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Bordeuax

Bordeuax

Titel: Bordeuax Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Torday
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jedenfalls alles aufgenommen,
was sich in dem Gewölbekeller befindet - oder wie nennt sich das noch mal?«
    »Die Gruft«, sagte ich.
    »Nicht mitgerechnet, was Sie sonst
noch an anderer Stelle gelagert haben, würden wir Ihnen empfehlen, das, was
wir auf dreißig veranschlagt haben, zurückzustellen, falls Sie es für eine
Auktion freigeben wollen.«
    »Dreißig?«
    »Dreißigtausend«, sagte Ben. »Wenn
wir Glück haben, könnte die Summe am Tag der Auktion auf fünfzig hochgehen.«
    »Dreißigtausend Pfund?«, wiederholte
ich. »Die Weinsammlung muss über eine Million wert sein!«
    »Einen Betrag dieser Größenordnung
werden wir wohl kaum erzielen«, sagte Ben. »Nicht annähernd. Wie gesagt, wir
schicken Ihnen die Bestandsliste mit unserem Schätzwert für jeden einzelnen
Posten Wein zu. Es ist ein Problem, dass wir nichts über seine Provenienz
wissen, oder wie er gelagert wurde, bevor er in Ihren Keller kam. Bei ziemlich
vielen Flaschen in den Holzkisten und bei den meisten Flaschen in den kleinen
Seitenkammern muss man damit rechnen, dass sie mittlerweile gekippt sind.
Vieles hätte längst getrunken oder verkauft und das Geld in jüngere Jahrgänge
investiert werden müssen. Und die Flaschen, die das entsprechende Alter haben,
sind wiederum nicht immer ganz so außergewöhnlich, um Seltenheitswert für sich
beanspruchen zu können. Wohlgemerkt, es sind einige sehr interessante Flaschen
darunter. Es soll nicht allzu abwertend klingen.«
    »Wirklich, das begreife ich nicht«,
sagte ich. »Wie kommen Sie dazu, einen so niedrigen Betrag für eine so
herausragende Weinsammlung anzusetzen? Man hat mir gesagt, es sei eine der
bedeutendsten Privatsammlungen in diesem Land.«
    Ben antwortete so höflich wie
möglich, wobei ich mir vorstellte, dass er sich ein Lachen verkniff, als er in
den Hörer sprach. »Nun ja, das kann ich nicht bestätigen, Mr Wilberforce. Ich
würde sagen, wenn man für das, was wir gesehen haben, mehr als fünfzigtausend
hinlegt, hat man zu viel gezahlt.«
    »Ich verstehe«, sagte ich. Der Kerl
war ein Idiot. Es war reine Zeitverschwendung, dass ich ihn beauftragt hatte.
Warum hatte Christie's jemanden geschickt, der offenkundig Anfänger war?
    »Sagen Sie Bescheid, wenn Sie
möchten, dass wir den Wein in unsere Auktion aufnehmen«, sagte Ben. »Und auch,
ob ich etwas übersehen habe, wenn Sie die Bestandsliste erhalten haben.«
    Ich legte auf. Jetzt musste ich den
ganzen Weg nach Caerlyon zurücklegen, nur um den Wein mit seiner Liste
abzugleichen. Fünfzigtausend Pfund! Ich hatte eine Million für den Wein
gezahlt, und das war noch billig. Ich rief den Makler an und beschwerte mich.
    »Das kann ich kaum glauben«, sagte
mein Makler. »Ben Ingledew ist Master of Wine. Es würde mich sehr erstaunen,
wenn er Ihre Sammlung falsch beurteilt hätte. Aber kommen Sie besser her und
überprüfen Sie es selbst, wenn Sie seine Bewertung erhalten haben. Offenbar hat
er etwas übersehen.«
    Ein paar Tage später fuhr ich mit
dem Zug nach Newcastle und dann mit einem Taxi nach Caerlyon. Die Narzissen
blühten, bedeckten den vernachlässigten Rasen um das alte Haus herum. Der Hof
war moosbewachsen. Jemand hatte einen Stein gegen das Ladenfenster geworfen,
aber er war von dem Eisengitter, das ich hatte anbringen lassen, abgeprallt,
und die Scheibe hatte lediglich einen Sprung. Am Haus selbst hatte der
unbekannte Besucher mehr Erfolg gehabt, beide Küchenfenster waren völlig
zersplittert. Ich schloss die Haustür auf und rechnete damit, die Räume
verwüstet vorzufinden. Aber innen war alles unberührt, unversehrt, ungeliebt.
Die einzige Veränderung war ein Haufen Briefe »An den Hauseigentümer« auf der
Türmatte.
    Ich stellte mein Gepäck in der Küche
ab und drehte die Heizung auf. Dann holte ich die Schlüssel zu der Gruft aus
der Dose, in der ich sie versteckt hatte, und ging nach nebenan. Der Laden war
schmutzig und verwaist, aber im Schmutz auf dem Boden sah man Fußabdrücke, und
der Schreibtisch war aufgeräumt, Beweis, dass der Gutachter hier gewesen war.
Ich stieg die Treppe zur Gruft hinunter und knipste den Lichtschalter an.
    Im ersten Moment schien es so, als
hätten Ben Ingledews Worte meine Sicht getrübt. Was gab es hier mehr zu sehen
als nur ein paar Stapel Holzkisten und einige tausend staubige Flaschen mit
altem Wein? Ich stand auf halber Höhe der Treppe und sah hinunter in die große
Steinkammer, und sie kam mir verlassen vor, eine Ansammlung von Krimskrams,
zusammengewürfelt, wie

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