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Bookman - Das ewige Empire 1

Bookman - Das ewige Empire 1

Titel: Bookman - Das ewige Empire 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lavie Tidhar
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gegenüber, der eine frisch gebügelte Uniform
trug.
    Â»Ein wunderschönes Schiff«, bemerkte Orphan.
    Â»Ein gutes Schiff«, entgegnete der Mann, »von dem ich mich nicht
ohne Weiteres trennen würde.«
    Orphan wusste sofort, dass er mit dem Kapitän der Nautilus sprach.
    Â»Ich bin Kapitän Dakkar«, sagte der Mann nickend. »Und Sie müssen
unser Passagier sein, Sir.«
    Â»Freut mich, Sie kennenzulernen, Kapitän«, erwiderte Orphan. Dakkar
strahlte eine Entschlossenheit aus, fand Orphan, die an die eines Jägers
erinnerte. »Ich heiße Orphan«, fügte er spontan hinzu.
    Nachdenklich kniff der Kapitän die Augen zusammen. »Also dann willkommen
an Bord, Orphan«, sagte er. »Sie dürfen sich frei auf dem Schiff bewegen,
solange Sie meiner Mannschaft nicht in die Quere kommen.« Er lächelte, obwohl
der Ausdruck seiner Augen ernst blieb.
    Orphan nickte. »Selbstverständlich.«
    Â»Ich werde später noch Gelegenheit haben, mich mit Ihnen und Mr.
Verne zu unterhalten«, sagte Dakkar. »Bitte machen Sie mir die Freude, heute
Abend an meinem Tisch zu speisen.« Er musterte Orphan mit neugierigem Blick.
Was er wohl sah? Und was noch wichtiger war: Wie viel wusste er?
    Â»Dann bis später«, sagte Dakkar, legte grüßend zwei Finger an die
Schläfe und ging davon. Orphan verließ das Deck, um in seine Kabine
zurückzukehren. Er wollte einiges wissen, und Verne schien über alles im Bilde
zu sein.
    Als er an Vernes Tür klopfte, erhielt er jedoch keine Antwort.
Deshalb begab er sich in seine eigene Kabine. Plötzlich schwankte der Boden
unter seinen Füßen, sodass er kurz das Gleichgewicht verlor. Ein Blick durch
das Bullauge verriet ihm, dass sie abgelegt hatten.
    Die Nautilus verließ den Hafen und
steuerte aufs offene Meer zu.
    Was lässt sich über diese Fahrt des Klippers Nautilus – die letzte, die das Schiff unternahm – sagen?
Die Mannschaft setzte sich aus Ausgestoßenen und Spitzbuben zusammen, die aus
aller Herren Länder stammten. Da war ein Schwede mit hellen Augen, da war der
Zweite Offizier, der aus Nubien kam und dessen muskulöse Arme wie polierter
Obsidian wirkten, da war der indische Kapitän mit seiner erddunklen Haut. Die
Matrosen redeten, sangen, fluchten und erhielten Befehle in den
unterschiedlichsten Sprachen, darunter Hindi, Englisch, Französisch,
Portugiesisch und Zulu. Nach ein paar Tagen kam es Orphan so vor, als würden
auf dem Schiff mehr Sprachen gesprochen, als Menschen an Bord waren.
    Es war, wie er zugeben musste, ein prächtiges Schiff, auch wenn es
in gewisser Weise veraltet war, denn diese Klipper wurden immer mehr von
Dampfschiffen verdrängt, die ihre Routen übernahmen, um von Kontinent zu
Kontinent und von Markt zu Markt zu eilen. Die Nautilus ,
die früher Handelsrouten im ganzen Ewigen Empire befahren hatte, war jetzt ein
Schiff, das man mieten konnte, ein Schiff, das unter dem Befehl des
exzentrischen Dakkar stand (der der Sohn eines indischen Radschas war, wie
Verne Orphan zugeflüstert hatte) und dessen bunt zusammengewürfelte Mannschaft
aus ehemaligen Marinematrosen, ehemaligen Freibeutern und sogar (wie Verne
behauptete) ehemaligen Piraten bestand. Wo Dakkar diese Leute aufgesammelt
hatte, wusste Verne nicht. »Hier und da«, sagte er achselzuckend, »überall
dort, wo Unzufriedenheit und Ungerechtigkeit herrschen und Männer mit dem
Gesetz in Konflikt geraten.«
    Â»Wessen Gesetz?«, fragte Orphan, worauf der Schriftsteller die Arme
ausbreitete und sagte: »Auf diesem Planeten gibt es gegenwärtig nur ein einziges
Gesetz.«
    Â»Dann gehört Dakkar also im Gegensatz zu Ihnen nicht …« Orphan
zögerte weiterzusprechen.
    Â»Zur Partei des Bookman?«, Verne schüttelte den Kopf. »Nein. Er ist
sein eigener Herr.«
    Was ließ sich über die Nautilus sagen? Sie
hatte einen langen, schlanken Körper, schmale Hüften und wogende Segel; ihre
Decks waren stabil, ihr Bug rund, ihr Achter- und ihr Vorderdeck zu einem
durchgehenden Oberdeck verbunden. Auf dem Oberdeck standen zehn
Achtzehnpfünder, die aus den Luken des Schanzkleids abgefeuert werden konnten.
Das Zwischendeck, wo auch Orphans und Vernes Kabinen lagen, war mit zwanzig
Achtzehnpfündern bestückt. Das ist eher ein Kriegs- als ein Handelsschiff,
dachte Orphan und fragte sich insgeheim, was wohl Verne – oder auch

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