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Bony und der Bumerang

Bony und der Bumerang

Titel: Bony und der Bumerang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur W. Upfield
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der junge Mann den Stiefeleindruck nicht bemerken würde. »Mit diesem Klumpen halte ich praktisch das gesamte Universum in meinen Händen. Nehme ich ein winziges Teil davon weg und untersuche es näher, dann stelle ich fest, daß es aus Atomen besteht. Und wenn wir eins dieser Atome betrachten, sehen wir plötzlich ein ganzes Sonnensystem. Nun sind dem menschlichen Geist aber Schranken gesetzt. Er benötigt sichtbare, meßbare und abwägbare Fakten. Am unteren Ende unserer Skala steht das Atom, am oberen Ende das Universum mit seinen Sonnensystemen. Aber vielleicht interessiert Sie das alles gar nicht.«
    »Doch. Bitte fahren Sie fort.«
    »Dann hören Sie gut zu«, sagte Bony im Tonfall eines Professors, der eine Vorlesung hält. »Vielleicht halten Sie nicht viel von Phantasie – aber die Phantasie beherrscht die Welt. Ich habe Ihnen das untere und das obere Ende der Skala gezeigt, nach der wir Menschen alles ordnen. Meine Phantasie aber erlaubt mir, unser Sonnensystem lediglich als ein Atom unter vielen zu sehen. Nehmen wir an, es gehört zu einem Holzstück. Nun sehe ich einen Mann. Jeder seiner Schritte bedeutet für uns Jahrmillionen. Dieser Mann hat Durst. Er möchte Tee kochen und sammelt Holz. Darunter befindet sich auch das Stück, in dem unsere Welt, unser Universum enthalten ist. Was für diesen Mann eine Sekunde bedeutet, ist für uns eine Ewigkeit. Er zündet das Holz an, und plötzlich verbrennt unser Universum, verwandelt sich in Gas und verflüchtigt sich. In der Bibel steht: ›Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde.‹ Aber selbst meine Phantasie reicht nicht aus, mir den Anfang und das Ende vorzustellen.«
    Der junge Mann betrachtete den Mischling mit offener Bewunderung, und Bony lächelte.
    »Woher wissen Sie das alles?« fragte Ralph.
    »Aus Büchern, von Menschen und Tieren, von einem Stück Holz und einem Lehmklumpen, von Sonne, Mond und Sternen«, erwiderte Bony. »Ich sagte Ihnen ja – meine Phantasie kennt keine Grenzen. Nur mein Wissen ist leider begrenzt.«
    »Meine Mutter sagte mir, daß Sie sich für Kaiser Napoleon interessieren«, meinte Ralph.
    »Ihre Mutter ist eine prächtige Frau. Nun steht geschrieben: ›Du sollst Vater und Mutter ehren –.‹ Ich aber ehre weder Vater noch Mutter.«
    »Und weshalb nicht?«
    »Mein Vater war ein Weißer, meine Mutter eine Eingeborene. Aber kein Fuchs paart sich mit einem Dingo, und keine Katze mit einem Kaninchen. Meine Eltern haben ein Naturgesetz gebrochen. Ich bin weder weiß noch schwarz – ich bin ein Bastard.«
    »Da sind Sie wohl etwas zu hart gegen sich selbst«, widersprach Ralph.
    »Keineswegs«, entgegnete Bony. »Ich schäme mich dessen nicht, denn es ist ja nicht meine Schuld. Aber manchmal spüre ich, wie das schwarze und das weiße Blut in mir einen heftigen Kampf führen.«
    Die beiden Männer versanken in nachdenkliches Schweigen.
    Ralph Thornton stand ganz im Bann des Mischlings. Eine unerklärliche Macht zog den Erben von Barrakee zu Bony.
    »Ich kann Ihre Gefühle gut verstehen, Bony. Aber Sie besitzen eine hohe Intelligenz, und das ist meines Erachtens die größte Gabe, die ein Mensch von seinen Eltern mitbekommen kann.«
    Bony lächelte. »Eine Menge grauer Zellen sind schon ein großer Aktivposten, wie?«

 
5
     
    Bony hatte inzwischen Nachricht erhalten, daß der von Marthas Stiefel hergestellte Abdruck in wichtigen Merkmalen von der vor der Gartenpforte gefundenen Stiefelspur abwich. Deshalb besprach er mit dem Schafzüchter, wie er sich unauffällig die Stiefelabgüsse von Clair beschaffen könne.
    Ralph wurde also mit dem Kleinlaster zu dem Staubecken geschickt, an dem Clair arbeitete. Er sollte den Mann abholen und mit ihm ein weit entferntes Windrad reparieren. Eine reichliche Stunde, nachdem die beiden vom Staubecken weggefahren waren, trafen der Schafzüchter und Bony dort ein, und der Inspektor nahm von verschiedenen Stiefeleindrücken, die Clair hinterlassen hatte, Gipsabgüsse.
    Der April blieb trocken und warm und endete mit einer ungewöhnlichen Hitzewelle. Obwohl die Sonne bereits tief im Norden stand, brannte sie am Morgen des dreißigsten April heiß vom Himmel.
    An diesem Vormittag ritten Ralph Thornton und Kate Flinders über die Nordweide. Ralph hatte den Auftrag erhalten, den rund dreißig Meilen langen Zaun abzureiten und alle Schafe, die sich dort aufhielten, zur Mitte des Weidegebietes zu treiben, wo sich der große Wassertank befand.
    Zu seiner großen Freude erklärte Kate, ihn begleiten zu

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