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Bookman - Das ewige Empire 1

Bookman - Das ewige Empire 1

Titel: Bookman - Das ewige Empire 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lavie Tidhar
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sie älter wurde, ging sie dazu über, viele Stunden außerhalb des
Tunnelsystems zu verbringen, um den Dschungel zu erkunden. Dabei wagte sie sich
sogar zum Strand und bis zum Rand des Kraters vor. Wie ein kleines Tier
stöberte sie überall herum, ohne die Aufmerksamkeit der Abwehrmechanismen zu
erregen, und lernte auf diese Weise viel von der Insel kennen.
    Einmal schaffte sie es, bis zum Sand am Meer zu gelangen. Das war in
einer mondlosen Nacht. In der Ferne blitzten Lichter auf, und sie hörte
Explosionen sowie das Geschrei von Männern. Mary verließ den Strand und
kletterte auf einen Hügel. Als sie sich wieder umdrehte, erblickte sie zwei
Schiffe (von welcher Machart, vermochte sie nicht zu sagen), die sich
gegenseitig mit Kanonen beschossen. Es schien kein Kampf um Beute oder Schätze
zu sein, denn als das eine Schiff in Brand geriet und sank, fuhr das andere Schiff
einfach davon und verschwand.
    Als Mary in der nächsten Nacht zum Strand zurückkehrte, stolperte
sie in der Dunkelheit über den Körper eines Mannes.
    Sie unterdrückte einen Schrei, weil sie befürchtete, damit die
unsichtbaren Abwehrmechanismen zu aktivieren. Dann sah sie, dass der Mann tot,
seine Brust wie von riesigen Fingern durchbohrt war. Irgendetwas musste,
vermutete sie, aus dem Sand gekommen sein, um den Mann zu töten. Sie hatte zwar
schon von den Sandwürmern gehört, die die Insel bewachten, aber noch nie einen
gesehen. Niemand wusste mit Sicherheit, ob es sich dabei um Lebewesen handelte,
die infolge des Einschlags, den das Raumschiff verursacht hatte, mutiert waren,
oder ob es – so wie die Insekten – Maschinen waren.
    Obwohl sie Angst hatte, siegte ihre Neugier. Deshalb durchsuchte sie
rasch die Taschen des Mannes und fand …
    Â»Ein Buch«, sagte Catherine. Elizabeth machte das
Abwehrzeichen, das Orphan bereits kannte.
    Â»Was für ein Buch?«, fragte Orphan.
    Catherine seufzte. »Das«, antwortete sie, »habe ich erst viel später
herausgefunden.«
    Den Menschen auf der Insel (erklärte Catherine weiter) war es
verboten, Bücher zu besitzen. Die Wesen, die sie im Kindergarten betreuten,
benutzten keine Bücher, sondern seltsame Vorrichtungen, die elastischen Bällen
ähnelten und (offenbar) dieselbe Aufgabe wie Bücher hatten, jedoch mit Gerüchen
und hohen, für Menschen nicht hörbaren Tönen arbeiteten (Orphan erkundigte sich
erneut, was es mit dem Kindergarten auf sich habe, erhielt jedoch abermals
keine Antwort). Bücher waren die Domäne des Bookman (diesmal machten sowohl
Catherine als auch Elizabeth das Abwehrzeichen), verkörperten das Böse und
brachten Unglück.
    Doch für Mary hatte das Buch, das sie gefunden hatte, nichts Böses
an sich, sondern stellte einen Gegenstand der Hoffnung dar. Was (sagte
Catherine mit plötzlicher Heftigkeit) vielleicht noch schlimmer war als alles
andere.
    Es war ein höchst merkwürdiges Buch. Hätte Mary andere Bücher
gekannt, wäre sie möglicherweise mehr auf der Hut gewesen. Doch das war nicht
der Fall. Sie nahm das Buch mit und versteckte es in der Höhlung eines uralten
Baumes, der am Rande des Kraters stand. Und fast jede Nacht, wenn am
unterirdischen Königshof (denn so nannten, wie Orphan erfuhr, die Pilzsammler
ihre Höhle) alle schliefen, begab sie sich zu dem Buch.
    Und so verstrichen die Jahre.
    Mary (fuhr Catherine fort) war zu einer schönen jungen Frau
herangewachsen. Sie arbeitete weiterhin im Kindergarten, um sich um den
Nachwuchs der Echsen zu kümmern (»Darum geht es also!«, rief Orphan. »Pst!«,
zischte Catherine. Elizabeth kicherte.), eignete sich höfische Manieren an
(»soweit es sie noch gibt«, sagte Catherine) und fiel alles in allem nicht
weiter auf. Ihre Neigung zu Streichen hatte sich augenscheinlich gelegt. Das
Leben ging wie gewohnt weiter.
    Zumindest schien es so.
    In Wirklichkeit jedoch (»Aber das fand ich erst viel später heraus«,
sagte Catherine) schlich Mary weiterhin zu dem Baum, um Nacht für Nacht in dem
Buch zu lesen. Es war, wie ihr bald klar wurde, ein ganz besonderes Buch, da
sich sein Inhalt ständig änderte. Der Titel, der in Goldbuchstaben auf dem
harten Ledereinband prangte, lautete Bibelgeschichten für
junge Leser . Am meisten mochte Mary die Geschichten über Adam und Eva,
die in dem Buch zahlreich vertreten waren. Zu Beginn lebten Adam und Eva im
Garten Eden. Dann

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