Bony und der Bumerang
Liebeslied. Sie war zwar glücklich bei dem Gedanken, Ralph zu heiraten, aber sie spürte deutlich, daß sie nicht so glücklich war, wie sie eigentlich hätte sein müssen.
John Thornton las eine Zeitschrift, seine Frau nähte. Ralph hatte in einer Biographie Alexanders des Großen geblättert, nun legte er das Buch beiseite.
»Dad, bei meinem Ausritt mit Kate hat es zwei außergewöhnliche Ereignisse gegeben«, sagte er.
»Oh!« Der Schafzüchter senkte die Zeitschrift. »Und zwar?«
»Wir entdeckten einen Dingo, der auf der Nordweide ein Schaf gerissen hatte.«
Ralph beschrieb ausführlich die Jagd auf den Wildhund.
»Ich glaube, wenn du den Balg siehst, wirst du Kate und mir mit Freuden dreißig Pfund zahlen. Es war nämlich der ›Killer‹!«
»Der ›Killer‹!« rief der Schafzüchter überrascht.
»Ja. Sein Fell ist braunrot, die Füße sind fast schwarz. Spitze Ohren und eine dicke rote Rute.«
»Das ist der ›Killer‹«, bestätigte John Thornton. »Ich bin froh, daß du ihn endlich zur Strecke gebracht hast, Ralph. Morgen erhaltet ihr jeder einen Scheck über fünfzehn Pfund. Was wollt ihr denn mit dem Geld anfangen?«
»Wenn du nichts dagegen hast, möchte ich einen Verlobungsring kaufen«, sagte Ralph gelassen.
»Einen Verlobungsring?« Der Schafzüchter fuhr zum zweitenmal überrascht auf.
Mrs. Thornton legte das Nähzeug in den Schoß, Kate stand vom Klavier auf und nahm zwischen dem Schafzüchter und Ralph Platz.
Die Farmersfrau musterte den jungen Mann mit großen Augen, ihr Mann runzelte die Stirn.
»Hast du dich denn verlobt, mein Junge?« fragte Mrs. Thornton.
»Noch nicht, Mutter. Wir wollten erst eure Erlaubnis einholen.«
»Und wer ist das Mädchen, Ralph?«
»Aber Mutter – Katie natürlich!«
Über das Gesicht der Frau huschte ein zufriedenes Lächeln, ihr Mann lachte erleichtert.
»Ich hoffe, ihr seid damit einverstanden«, brach Kate das Schweigen.
»Einverstanden! Kate, ich träume seit Jahren davon, daß du einmal Ralph heiraten würdest.«
»Dann dürfte sich dein Traum jetzt erfüllen, Mutter.« Ralph stand auf, stellte sich hinter Kate und strich dem Mädchen über das Haar. »Wir lieben uns, und wir sind überzeugt, daß ihr euch darüber freut.«
»Und ob wir uns freuen, mein Junge!« erwiderte John Thornton. »Ihr macht uns stolz und glücklich. Aber wir wollen nichts überstürzen. Ihr seid beide noch jung. Sagen wir, die Hochzeit findet in fünf Jahren statt.«
»Sei doch nicht so hart, John«, drängte seine Frau. »Zwei Jahre sind auch genug.«
»Wie du willst, meine Liebe. Möchtet ihr euch offiziell verloben?«
»Da richten wir uns nach euch, Onkel John«, antwortete Kate.
»Natürlich gibt es eine Verlobungsfeier, John«, erklärte Mrs. Thornton resolut. »Sie lieben sich, und eines Tages werden sie heiraten. Da wird auch eine Verlobungsfeier veranstaltet. Sagen wir, Samstag in acht Tagen. An diesem Tag tritt in Wilcannia die Landverteilungskommission zusammen. Da kommen die Watts, die Hemmings und die Stirlings. Wißt ihr was? Wir laden sie zu einer Party mit Überraschungen ein, und kurz vor dem Ende der Party gibst du die Verlobung bekannt, John. Ralph, du bestellst gleich morgen den Ring telegrafisch in Sydney. Nun, was haltet ihr von meinem Plan?«
»Und wer soll das alles bezahlen, liebe Ann?« Der Schafzüchter machte ein strenges Gesicht, aber er zwinkerte dabei.
»Du natürlich, mein Lieber. Die Rechnungen werden erst Ende Juni kommen. Dann kannst du sie gleich zusammen mit der Einkommensteuer bezahlen. Und wie steht es mit euch beiden – seid ihr einverstanden?«
»Ja, Tante«, erwiderte Kate ohne Zögern.
»Und ob!« bestätigte auch Ralph.
Das Datum für die Verlobung stand also fest, und die Einladungen wurden abgesandt. Alle Eingeladenen sagten zu, fragten aber an, welche Überraschungen auf der Party zu erwarten seien.
Zweimal in der Woche traf auf Barrakee Post ein, so auch am Tag vor dem großen Ereignis. Ralph erhielt vom Juwelier in Sydney einen Brillantring, der bedeutend mehr kostete, als sein Anteil an dem erbeuteten Dingo ausgemacht hatte.
Für Bony waren drei Briefe dabei. Zunächst las er den von seiner Frau Marie. Dann öffnete er den amtlichen Umschlag, der in Sydney abgestempelt war, und überflog das Schreiben.
›... Die eingesandten 4 Gipsabdrücke wurden untersucht. Es steht einwandfrei fest, daß der Abguß Nr. 3 mit dem vor dem Gartentor gefundenen Stiefeleindruck identisch ist ... Wir bitten Sie, sich
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