig. Schon seit Monaten ist er der Ansicht, dass Wilbert einen ebenso schlechten Einfluss auf seine Töchter ausübt wie der Genuss von zwei Litern Cola am Tag auf das Gebiss. Er ärgert sich kolossal über dieses ‹also›. Ein normaler Junge steckt zurück und sagt: ‹Kleiner Scherz, reg dich nicht auf›, aber Wilbert ist kein normaler Junge, Wilbert will kämpfen, immer. Er versucht, recht zu behalten, behauptet weiterhin, dass Cola gut für die Zähne ist. Dass er wissenschaftlich bewiesen hat, Cola ist gut für die Zähne.»
    «Glaubte er das wirklich?»
    «Er wollte ihn nur triezen. Und du kennst Siem, er ist vernünftig, er ist klug, aber Humor: Fehlanzeige. Du weißt, wie schnell er sich aufregen kann. Er geht sofort an die Decke. Aber Wilbert weicht keinen Zentimeter zurück, er sagt: Wodka ist schlecht, schau dir nur meine Mutter an, aber Cola nicht, wirklich nicht, in Cola ist Fluor, und er tickt mit dem Messer an seine Zähne, tick, tick, tick. So lief das, wegen jeder Kleinigkeit. Und mein Vater ging jedes Mal drauf ein.»
    Sie tat Sigerius unrecht, fand er. Sie vergaß, vielleicht weil sie noch wütend war, wie sehr Wilberts Späße dem Wesen ihres Vaters widersprachen. Cola ist gut für die Zähne – was für ein Blödsinn. Aaron hatte sich einmal mit einem Doktoranden unterhalten, einem ziemlich bulligen Koreaner, der Aufsätze von Sigerius gelesen hatte, in denen sich der bizarre Weg seiner Beweisführungen nachvollziehen lässt. So kruhl, hatte der Typ ein paarmal wiederholt, ehe Aaron begriff, dass er « so cruel» sagte, womit er die Gnadenlosigkeit meinte, mit der Sigerius eigene Arbeiten verwarf, sobald er seine Thesen widerlegen konnte. Die Arbeiten von Monaten, von Jahren manchmal.
    «Erst später habe ich erfahren, dass viel mehr dahintersteckte, als meine Eltern Janis und mir erzählt haben.» Sie zog die Nase hoch und drehte sich auf den Rücken. «Sie kriegten sich wegen Coca-Cola in die Haare, während es gleichzeitig Theater gab wegen Kokain, wegen eintrudelnden Zahnarztrechnungen für Gebisse, die von ihm eingeschlagen worden waren. Außerdem war da noch was mit einem Job, den mein Vater ihm beim Technischen Dienst der Universität besorgt hatte. Wilbert hatte zwei Winkelschleifer gestohlen und verkauft.»
    Während er zuhörte, fragte Aaron sich, wie er selbst das gefunden hätte: unerwünschter Abschaum. Was hätte er mit vierzehn getan, wenn plötzlich so ein durchgeknallter Schuft bei seinen Eltern eingezogen wäre? Jemand wie … Pietje Suiker, er dachte an Pietje, einen unglaublich starken, unverschämten Jungen aus seiner Jugend, ein Gespenst, an das er vielleicht gut fünfzehn Jahre nicht gedacht hatte. Piet Suiker, Suikertje, «Suik», so nannten ihn Mitläufer – ein hochexplosiver Idiot, der nach der neunten Klasse meinte, das reiche, die zehnte besuche er nicht mehr, vollkommen überflüssig. Ein Spinner aus dem frühen Mittelalter seines Lebens, dessen enervierende Anwesenheit ewig zu währen schien, bevor er auf einmal, wie eine Fußwarze, verschrumpelte und verschwunden war. Suikertje, bei dem man für einen Fünfer Turnschuhe bestellen konnte, die er dann wunschgemäß in Sijbers’ Sportgeschäft auf der anderen Seite der Brücke in Venlo klaute, und der sich nach dem Schulschwimmen unter der Dusche die erstbeste Brille schnappte und sie sich auf den Pimmel setzte. Mit elf zeigte er einem hinter den Hagebuttensträuchern für einen Gulden, wie man ebendiesem erschreckend angeschwollenen

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