Bookman - Das ewige Empire 1
abschalten wie ein Automat, dachte er.
»Hilf mir, ihn hinzulegen!« Undeutlich bekam er mit, dass Elizabeth
und Catherine ihn bei den Armen nahmen und zu einer Matratze brachten, die
recht angenehm nach Pilzen roch.
»Schlaf, William«, sagte Catherine leise. Das Letzte, was Orphan
spürte, bevor er in tiefen, bewusstlosen Schlaf sank, war Catherines Hand, die
ihm sanft über den Kopf strich.
Er rannte durch eine Landschaft voller Teiche und Felsen,
umschwirrt von zahllosen Fliegen. In der Ferne sah er eine andere rennende
Gestalt, die er, sosehr er sich auch beeilte, nicht einzuholen vermochte. Auf
den Felsen sonnten sich kleine Echsen, die mit ihren Zungen Fliegen fingen. Das
Summen der Fliegen klang eindeutig mechanisch.
Er fing an, mit den Armen zu rudern â aus irgendeinem Grund machte
das Sinn â, und spürte, wie er von Luftströmen in die Höhe getragen wurde.
Langsam schraubte er sich immer weiter nach oben, bis die Insel wie eine
Schatzkarte unter ihm lag. Von der Wunde in der Mitte breitete sich nach allen
Seiten dichter Wald aus. Der Krater sah aus wie ein Auge, aus dem eine Nadel
emporragte.
Die Gestalt, der er nachjagte, war immer noch vor ihm und stieg
immer höher. Heftig mit den Armen rudernd, folgte er ihr, bis er den Rand des
Weltraums erreichte. Vor ihm breitete sich Finsternis aus, in der unzählige
Sterne blinkten. Weit unten verlieà die Sonde den Krater und stieg in die Höhe.
Sie sauste an ihm vorbei und verschwand in der Leere.
Er hörte auf, mit den Armen zu rudern, und schwebte in der dünnen
Luft am Rande des Weltraums. Auch die Gestalt vor ihm machte halt, rückte
heran, umkreiste ihn. Sie waren wie Erde und Mond, kamen sich jedoch immer
näher, und dann erkannte er das Gesicht â¦
Unmittelbar darauf stürzte er ab, die Luft peitschte ihm ins
Gesicht, bis er schlieÃlich hart aufschlug â und mit einem Schrei erwachte.
»Warum William ?«, fragte er.
»Mary sagte oft, dass sie, wenn sie je einen Sohn hätte, ihn William
nennen würde«, erklärte Catherine. Es war noch immer dämmerig. In den Tunneln
herrschte stets Dämmerung.
»Sag Orphan zu mir.«
»Ein kluger Mann kennt seinen Namen«, erwiderte Catherine.
»Ein kluger Mann wäre nicht da, wo ich jetzt bin«, gab Orphan
zurück. Catherine deutete ein Lächeln an.
»WeiÃt du, was aus ihr geworden ist?«
»Sie ist gestorben«, sagte Orphan. »Sie sind beide gestorben.«
»Woher weiÃt du das?«
»Ich â¦Â« Mit Sicherheit wusste er es nicht. Es war ihm erzählt
worden. Von ⦠Gilgamesch? Wie passte der ins Bild? Gilgameschs Tagebuch fiel
ihm ein. Sein alter Freund war einmal auf der Insel gewesen. Hatte er sie
später noch einmal besucht?
»Wer war dein Vater?«
»Er war vespuccianischer Seemann.«
Missbilligend verzog Catherine das Gesicht. Orphan hätte fast laut
herausgelacht.
»Wie lange habe ich geschlafen?«, erkundigte er sich und setzte sich
hoch. Er fühlte sich frisch, nahezu beschwingt.
»Fast fünfzehn Stunden«, sagte Catherine. »Der Morgen ist gerade
angebrochen.«
»Ich möchte den Kindergarten sehen«, erklärte er mit neuer
Zielstrebigkeit.
»Elizabeth wird ihn dir zeigen.«
»Und ich brauche etwas zu essen«, fuhr er fort.
»Es sind noch â¦Â«, sagte Catherine.
»â¦Â Pilze da?«, ergänzte Orphan mit einem Seufzer.
»Ja.«
»Wunderbar.«
»Waschen solltest du dich auch«, bemerkte Catherine.
Orphan stimmte ihr zu.
»DrauÃen gibt es einen warmen Teich.«
»Danke.«
»Es ist so schön, dass du hier bist, William«, sagte Catherine.
Orphan murmelte etwas vor sich hin. Er hatte nicht die Absicht, lange
hierzubleiben.
»Wo ist das Buch?«, fragte er.
Catherine gab keine Antwort. Orphan stand auf und reckte sich. Ja,
er fühlte sich in der Tat wesentlich besser. Bereit, die Insel in Angriff zu
nehmen. Bereit zu handeln. Und einen Fluchtweg zu finden. Er bewegte seinen
Daumen hin und her, der sich anfühlte wie immer. Wenn man nicht zu genau
hinsah, konnte man keinen Unterschied feststellen â¦
Gut. Also dann Schritt für Schritt. Wenn seine Mutter â war sie
wirklich seine Mutter? â es geschafft hatte, einen Fluchtweg zu finden, dann
würde ihm das auch gelingen. Das musste der Bookman so gewollt haben.
Wenn er sich das oft genug
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