Bookman - Das ewige Empire 1
Orphan, wie weit vom
Schiff entfernt ein riesiger Wal abtauchte.
Er trug immer noch Tom Thumbs Revolver bei sich und machte mit
einigen Matrosen auf dem Oberdeck SchieÃübungen. Er spielte Karten, verlor aber
mehr, als er gewann. Als er eines Tages in seine Kabine zurückkehrte, fand er
auf seinem Bett ein Buch vor.
Er setzte sich, um es neugierig zu betrachten. Es war ein altes,
zerfleddertes Notizbuch, in brüchig gewordenes Leder gebunden. Er nahm es in
die Hand und schlug es auf. Vergilbtes, sprödes Papier mit Wasserflecken. Viele
Seiten waren eingerissen.
Als er die Handschrift sah, bekam er einen Schock.
UnregelmäÃige Buchstaben, die Seiten eng beschrieben â das war die
Schrift seines alten Freundes.
Seines alten Freundes Gilgamesch.
Er klappte das Buch zu und starrte, an seinen toten Freund denkend,
eine Weile ins Leere. Wo kam dieses Buch her?
Dann bemerkte er einen Zettel, der auf den Boden gefallen sein
musste, als er die Kabine betreten hatte. Er hob ihn auf und las: Ich habe versucht, so weit wie möglich auf Primärquellen
zurückzugreifen. Dieses Tagebuch habe ich vor fünfzehn Jahren bei einem Trödler
in Marseille entdeckt. Vielleicht finden Sie es interessant. Ãber den
Wahrheitsgehalt des Berichts vermag ich nichts zu sagen. Unterzeichnet
war die Mitteilung von Verne.
Plötzlich hatte Orphan das Gefühl, sehr weit weg von zu Hause zu
sein. Er blickte durchs Bullauge auf das endlose Meer, während seine Gedanken
zurückschweiften. Gilgamesch war sein Freund gewesen ⦠und ein Teil seines
Lebens. Jetzt war er tot, und Orphan hielt sein Tagebuch â alt wie ein
gesunkenes Schiff â in Händen.
Er holte tief Luft, um sich zu beruhigen, und kniff mehrmals die
Augen zusammen. Dann schlug er das Tagebuch erneut auf und begann zu lesen.
Ein klarer Tag, das Meer ruhig. Gestern Abend haben wir
von den Azteken Abschied genommen, nachdem wir viele Geschenke ausgetauscht,
zusammen getanzt, gesungen und getrunken hatten. Ich werde [unleserlich] sehr
vermissen, ihre glatte dunkle Haut ebenso wie ihr Lächeln im Dunkeln ⦠Trotz
des schönen Wetters wirken heute alle irgendwie niedergeschlagen â die
Auswirkung der Exzesse vom gestrigen Abend. Fürs Erste machen wir gemächlich
Fahrt, und wir haben vor, an einer der Inseln anzulegen, um unsere Vorräte
aufzustocken, bevor wir dann den Atlantik überqueren. Eine erfolgreiche Reise. Amerigo
ist glücklich und unbeschwert, fast ein neuer Mensch nach den Strapazen der
Herfahrt.
Ein erstaunliches Land! Ich hätte nie erwartet, eines
Tages solch eine wilde Schönheit kennenzulernen, wie sie den Wäldern, den
seltsamen Tieren und der unbekannten Flora dieses neuen Landes eignet. Mein
Notizbuch füllt sich rasch mit Gedichtzeilen, aus denen ich nach unserer
Rückkehr gern ein langes erzählendes Gedicht machen möchte. Ich liege in einer
Hängematte an Deck und träume vom Ruhm und Erfolg eines Schriftstellers, von
einem langen Leben mit vielen Frauen, Kindern und Enkelkindern und â wenn ich
reich, alt und berühmt bin â einem Begräbnis in der Westminster Abbey ⦠Während
ich dies schreibe, muss ich lächeln. Aber es ist schön, ein wenig vor sich hin zu
träumen. Unsere Reise ist fast zu Ende und war ein Erfolg, der alle Erwartungen
übertroffen hat. Man wird uns wie Helden empfangen. Ob wir diese neue Welt wohl
nachhaltig erschlossen haben? Wird die Marine jetzt hierher segeln, um diesen
wilden Kontinent und die noch wilderen Inseln unter ihre Kontrolle zu bringen,
um zum Ruhme Britanniens Handelsstützpunkte zu errichten und Kolonien zu
gründen? Zweifellos. Doch die Einwohner dieser Länder haben ihre eigene Kultur,
die zum Teil sehr alt und eindrucksvoll ist. Man sollte die Azteken nicht
unterschätzen, ebenso wenig wie die anderen, die [unleserlich], die tapfere
Krieger sind. Morgen machen wir Station in Xaymaco, danach geht es nach Hause.
Die Insel ist wie eine Fata Morgana, ein tropisches
Paradies, wie ich es auf all meinen Reisen noch nie gesehen habe. Heute haben
sich mehrere Männer aus der Crew davongemacht. Offenbar sind sie den
Verlockungen dieses Ortes erlegen, und ich möchte bezweifeln, dass wir sie
jemals wiedersehen. Amerigo ist auÃer sich vor Wut, vermag aber nichts an der
Situation zu ändern. Unsere vorrangige Aufgabe besteht jetzt darin, mit den
Schätzen, die wir entdeckt haben, nach Hause
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