Bote des Todes
Patrick aus, dass wir zu einem passenderen Zeitpunkt weiterreden.“ Er griff nach ihrer Hand. Moira ließ es zu, dass er sie kurz schüttelte, dann nickte er den anderen zu und verließ den Pub.
Moira fühlte Michaels Hände auf ihren Schultern. Sie waren kräftig und gaben ihr Rückhalt. Es kam kein Schuldgefühl auf, zu tief saß der Schock.
Sie reagierte mit einem schwachen Lächeln, ging dann aber zur Tür. Über den ins Glas geätzten Schriftzug
Kelly’s
hinweg sah sie hinaus auf die Straße.
Danny war nicht weit gegangen. Er stand auf der anderen Straßenseite und betrachtete die Tür des Pubs, dann die Straße bis zu der nächsten Ecke, um die man biegen musste, um Seamus’ Haus zu erreichen.
Während Moira ihn beobachtete, ging McGahey hinüber zu Danny, der ihn kommen sah. Zwar stand McGahey ihr im Weg, aber sie nahm an, dass sich die beiden Männer unterhielten. Dann gingen sie in verschiedene Richtungen davon, McGahey nach rechts, Danny zur Ecke. Moira hätte zwar die Tür aufmachen müssen, um zu sehen, wohin er sich wandte, doch das war gar nicht nötig. Sie wusste, dass er zu Seamus’ Haus ging.
Sie spürte, dass Michael wieder hinter ihr stand. „Sag mir, was ich tun kann“, sagte er leise. Er drehte sie um, damit er ihr ins Gesicht sehen konnte. Sie begann zu weinen. Die Tränen, die sie bislang erfolgreich zurückgehalten hatte, liefen ihr über die Wangen. „Schon gut, schon gut“, flüsterte er. „Klingt so, als wäre er auf eine ehrenvolle Weise aus dem Leben gegangen. Er hat ein gutes Leben geführt.“
„Er ist fort“, sagte sie nur und drückte ihr Gesicht an seine Brust. Michael war wie ein Fels in der Brandung. Sie spürte in ihrem Herzen, wie sehr sie ihn betrogen hatte. Er war hier bei ihr, während Danny aufgebracht irgendwo hinlief. Und Seamus …
Seamus und seine komischen Äußerungen. Jeff, der ihr gesagt hatte, dass die Leute den Mund halten sollten. Blackbird. Politiker. Gerede von einem Attentat. Seamus, Seamus, Seamus …
Seamus hatte Angst gehabt. Er hatte geredet, er war nervös gewesen. Und jetzt war er tot. Er hatte einem Freund helfen wollen, um dessen Leben zu retten. Dabei war er gestürzt.
Aber war er das wirklich?
Was, wenn …?
Seamus, wenn hier irgendetwas läuft, wenn hier etwas nicht stimmt, dann schwöre ich dir, dass wir erst ruhen werden, wenn wir die Wahrheit herausgefunden haben.
„Er ist fort, und du kannst ruhig weinen“, besänftigte Michael sie. „Du hast einen alten Freund verloren. Oh, Liebling, es tut mir so Leid. Im Pub bringe ich nicht viel zustande, aber im Moment ist ja noch so gut wie nichts los. Geh doch nach oben zu deiner Familie.“
Moira wich ein Stück zurück und sah ihn an. Sie legte ihre Hand auf seine Wange und schüttelte langsam den Kopf. Michael. Er verdiente es nicht … Nein, das musste warten. Seamus war fort. Die Tränen trübten ihren Blick. Michael hatte Recht. Sie brauchte etwas Zeit, um sich in den Griff zu bekommen. Sie sah an ihm vorbei. Chrissie war hinter dem Tresen und sprach mit Jeff. Sie hatte den Kopf gesenkt, Moira konnte sie schluchzen hören. Ihr Misstrauen begann die Oberhand zu gewinnen, verbunden mit einem Gefühl der Entrüstung und dem Verlangen, die Wahrheit ans Licht zu bringen.
Was immer diese Wahrheit auch sein mochte.
„Nein, Michael“, sagte sie. „Danke für den Vorschlag, aber ich habe meinem Dad gesagt, dass wir alles hier im Griff haben.“
„Du weißt, dass du ein Schild in die Tür hängen könntest. ‚Wegen Todesfall geschlossen‘“, schlug Michael vor.
Sie schüttelte den Kopf und löste sich mit einem schwachen Lächeln von ihm. „Das kann ich nicht machen. Das wäre nicht die Art, wie mein Vater damit umgehen würde. Es wäre nicht die irische Art. Seamus’ Freunde werden herkommen. Sie brauchen ihr Bier, und sie müssen von ihm sprechen. Mir geht es gut, wirklich. Danke. Würdest du auf das Pärchen dahinten achten? Ich werde Chrissie sagen, dass sie ein paar Minuten Pause machen soll. Die Band kommt gleich, also kann Jeff nicht aushelfen. Zum Glück ist es noch nicht so voll.“
Michael nickte, als würde er verstehen, dass sie in dieser Situation etwas tun musste. „Ich bin hier, wenn du mich brauchst“, versprach er.
„Du bist wirklich unglaublich“, sagte sie ihm.
„Danke.“ Er wollte sie allein lassen, drehte sich dann jedoch noch einmal zu ihr um. „Das ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, aber erinnere mich später daran, dass ich noch mit
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