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Bote ins Jenseits

Bote ins Jenseits

Titel: Bote ins Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hauke Lindemann
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abspielte. In den Fenstern saßen ziemlich normal aussehende Gestalten, die ebenfalls nichts Engelhaftes an sich hatten. Sie schienen die gleiche Art Anzug zu tragen wie der Mann, der ihn hierher gebracht hatte. Sie trugen auch dieselbe professionelle Freundlichkeit in ihren Gesichtern, während sie sich mit den frisch eingetroffenen Seelen unterhielten.
    Fünf Personen waren noch vor ihm dran. Das war auch etwas, das er nie und nimmer mit dem Himmel in Verbindung gebracht hätte: Schlange stehen. Es entbehrte nicht einer gewissen Komik und veranlasste ihn zum ersten, von Herzen kommenden Lächeln seit – technisch gesehen – zwei Tagen.
    Kamp entspannte sich ein wenig und sah sich um. Erst jetzt bemerkte er, in welch multikultureller Gesellschaft er sich befand. Da waren Personen, die so mitteleuropäisch aussahen wie er. Er erkannte Asiaten und Afrikaner, Personen in pompös anmutenden Gewändern und auch solche von offensichtlich bettelarmer Herkunft. In seiner Reihe schien sogar ein Aborigine zu stehen, ein dunkelhäutiger Mann mit einem dichten Bart, nur bekleidet mit einem Lendenschurz und einem Kopftuch. Für ihn musste dies alles doch besonders verwirrend sein. Kamp hatte zwar keine Ahnung, welcher Art die Religion der Ureinwohner Australiens war, konnte sich aber nicht vorstellen, dass sie auch nur im Ansatz mit so etwas rechneten. Trotz allem stand der Mann sehr ruhig und geradezu aufreizend gelassen in der Reihe und wartete wie alle anderen.
    Der direkt vor ihm stehende Mann drehte sich zu ihm um. Er trug eine Uniform mit dem Hoheitsabzeichen eines Landes, das Kamp nicht zuordnen konnte, und wirkte noch unsicherer, als Kamp sich fühlte.
    »Ist das für Sie auch das erste Mal?«
    Kamp nickte.
    »Ziemlich beeindruckend, oder?«
    Kamp nickte erneut. Aus irgendeinem Grund hatte er jetzt keine große Lust auf Smalltalk. Ihm war mehr daran gelegen, in Ruhe all die neuen Eindrücke zu verarbeiten.
    Der Mann nickte ebenfalls.
    »Hatten Sie auch einen Unfall? Ich hatte ausgerechnet auf einer Brücke einen Reifenplatzer. Bin mit dem Jeep durchs Geländer geschossen und dann… tja. War ganz schön tief.«
    Dafür sah der Mann ausgesprochen gut aus. Erst jetzt fiel Kamp auf, dass niemand irgendwelche Verletzungen zu haben schien. Die streifte man anscheinend zusammen mit dem Körper ab.
    »Ich bin mir nicht ganz sicher, was mich umgebracht hat. Auf jeden Fall war es auch eine Art Unfall… eher ein Missgeschick.«
    »Oh!«
    »Ja.«
    Kamp gab sich kurz angebunden. Soweit es ihn betraf, war das Gespräch beendet. Der Soldat schien es, entgegen Kamps Vermutung, dass er ein wenig einfältig war, zu bemerken und drehte sich verlegen um.
    Kurze Zeit später wandte er sich ihm doch wieder zu.
    »Hören Sie, ich saß nicht allein in dem Jeep. Ein Kamerad, ein Freund von mir, hat mich begleitet. Ich würde gerne herausfinden, ob er auch hier ist. Würde es Ihnen etwas ausmachen, meinen Platz frei zu halten? Ich muss dafür nämlich ganz zum V rüber.«
    Kamp nickte. »Na klar. Viel Erfolg.«
    »Danke!«
     
     
    Die Abwesenheit des Soldaten bescherte ihm die Ruhe, die er sich wünschte. Er sah sich interessiert um und versuchte, aus all den Eindrücken ein paar vorsichtige Schlüsse zu ziehen.
    Nach einer Weile war die letzte vor ihm stehende Person an der Reihe. Von dem Soldaten war weit und breit nichts zu sehen. Wahrscheinlich hatte er seinen Freund gefunden und hielt es für angebracht, sich mit ihm ausgiebig über den Moment ihres Dahinscheidens auszutauschen. Das war dann natürlich Pech für ihn, denn er würde sich, wenn er nicht jeden Moment auftauchte, komplett neu anstellen müssen. Die Schlange war nicht gerade kleiner geworden, und Kamp war als Nächster dran. Wie es aussah, traf er zu einem günstigen Zeitpunkt ein, als gerade nicht allzu viel los war.
    Er hörte die vor ihm stehende Frau sagen: »Alles klar, ich kenne mich aus.« Sie warf ihm ein flüchtiges Lächeln zu und ging fort. Der Bote in dem Fenster starrte mit glasigem Blick durch Kamp hindurch und rief: »Der Nächste bitte!«
    Kamp trat vor und sah den Boten mit einer Mischung aus Neugierde und Unsicherheit an.
    »Ähm… mein Name ist Thore Kamp… Tja, da wäre ich.«
    Der Bote hatte tatsächlich die gleiche Art Overall an wie sein Kollege aus dem Fahrstuhl. Auch die Abzeichen auf seinen Oberarmen hatten die gleiche Farbe. Er fing an, zu tippen.
    »Thore mit H oder ohne?«
    »Äh, mit. Ihr habt hier Computer?«
    Der Bote machte einen letzten

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