Bosmans/Deleu 01 -Nackte Seelen
nicht.«
Bosmans grinste, leerte sein Glas, fischte die Zitronenscheibe heraus und steckte sie in den Mund.
»Aber dann ist da etwas oberfaul, Jos.«
»Was willst du damit sagen?«
»Wenn wir davon ausgehen, dass er es war, der seinen Trabanten Harry Luyten um die Ecke gebracht hat, als der ihm zu gefährlich wurde, muss er ein Auto besitzen.«
»Warum?«
»Wie soll er die Leiche denn transportiert haben? Auf dem Fahrrad?«
»Hmmm.« Bosmans verzog das Gesicht und spuckte die Zitronenschale in den Aschenbecher. »Aber er besitzt wirklich keines. Sein Fahrzeug wurde vor acht Jahren, als er in diese Gemeinde überwechselte, abgemeldet, und seitdem wurde keines mehr auf seinen Namen angemeldet.«
Deleu spitzte die Lippen, schnappte wie ein Fisch nach Luft und stützte das Kinn in die Hand.
»Wirklich seltsam.«
»Ja. Aber die Gemeinde, in der er früher Pfarrer war, war viel größer. Das wäre eine mögliche Erklärung. Dort brauchte er ein Auto, hier nicht.«
»Wurde sein Auto denn später von einem anderen Besitzer wieder angemeldet?«
»Ja, von einem Mann in Hasselt, einem gewissen Malfait.«
»Gehe ich recht in der Annahme, dass Hermans auch auf deiner Verdächtigenliste ganz weit oben steht?«, fragte Deleu mit schalkhaft funkelnden Augen.
»Jeder, der in irgendeinem Zusammenhang mit den Zeugen und/oder Opfern steht, ist auf meiner Liste, Dirk. Aber du hast recht. Hermans war von Anfang an einer meiner Hauptverdächtigen.«
»Und warum hast du mir nie etwas davon gesagt?«
»Na, weil ich dachte, du würdest mich für verrückt erklären.«
»Hast du diesem Malfait mal auf den Zahn gefühlt, Jos?«
»Ja, ich glaube, er ist vernommen worden. Ich müsste in den Akten nachsehen. Soweit ich mich entsinne, konnte er sich an Hermans nicht mehr erinnern, und das Auto ist schon vor fünf Jahren verschrottet worden.«
»Ich würde mich gerne mit ihm unterhalten. Könntest du mir seine Adresse besorgen? Und ich möchte mich in Hermans’ ehemaliger Gemeinde umhören. Welche war es genau, Jos? Ich würde gerne mal den jetzigen Dorfpfarrer sprechen.«
Bosmans’ Handy summte, und er stieß einen unterdrückten Fluch aus.
»Bosmans. – Ja, Mijnheer Minister. – Nein, Mijnheer Minister. – Nein, davon hat Staatsanwalt Verspaille noch nichts erwähnt. – Wie bitte? Schon wieder dieser Deleu? – Ja, ich komme sofort zu Ihnen, Mijnheer Minister. – In die Wetstraat. In einer Dreiviertelstunde bin ich bei Ihnen.«
Bosmans rammte sein Handy in die Innentasche seiner Jacke, als wolle er es für immer zum Schweigen bringen, und schaute Deleu entnervt an.
»Verspaille hat schon Wind bekommen von deinen Eskapaden.«
»Mist, Jos, Josef Hermans hat natürlich Lunte gerochen und den Küster dazu bewogen, bei euch anzurufen. Jetzt muss alles ganz schnell gehen. Unglaublich schnell. Hast du den neuen Pastor in der ehemaligen Gemeinde von Hermans schon vernehmen lassen?«
»Bist du verrückt? Bei dem Medieninteresse? Ich habe lediglich recherchiert, in welcher Gemeinde er früher war.«
»Darf ich morgen mal mit dem Pfarrer reden?«
Bosmans zögerte, legte den Zeigefinger an die Nasenspitze und schloss die Augen. Deleu hielt den Atem an. Er kannte Bosmans in- und auswendig und wusste, dass er gerade intensiv mit sich rang.
»Du solltest eigentlich lieber auf Tauchstation gehen, Dirk. Wenn Verspaille dich findet und dir die Hölle heiß macht, musst du früher oder später entweder einen Meineid schwören oder mich mit hineinziehen. Aber …« Bosmans zögerte.
»Aber? Was aber, Jos?«
»Aber trotzdem legen wir jetzt los, alter Freund. Alles oder nichts. Ich lasse dir in Limburg freie Hand. Ich hoffe nur, dass du wirklich recht hast. Ich gehe jetzt erst mal den Minister beschwichtigen, dann frage ich den Küster persönlich, ob er wirklich Anzeige erstatten will. Bei der Gelegenheit versuche ich mal unauffällig herauszufinden, ob der Pastor ein Auto besitzt und wenn ja, was für eines und wo es steht. Wenn die Falle zuschnappt, muss sie hermetisch abgeriegelt sein. Für Fingerabdrücke ist es jetzt zu spät, die kriegen wir nie auf legalem Wege. Angesichts seines ›Berufs‹ und des beklagenswerten Ermittlungsstands kann so etwas Tage, ja Wochen dauern, und wenn er Unrat wittert, geht er uns durch die Lappen. Aber notfalls kampiere ich vor dieser Kirche, zwanzig hungrige Journalisten im Schlepptau. Versuch du, morgen in Limburg etwas Brauchbares herauszufinden. Wenn du etwas rauskriegst, ruf mich
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