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Bonita Avenue (German Edition)

Bonita Avenue (German Edition)

Titel: Bonita Avenue (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Buwalda
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Ministerium abtauchen. Er ruft seinen Chauffeur an und fragt, ob der ihn am Abend abholen kann.
    Es ist bereits Mittag, als Tineke nach Hause kommt, gut eingepackt in eine Mütze und seinen Schal, aber dennoch fröstelnd und mit ganz offensichtlich verweinten Augen. Er wärmt Erbsensuppe für sie auf, sie wirkt weniger entsetzt als am Vorabend; wie sich zeigt, fragt sie sich inzwischen, warum er nicht zur Polizei geht, die Drohungen erscheinen ihr ernst genug, sie kämen doch von einem Wiederholungstäter, er solle ihr einen guten Grund nennen, warum er das nicht tue.
    «Joni.»
    «Joon?»
    «Joon, ja. Denk doch mal an sie . Sie hat alles getan, um die Website geheim zu halten, und dann stiefeln wir mit ihrem Geheimnis zur Polizei? Wir würden denen alles erzählen müssen. Vielleicht gäbe es einen Prozess. Wir müssten mit ihr darüber reden. Es ist genau das, was sie nicht will. Das versteht sogar Wilbert. Und von der Möglichkeit, dass irgendwas davon an die Öffentlichkeit dringt, will ich mal lieber gar nicht anfangen.»
    Sie steht mit ihrem breiten Rücken vor dem Kamin, die Handflächen in Richtung Flammen. «Aber die Polizei ist doch zum Schweigen verpflichtet.»
    «Tineke», sagt er theatralisch, «jetzt tu doch nicht so unglaublich naiv. Sie ist die Tochter des Wissenschaftsministers. Willst du es noch saftiger haben? Kein Problem. Nehmen wir einfach Bill Clinton.»
    «Übertreib nicht, Siem.»
    «Liebling», sagt er, «es geht hier um Jonis Zukunft. Das ist es, was mir Sorgen macht.»

17
    «Wie war das Interview?»
    «Du musst hier abfahren.»
    «War sie unangenehm?»
    «Jetzt abfahren. Nicht direkt unangenehm. Sie war schlau. Interessiert.»
    «Aber sie ist eine Frau. Da kommt das dicke Ende später.»
    «Ach was.»
    «Eine Frau redet und redet und macht dich erst fertig, wenn sie zu Hause ist. Wenn sie mit einer Tasse Tee an ihrem Laptop sitzt, zieht sie dir das Fell über die Ohren.»
    «Du darfst hier achtzig fahren.»
    «Zieht sie uns das Fell über die Ohren.»
    «Rusty, ich bin auch eine Frau. Du redest Unsinn. Ich weiß übrigens genau, was ich zu ihr gesagt habe.»
    Zu viel. Diese Mary Jo Harland verstand ihr Handwerk, zuerst hatte sie sich zu Gipfeln der Empathie aufgeschwungen, anschließend hatte sie mich ausgeschüttet wie eine Schüssel Spülwasser. Schon nach einer halben Stunde war auf ihrem Band, dass mein Vater Selbstmord begangen hatte und ich nicht auf dem Begräbnis gewesen war. Es kostete mich längere Verhandlungen am Telefon, um zu verhindern, dass sie das in ihrem Artikel brachte. Die Empathie, die sie früher am Tag gezeigt hatte, lag wahrscheinlich noch in ihrem Mietwagen.
    «Hast du sie rumgeführt?»
    «Natürlich hab ich sie rumgeführt. Du hast sie doch an die Coldwater eingeladen. Was hättest du denn vorgeschlagen? Tut uns leid, kein Zutritt, hier stellen wir unsere weapons of mass destruction her?»
    «Ich bin davon ausgegangen, dass du mit ihr in den Laden gegenüber gehen würdest. Oder zu Starbucks. Das hätte ich gemacht.»
    Wir schwiegen einige Minuten. «Ich würde gleich über Alameda fahren», sagte ich. «Erst hinter Little Tokyo die Abfahrt Harbor nehmen. Warum holen wir eigentlich Vince nicht ab? Seine Maschine landet doch auf dem LA X? Das wäre nett gewesen.»
    Rustys Protégé betrieb eine eigene Website irgendwo in Cleveland, Ohio. Das erste Vorstellungsgespräch war merkwürdig verlaufen. Vince schien ein durchaus fähiger Mann zu sein, er konnte sich klar und sachbezogen äußern – wenn er sich äußerte, denn er sprach mit einer orakelhaften Seltenheit und derart trocken und lahm, dass ich schon fürchtete, er könnte ins Koma fallen. Auf der Seite in dem Ringbuch, das ich während des Gesprächs vor mir liegen hatte, stand in dicken Tintenbuchstaben nur ein Wort: MATT.
    «Findest du mich etwa nett, Joy? Er soll sich halt ein Taxi nehmen. Was hat sie so gesagt?»
    «Wer?»
    «Harland natürlich. Was hat sie so gesagt, als du sie rumgeführt hast?»
    «Rusty – wir sind nur ein bisschen rumgegangen. Es war doch ihre Idee, sie wollte eine Reportage machen. Toll fand sie’s – das kannst du mir ruhig glauben. Die Websites kannte sie ja schon, sehr viel Neues hat sie also nicht gesehen. Ich hoffe übrigens, Bobbi ist klar, dass sie nach Compton kommen muss …»
    «Ach ja? Höre ich da Besorgnis heraus? Ha! Joy, die sich wegen unserer neuen Toplocation Sorgen macht. Sehr interessant.»
    Ich schwieg. Natürlich war keiner vom Umzug nach Compton

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