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Bordeuax

Bordeuax

Titel: Bordeuax Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Torday
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dachte, überkam mich wieder die übliche Unruhe. Ich verspürte das
Bedürfnis, mit den Armen und Beinen zu zucken, als hätte ich zu viel trainiert
oder zu wenig. Hände und Füße fühlten sich kalt an. Nach kurzer Zeit war mein
ganzer Körper mit einer hauchdünnen Schweißschicht bedeckt, als würde ich aus
allen Hautporen weinen.
    Sobald ich solche körperlichen
Empfindungen habe, gibt es für mich nur eins: Wein trinken. Mein System sieht
so aus, dass ich mit einer Flasche jungem Bordeaux zwischen Frühstück und
Mittagessen beginne. Die leichte Säure in einem jungen Bordeaux hinterlässt
einen sauberen und geschärften Gaumen, als hätte man ein Gericht aus
Stachelbeeren zu sich genommen. Damit bereite ich mich auf den Mittag vor, wenn
das seriösere Weinkosten beginnt. Zum Essen trinke ich in der Regel einen
Bordeaux-Zweitwein, gefolgt von einem vollmundigeren Wein zur Teezeit, um zum
Abendessen mit einem großen klassischen Premier cru abzurunden -
allerdings laufe ich in letzter Zeit manchmal Gefahr, die abschließende Geschmacksexplosion
durch ein paar Gläser weißen Burgunder als Nachttrunk zu verwässern.
    Die Frage war nur, wie ich mir ein
Glas Wein verschaffen konnte, wenn unten diese von Colin eingestellte
Krankenschwester herumlief. Sie würde sich mir zweifellos in den Weg stellen.
    Ich blieb im Bett liegen und wälzte
das Problem, aber nach wenigen Minuten nahmen das Zucken und die Unruhe in
allen Gliedmaßen überhand, und ich verspürte den Drang, aufzustehen und
umherzugehen. Mit Schwung stellte ich die Füße auf den Bettvorleger und setzte
mich auf die Bettkante. Ich nahm meinen ganzen Verstand zusammen. Zuerst fühlte
ich mich noch wacklig auf den Beinen, aber dann gelangen mir einige Schritte zu
einem Sessel, wo ich etwas verschnaufte - wie ein Schwimmer, der sich für eine
kurze Pause an einen Felsen klammert -, bevor ich meine Wanderung fortsetzte.
Ich kam an meine Kommode, auf der meine Brieftasche und Schlüssel lagen, und
die Geldklammer, die leer war. Offenbar hatte ich über sechstausend Pfund
ausgegeben, als ich das letzte Mal ausgegangen war. Das musste der Petrus
gewesen sein. Ich nahm die Brieftasche und trat vor das Fenster. Ich öffnete es
und warf die Brieftasche hinaus. Dann ging ich zur Schlafzimmertür, schon schnelleren
Schrittes, und von dort zum Treppenabsatz.
    »Schwester Susan!«, rief ich.
»Kommen Sie schnell!«
    Das Fernsehgerät in der Küche wurde
ausgeschaltet, und umgehend stand Schwester Susan in der Küchentür und sah zu
mir hoch. »Sie dürfen eigentlich gar nicht aus dem Bett aufstehen, Herzchen«,
sagte sie.
    »Das macht nichts«, antwortete ich.
»Ich wollte das Fenster aufmachen, um etwas frische Luft ins Zimmer zu lassen.
Ich hatte meine Brieftasche in der Hand, und dummerweise ist sie mir dabei
runter auf die Straße gefallen. Würden Sie sie bitte holen, bevor sie jemand
aufhebt. Es ist ziemlich viel Geld drin.« In Wahrheit war kein Penny drin, und
die Kreditkarten waren entweder abgelaufen oder ausgeschöpft.
    Schwester Susan zögerte erst, dann
sagte sie: »Bleiben Sie hier, ich seh mal nach.« Sie ging rasch zur Haustür,
schob den Riegel beiseite und trat hinaus.
    Der Gedanke an den Yon-Figeac
verlieh mir Kraft. Im Bruchteil einer Sekunde war ich unten am Fuß der Treppe,
und im nächsten Moment war die Haustür verriegelt und verrammelt und der Schlüssel
dreimal herumgedreht. Die Fenster im Erdgeschoss waren immer zu. Jetzt gab es
keinen anderen Zugang mehr zum Haus, außer einer Tür zu einem kleinen
Kellergeschoss, das ich aber nie benutzte.
    Ich ging zum Weinregal, nahm eine
Flasche Wein heraus und öffnete sie mit einer flinken Drehung des
Screwpull-Korkenziehers. Ich wollte den Wein erst noch etwas atmen lassen,
bevor ich ihn kostete. Es klingelte an der Haustür, erst nur kurz, dann
beharrlicher. Ich überhörte es und dachte an meinen Wein. Es war ein 96er,
immerhin; er konnte jetzt gleich getrunken werden oder noch zehn Jahre stehen
bleiben. Diesen Wein hatte ich noch nicht probiert. In der Gruft lagerte noch
ein halbes Dutzend davon. Francis musste die Kiste geöffnet und einige Flaschen
getrunken haben, bevor er mir den Keller überließ. Mittlerweile hatte es
aufgehört zu klingeln, dafür klopfte es ans Küchenfenster.
    Ich ging zum Küchenregal und nahm
ein großes Weinglas heraus. Als ich mich umdrehte, um zurück zum Tisch zu
gehen, erblickte ich Schwester Susan am Küchenfenster. Sie hatte sich auf dem
Schutzgitter aus Eisen

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