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Bordeuax

Bordeuax

Titel: Bordeuax Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Torday
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nie vorgekommen ist. Ich muss erst noch einen Spezialisten sprechen,
den ich kenne, bevor ich mir eine Meinung bilden kann. Ich hoffe nur, dass ich
mich täusche.«
    »Du kannst einen wirklich sehr
deprimieren, Colin«, sagte ich. Ich versuchte zu lachen, aber es gelang mir
nicht.
    »Ich rufe dich morgen wieder an,
wenn du da bist - zur selben Zeit?«
    »Ich bin immer da«, sagte ich.
     
    3
     
    Als ich Colin gegenüber geprahlt
hatte, ich würde im Geld schwimmen und hätte mehr als genug, um meine Arztrechnungen
zu bezahlen, war das eine reichlich optimistische Einschätzung meiner
finanziellen Situation. Es ist noch nicht lange her, da besaß ich sehr viel
Geld. Der Verkauf der Softwarefirma, die ich aufgebaut hatte, hat es mir
eingebracht. Wir hatten vor, mit dem Unternehmen an die Börse zu gehen, an den
Alternative Investment Market, aber in letzter Minute war ein strategischer
Investor auf den Plan getreten und hatte einen anständigen Preis geboten. Nachdem
der Verkauf unter Dach und Fach war, verfügte ich über ein kleines Vermögen.
Das Unternehmen, von dem wir übernommen worden waren, vergab die Stelle des
leitenden Direktors an Andy, meinen ehemaligen Finanzleiter, ich selbst zog
mich aus dem Geschäft zurück. Mir war sowieso die Lust vergangen. Ich dachte,
ich wäre auf das Gehalt nicht mehr angewiesen; und dass Andy mich nicht mehr
dabeihaben wollte, davon war ich überzeugt. Er war von Anfang an gegen den
Verkauf des Unternehmens. Also nahm ich meinen Hut.
    Ein Teil des Geldes ging für den
Kauf von Caerlyon drauf, den Familiensitz von Francis, und das gigantische
Weinlager in dem Gewölbekeller darunter. Noch viel mehr kostete die Wohnung in
der Half Moon Street in London, in die Catherine und ich gemeinsam einzogen.
    In den letzten Jahren sind riesige
Geldsummen durch meine Finger gegangen, bei interessanten abendlichen
Weinproben, so wie neulich, als ich irgendwo ein, zwei Flaschen Château Petrus
zu mir nahm. Wenn man zweimal die Woche ausgeht und mehrere tausend Pfund für
Essen und Wein ausgibt, kommt mit der Zeit was zusammen. Zu dem Taschengeld
von fünf- bis zehntausend Pfund pro Woche gesellten sich jetzt noch wachsende
Ausgaben anderer Art hinzu. Zum Beispiel die Arztrechnungen von Colin. In den
letzten beiden Jahren, als Colin und noch ein paar andere aus meinem rapide
schrumpfenden Bekanntenkreis mir ständig in den Ohren lagen, hatte ich einen
Haufen Geld für Kuren in Gesundheitszentren und Entzugskliniken wie der
Hermitage rausgeschmissen. Das habe ich nun drangegeben, es war eine
Verschwendung von Zeit und Geld - Zeit und Geld, das ich lieber in Bordeaux
investieren wollte.
    All das kam mir am nächsten Morgen
in den Sinn, als ich an meinem Schreibtisch im Wohnzimmer saß, ein Glas Château
Carbonnieux trank und einen Brief von dem Filialleiter meiner Bank las. Er lag
schon seit einigen Tagen auf dem Küchentisch, aber nachdem Telefon und Strom ein
paarmal abgestellt worden waren, hatte ich gelernt, dass man irgendwann nicht
mehr umhinkommt, seine Post zu öffnen und zu lesen, besonders offizielle
Umschläge oder Schreiben von der Bank.
    Zunächst erkundigte man sich nach
meiner Gesundheit, aber dann hieß es weiter: »Ihr Konto ist derzeit mit £50
327,09 belastet und liegt damit über dem vereinbarten Rahmen von £30 000.
Leider musste die Bank für die unbefugte Überziehung einen Kredit von 7%
berechnen. Bitte teilen Sie uns so bald wie möglich mit, wann Sie in der Lage
sein werden, Ihr Konto so auszugleichen, dass die Darlehen unter der
vereinbarten Höhe bleiben.« Der Brief schloss mit den allerfreundlichsten
besten Wünschen von dem widerwärtigen Mr Rawle, meinem »persönlichen
Kundenbetreuer.« Der bedrohliche Unterton war jedoch unmissverständlich.
    Ich fand einen Filzschreiber und
kritzelte auf den Briefbogen: »Bitte Kreditrahmen auf hunderttausend Pfund
erhöhen. Danke, Wilberforce.« Ich fand auch einen Umschlag und eine Briefmarke
in meiner Schreibtischschublade und adressierte den Brief an Mr Rawle.
    Ich hatte ganz vergessen, dass ich
angefangen hatte, mein Konto zu überziehen. Ich war so daran gewöhnt, ein
Guthaben auf meinem Konto zu haben und mein wöchentliches Taschengeld abzuheben,
dass ich mir gar nicht vorstellen konnte, jemals in Schulden zu geraten. Jetzt
hatte mich wieder jene Angst gepackt, die ich aus der ersten Zeit unserer Firma
kannte, als wir noch unsere Kunden abklappern mussten, damit sie ihre Schulden
beglichen, und wir danach gleich weiter

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