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Bote ins Jenseits

Bote ins Jenseits

Titel: Bote ins Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hauke Lindemann
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es keine Wärme für ihn. Hätte er beim Kauf des Wagens doch bloß nicht auf die Standheizung verzichtet. Ein typischer Fall von »am falschen Ende gespart«.
    Es half alles nichts, er musste aussteigen.
    Bindernagel begann, das Innere seines Wagens nach so etwas wie einer behelfsmäßigen Waffe abzusuchen, irgendetwas, womit er einem möglichen Angreifer zumindest ein kleines bisschen Respekt abtrotzen konnte.
    In seinem Handschuhfach befanden sich nur das Bordbuch, ein paar Kassetten und ein angebissener Schokoladenriegel, der da schon mindestens ein halbes Jahr drin lag, zurzeit steinhart gefroren. Beides schied aus.
    Als Nächstes nahm er sich das Ablagefach in der Fahrertür vor. Neben zwei Straßenkarten klemmte der Eiskratzer. Er nahm ihn in die Hand, hielt ihn sich vor die Nase und schlug versuchsweise nach einem imaginären Feind. Nicht gerade Ehrfurcht gebietend.
    Bindernagel starrte den Eiskratzer an… und starrte… und starrte.
    Langsam drehte sich sein Kopf in Richtung des Ablagefachs. Sein Blick fiel auf einen schwarzen, konischen Griff mit einer roten Kappe am Ende. Er hatte das Gefühl, sich selbst von einem Punkt etwa einen Meter über seinem Kopf zu beobachten, als er danach griff und das Objekt hervorholte.
    Es war sein beschissener Schraubenzieher, und plötzlich fiel ihm alles wieder ein.
    Alles, was er hätte tun müssen, war darüber nachzudenken, wofür er seinen Schraubenzieher das letzte Mal benutzt hatte, nicht wo er das Ding das letzte Mal dabeihatte. Die Antwort war so verdammt einfach wie lächerlich, dass er hin- und hergerissen war, zwischen dem Bedürfnis zu lachen und laut zu schreien.
    Nachdem er das Auto seines Feindes manipuliert hatte, war er in Hochstimmung gewesen. Er war ein ruchloser Krimineller – aber ein verdammt guter! Was macht ein cooler Junge wie er, nachdem er sein übles Werk verrichtet hat und mit dem Auto zur Arbeit fahren muss?
    Richtig! Die passende Musik einwerfen.
    Wer nach einem derben Adrenalinkick noch nicht zu »Rock Is Dead« von Marilyn Manson Auto gefahren war, hatte ganz eindeutig eine große Erfahrungslücke in seinem Leben! Er wusste um diesen Rausch und würde das voll auskosten.
    Dummerweise war es ein schon recht altes Tape, und der Kassettenspieler hatte sich das Band mal wieder einverleibt, gerade in dem Moment, als Brian Warner »Amphetamines for boys and crucifixes for ladies« forderte.
    Bindernagel, immer noch voll auf Adrenalin, war rechts rangefahren, hatte den Schraubenzieher aus seinem Koffer geholt und das Band wieder eingedreht. Nichts und niemand würde sich jetzt zwischen ihn und Brians Kultgeschrei direkt aus der Gruft stellen.
    Irgendwann würde er das Tape neu aufnehmen müssen. Für den Moment hatte er aber nur dieses alte, und die Bandfressernummer passierte weiß Gott nicht zum ersten Mal. Es stand zu befürchten, dass sich dies auf dem Weg in die Innenstadt wiederholen könnte. Also war der Schraubenzieher erst mal in Griffweite in der Ablage gelandet – und dort liegen geblieben.
    Bindernagel konnte nicht fassen, dass er das vergessen hatte. Tagelang hatte er sich deswegen selbst zum Narren gehalten. Es war wirklich fast zum Lachen.
    Aber nur fast.
    Fakt war, dass er sich völlig umsonst in diese Situation gebracht hatte, in der er sich des illegalen Verhaltens schuldig machte und von einem nackten Mann, der ihm vor Tagesfrist schon einmal fast die Hosen runtergezogen hatte, dabei erwischt und schließlich verfolgt worden war. Der war jetzt aber plötzlich spurlos verschwunden und ließ ihn mutterseelenallein, bei Temperaturen um den Gefrierpunkt, mitten in der Nacht, in einer den Dienst verweigernden Karre, auf einem Parkplatz zurück. Konnte es noch dümmer laufen?
    Es konnte!
    Bindernagel unternahm einen weiteren Versuch, sein Auto zum Anspringen zu bringen. Nur der Anlasser, sonst nichts. Er sah sich im Rückspiegel fest in die Augen und war entschlossener denn je, todesmutig den Wagen zu verlassen, als er aus den Augenwinkeln bemerkte, dass eine Gestalt neben seine Tür getreten war und ihm keck ihr Gemächt präsentierte.
    Er war wieder da! Genau wie seine eigene Panik, die ihm sofort ein paar weitere Bemühungen um die Drehzahl seines Motors empfahl.
    Der nackte Mann beugte sich runter und grinste ihn böse an.
    Er hob seine linke Hand hoch. Sie enthielt einen Haufen Dreck und Unrat – wahrscheinlich von der Straße. Mit der anderen Hand zeigte er erst auf den Müll in seiner Hand, dann zum Heck des Wagens und

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