Bordeuax
Wasser halten, egal ob ich sonst noch Geld
verdiente oder nicht. Trotzdem würde ich mir, wenn es eben ging, einen Job
suchen. Was sollte ich sonst mit meiner Zeit anfangen?
Am nächsten Tag rief ich den Makler
an, der sich in meiner Abwesenheit um Caerlyon kümmerte. Er nahm meinen
Auftrag mit einiger Überraschung entgegen.
»Caerlyon verkaufen? Soll das ein
Witz sein?«
»Ganz und gar nicht. Was bringt es
mir schon? Ich fahre nie hin. Und nach dem, was passiert ist, werde ich da auch
nicht mehr wohnen.«
Der Makler zeigte sich versöhnlich.
Wahrscheinlich hatte er mittlerweile im Kopf die Courtage ausgerechnet, die er
bei so einem Verkauf einstecken würde. »Wenn Sie sich sicher sind, würden wir
selbstverständlich gerne für Sie tätig werden. Es könnte etwas dauern, weil das
Haupthaus an den Gemeinderat vermietet ist. Andererseits ist es ein günstiger
Vertrag.«
»Sehen Sie zu, was sich machen
lässt«, sagte ich. »Geben Sie mir Bescheid, wenn Sie wissen, was es Ihrer
Meinung nach einbringen könnte.«
»Wir erstellen ein Wertgutachten«,
sagte er. »Haben Sie schon Pläne, was mit dem Wein geschehen soll? Ich habe
gehört, es soll sehr viel sein. Sollen wir ein passendes Lager für Sie suchen?
In Ihrer Londoner Wohnung werden Sie kaum alles unterkriegen.«
»Verkaufen Sie den Wein gleich mit«,
sagte ich.
Das überraschte ihn noch mehr. »Ich
dachte immer, Sie wären ganz versessen auf Mr Blacks Weinsammlung«, sagte er.
»Das war ich auch«, sagte ich, »aber
leider muss sie aufgelöst werden, wenn ich das Haus verkaufe. Francis hat mir
gesagt, seine Familie hätte ihren Wein immer bei Christie's gekauft.
Beauftragen Sie jemanden von der Weinabteilung dort, der soll sich die Sammlung
ansehen und den Wert schätzen.«
Als ich den Hörer aufgelegt hatte,
war ich mit mir selbst im Reinen wie lange nicht mehr. Ich konnte kaum
glauben, wie entschlussfreudig ich war. Catherine wäre stolz auf mich gewesen.
Ich ging nach draußen und spazierte in der kalten Märzsonne durch den Green
Park. Ich hatte das Gefühl, als wäre ich ein anderer Mensch.
Auf meinem Spaziergang überlegte
ich, was Francis wohl dazu sagen würde, wenn er herausfand, dass ich den Wein
verkauft hatte. Natürlich war Francis tot, das war mir klar, aber es fiel mir
schwer, ihn einfach in die Dinge und Personen einzureihen, die ab jetzt der
Vergangenheit angehörten. Francis wäre vermutlich enttäuscht, wenn er erführe,
dass ich den Wein verkaufen wollte. Er hatte ihn mir anvertraut, zusammen mit
dem Haus. Es war vorgesehen, dass ich in Caerlyon wohnen und mich um den Wein
in der Gruft kümmern sollte, um die Sammlung, die sein Lebenswerk darstellte.
Den Verkauf konnte er durchaus als Verrat betrachten. Und er hatte ja recht, es
war ein Verrat. Andererseits blieb mir auch keine andere Möglichkeit, wenn ich
überleben wollte. Solange der Wein da war, würde ich seinen Verlockungen
erliegen.
Am nächsten Tag schrieb ich zehn
Briefe an verschiedene Softwareunternehmen und fragte an, ob sie Interesse
hätten, mich als Berater zu engagieren. Ich baute darauf, dass meine Reputation
in der Branche noch immer ausreichte, um ein positives Echo hervorzurufen.
Danach blieb ich am Schreibtisch sitzen und dachte, wie sehr sich Catherine
darüber gefreut hätte, wenn ich Arbeit finden und gleichzeitig mit dem Trinken
aufhören würde. Früher hatte ich nie getrunken. Erst nachdem ich Francis
kennengelernt hatte, war es mir zur Gewohnheit geworden.
Der Tag war vollständig ausgefüllt.
Ich räumte die Wohnung auf, die ein bisschen verkommen und schmuddlig aussah.
Zwar kam einmal die Woche eine Putzfrau, aber wenn man ihr nicht auf die Finger
schaute, blieb die Wirkung ihrer Arbeit eher oberflächlich. Ich steckte
Catherines Schmuck in ein Päckchen, als Reaktion auf einen Brief, in dem mich
ein Anwalt, der für die Eltern tätig war, um die Rückgabe bat. Ich schaffte
ihre Kleider aus dem Schlafzimmer, auch ihre Schminksachen, und hängte sie in
den Schrank im Gästezimmer, beziehungsweise verstaute sie in Kisten.
Erst abends wurde es schwieriger.
Jetzt, als alles Tagwerk verrichtet war, hätte ich zu gerne ein Glas Wein
getrunken. Ich spürte das Verlangen in mir, eine Flasche zu öffnen, es war wie
ein Jucken, wie ein Schmerz, wie ein brennendes Bedürfnis. Ich ging von Zimmer
zu Zimmer, redete mit Catherine, um mich von dem Gedanken an ein Glas Wein
abzubringen.
»Ich finde, unsere Ehe läuft jetzt
besser als je zuvor«, sagte ich zu ihr,
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