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Bookman - Das ewige Empire 1

Bookman - Das ewige Empire 1

Titel: Bookman - Das ewige Empire 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lavie Tidhar
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vorsagte, würde er vielleicht tatsächlich
daran glauben.
    Â»Wo es immer war«, sagte Catherine schließlich mit leiser Stimme.
»In dem Baum am Rand des Kraters. Aber es ist schwierig, dort hinzugelangen.«
    Â»Sehr schön«, erwiderte Orphan, »den Krater möchte ich nämlich als
Nächstes aufsuchen.« Dann verließ er die Hütte und machte sich pfeifend nach
dem warmen Teich auf.

30
Abschuss
    Wir alle leben in der Gosse, doch manche von
uns
    blicken hoch zu den Sternen.
    Oscar Wilde, Lady Windermeres Fächer
    Nachdem Orphan sich gewaschen und gereinigt hatte, erhielt
er von dem Mann mit dem Haarkranz – offenbar sein Onkel, wenn auch nur
angeheiratet – Kleidung. Außerdem war der Mann Elizabeths Vater, was ihn,
Orphan, zu ihrem Cousin machte, oder? Er wusste nicht so recht, was er von
alldem halten sollte. Die Vorstellung, plötzlich eine große (und irgendwie
pilzbesessene) Familie zu haben, überforderte ihn ein wenig.
    Ãœberdies hatte er den Eindruck, der Onkel sei nicht gerade
begeistert von ihm. Hinzu kam, dass den Bewegungen des Mannes etwas
Verstohlenes anhaftete. Aber das traf eigentlich auf alle hier zu. Sie bewegten
sich wie unerwünschte Fremde in einem Haus, das ihnen nicht gehört, machten
stets einen geduckten und nervösen Eindruck.
    Die Kleidung war zwar abgetragen, aber immerhin bequem. Weite Hosen
und ein Hemd, beides von grauer Farbe.
    Als er sich angekleidet hatte, kam Elizabeth zu ihm. Sie hielt etwas
in der Hand und wirkte beunruhigt.
    Â»Hallo«, sagte Orphan verlegen.
    Elizabeth machte vor ihm halt. »Ich habe dir das Buch geholt«,
verkündete sie.
    Â»Was? Aber es ist gefährlich …« Er verstummte. Elizabeth zuckte die
Achseln. »Ich gehe ständig allein nach draußen«, sagte sie. »Sonst hätte ich
dich ja auch nicht gefunden, oder?«
    Das konnte Orphan nicht leugnen. Er nahm das Buch an sich, was
Elizabeth zu erleichtern schien.
    Orphan drehte das Buch hin und her. Der Ledereinband war
abgegriffen, stellenweise regelrecht vergammelt. Der Titel ließ sich kaum noch
erkennen, da das Gold abgeblättert war. Der Schnitt sah zerfressen aus. Als er
es in der Hand hielt, empfand er das als Bestätigung der Geschichte über Mary.
Dies war das Buch, das seine Mutter angefasst hatte – so wie sie auch ihn einst
angefasst haben mochte. Vorsichtig schlug er es auf.
    Die erste Seite war leer.
    Das Papier war brüchig und vergilbt und wies zahlreiche Wasser- und
Stockflecken auf.
    Orphan blätterte weiter. Alle Seiten waren leer. Nur unbedrucktes
Papier. Enttäuscht schlug er Seite für Seite um. Erst auf dem hinteren
Vorsatzblatt entdeckte er etwas, einen mit verblasster blauer Tinte in
altmodischer Handschrift geschriebenen Satz, den er nur mit Mühe entziffern
konnte. Er lautete: Unter dem Kindergarten wachsen flache
Pilze. – M.
    Orphan seufzte. Diese Leute waren wirklich von Pilzen besessen.
Selbst seine M…, selbst Mary schien da keine Ausnahme gewesen zu sein. Er
klappte das Buch zu und steckte es in die Tasche.
    Â»In diesem Buch steht überhaupt nichts«, erklärte er Elizabeth.
»Vielleicht hat früher mal was drin gestanden, aber jetzt sind die Seiten
leer.«
    Sie schenkte ihm ein Lächeln, das sich jedoch schnell verflüchtigte.
»Ich …«, stotterte sie. »Als ich es holen gegangen bin, sind mir Soldaten
begegnet«, fuhr sie fort und schüttelte den Kopf, als sie Orphans
Gesichtsausdruck bemerkte. »Diesmal habe ich mich versteckt. Du warst ja nicht
dabei, um die Sache zu verpatzen.«
    Â»Ah, gut«, sagte Orphan.
    Â»Ich habe gehört, wie sie sich unterhielten«, sagte Elizabeth und
sah ihn stirnrunzelnd an. »Sie sagten, jemand sei auf die Insel gekommen, um
die Kanone zu sabotieren. Deshalb waren sie auf Patrouille.«
    Â»Was?«, erwiderte Orphan.
    Â»Im Krater ist die Hölle los«, fuhr Elizabeth fort. »Ich habe
nachgesehen. Die Soldaten sagten, Moriarty habe den Abschuss vorverlegt.«
    Â»Was?«, wiederholte Orphan.
    Â»Auf heute Abend«, sagte Elizabeth. »Glaubst du, wir könnten da
zusehen?«, fügte sie ganz aufgeregt hinzu.
    Â»Moriarty ist hier?«
    Â»Hört sich so an«, meinte Elizabeth. »Und wer ist das?«
    Â»Der Premierminister. Außerdem ein recht guter Dichter.«
    Â»Gedichte mag ich nicht«, entgegnete Elizabeth. »Die

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