Bote des Todes
starrer Blick ihm bewusst wurde. „Ich glaube, wir haben gute Arbeit geleistet. Du und Josh, ihr bekommt natürlich das Band zu sehen. Wir waren auch in ein paar Pubs, aber …“ Er verstummte, als ihm klar wurde, dass Moira sichtlich aufgewühlt war. „Sind wir zu spät? Haben wir irgendetwas verpasst?“
Danny war mit einem Mal völlig ernst. „Was ist los? Was ist passiert?“ fragte er.
„Seamus ist tot“, sagte Moira.
„Mein Gott“, flüsterte Danny. „Was ist passiert?“
„Seamus?“ fragte Michael.
„Der Freund von meinem Dad, du hast ihn kennen gelernt“, erklärte Patrick knapp.
Danny ging zu Eamon und hockte sich neben dem Stuhl hin. „Eamon, das tut mir so Leid. Geht es dir gut?“
„Ja, Sohn. Mir geht es gut. Er hat sein Leben gelebt, ein erfülltes und langes Leben. Hätte bloß länger sein können … nun, wenigstens hatte er schon ein schönes Alter erreicht. Trotzdem – es ist egal, wie alt jemand wird … wenn er weg ist, vermisst man ihn. Da ist diese Leere, weißt du?“
„Ja, Eamon“, erwiderte Danny. „Woran ist er gestorben. Ich weiß zwar nicht genau, wie alt er war, aber auf mich hat er einen gesunden Eindruck gemacht.“
„Ich werde es erzählen“, sagte Moira und stand auf. „Patrick wollte Dad eben nach oben bringen. Mum und Granny Jon und alle anderen wissen noch nichts davon.“
„Komm, Dad“, sagte Patrick leise.
Eamon stand auf. Moira fühlte, wie die Tränen ihr wieder in die Augen schießen wollten, als sie ihren Vater beobachtete. Mit einem Mal wirkte er alt. Der Verlust hatte ihn tief getroffen. „Dad, du gehst rauf. Du brauchst heute Abend Mum um dich.“
Eamon berührte ihre Wange, dann ließ er sich von Patrick durch das Lokal führen. Plötzlich blieb er stehen und sah sich um. „Danny?“
„Ja?“
„Du schmeißt heute Abend den Laden für mich, ja? Es werden die üblichen Gäste da sein, und du weißt, was du sagen musst. Wir werden ihm eine schöne Totenwache und Beerdigung bieten, aber jemand muss heute Abend mit seinen Freunden reden.“
„Ich kümmere mich darum, Eamon, versprochen“, erwiderte Danny.
Patrick und Eamon verschwanden ins Büro hinter dem Tresen. Danny sah Moira an. Auch wenn er einige Pubs hinter sich hatte, war er jetzt völlig nüchtern. „Was ist passiert?“
Moira betrachtete ihn aufmerksam. „Die Polizei sagt, dass der Mann, der im ersten Stock wohnte …“
„Kowalski?“ warf Danny ein.
„Ja. Offenbar hatte er einen Herzinfarkt. Vielleicht hatte er Seamus ins Haus kommen gehört. Er rief nach ihm, und in der Eile hat Seamus eine Stufe verpasst. Kowalski erlag seinem Herzinfarkt, und Seamus brach sich das Genick.“
Danny blickte einige Sekunden lang zu Boden. Moira sah, dass er die Lehne des Stuhls, auf dem vor wenigen Augenblicken noch ihr Vater gesessen hatte, so fest umklammerte, dass die Knöchel weiß hervortraten.
„Wann ist das passiert?“ wollte er wissen.
„Irgendwann in den frühen Morgenstunden.“
Danny blickte noch immer nicht auf. Sie konnte seine Augen nicht sehen, doch als er dann aufblickte, war es ihr nicht möglich, seinen Gesichtsausdruck zu deuten. Plötzlich schob er den Stuhl von sich und ging zur Tür.
„Wo gehst du hin, Danny?“ fragte Jeff.
„Du hast meinem Vater gerade eben versprochen, dass du heute Abend für ihn einspringst“, rief Moira.
Er blieb stehen, und erst nach einer scheinbar endlos langen Zeit drehte er sich um. „Das werde ich auch machen. Ich bin höchstens eine Stunde weg.“
Er wollte weitergehen, kehrte dann aber zum Tisch zurück.
Andrew McGahey hatte die ganze Zeit dabeigesessen und sich fehl am Platz gefühlt. Jetzt baute sich Danny vor ihm auf und herrschte ihn an: „Und wer zum Teufel sind Sie?“
„Danny!“ rief Moira erschrocken.
„Andrew McGahey, Irish Educational Charities“, sagte er kühl, reichte Danny aber nicht die Hand.
„Oh“, meinte Danny nur, sah den Mann noch einen Moment lang an und verließ dann den Pub.
Moira stellte fest, dass sie sich auf die Seite des Fremden schlug, dem sie vor kurzem selbst noch misstraut hatte. „Es tut mir sehr Leid, Mr. McGahey“, sagte sie. „Das ist nicht Dannys Pub. Er hat kein Recht, sich so zu benehmen.“
„Er hat den alten Seamus sehr gemocht“, sagte Jeff ruhig.
„Das ist schon in Ordnung, und bitte, sagen Sie doch Andrew zu mir“, gab McGahey zurück. „Bitte sprechen Sie Ihrem Vater und der ganzen Familie mein herzliches Beileid aus. Und richten Sie doch bitte
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