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Bote ins Jenseits

Bote ins Jenseits

Titel: Bote ins Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hauke Lindemann
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schüttelte in einer Geste tiefsten Bedauerns den Kopf.
    Der Arsch hatte ihm den Auspuff mit irgendwelchem Mist vollgestopft! Kein Wunder, dass das Auto nicht anspringen wollte.
    »Aussteigen! Wir müssen uns unterhalten«, befahl ihm der Nackte mit fester Stimme.
    Ziemlich unwiderstehlich, wie auch Bindernagel zugeben musste. Aber er hielt es trotzdem für keine gute Idee. Wenn einem ein nackter Mann in einer kalten Märznacht mitten in Köln befahl, das Auto zu verlassen, war man schlecht beraten, dem Folge zu leisten – selbst wenn man sich mit dem Betreffenden vorher keine Verfolgungsjagd geleistet hatte.
    Bindernagel schüttelte den Kopf und nahm den Schraubenzieher fest in die Hand. Eigentlich sollte er in seinem Wagen sicher sein und selbst wenn es noch so kalt werden sollte – der Typ da draußen war irgendwie noch schlechter dran, und irgendwann würde es ja auch wieder hell werden. Er glaubte, die Sache aussitzen zu können.
     
     
    Gregor sah an sich herunter und überdachte die Situation. Er war nackt, kein Zweifel. Wäre er an Bindernagels Stelle – nein, man konnte es dem Knaben eigentlich nicht verdenken, dass er sich nicht über Gebühr in Gefahr wähnte. Daran würde er etwas ändern müssen.
    Mit beiden Händen stützte er sich an der Dachreling ab, den Blick starr auf die den Parkplatz umsäumenden Bäumchen gerichtet, und wog seine Optionen ab. Er konnte versuchen, Bindernagel verbal davon zu überzeugen, dass es keinen Sinn machte, sich zu verweigern. Aber das konnte eine langwierige Geschichte werden, und so langsam, aber sicher gingen ihm die aktuellen klimatischen Verhältnisse nicht nur im übertragenen Sinne auf die Eier. Außerdem konnte eine kleine Demonstration überlegener physischer Stärke und absoluter Gleichgültigkeit in Bezug auf Schmerzen durchaus eine wünschenswerte Wirkung auf sein Opfer haben.
    Ein kurzer innerer Monolog, der ihn nicht lange aufhielt.
    Er stieß sich von der Reling ab, umrundete flink das Heck des Wagens, kam auf der Beifahrerseite zum Stehen – und zertrümmerte mit einem trockenen rechten Uppercut die Scheibe, als wäre sie aus wenige Millimeter dünnem Eis. Ein kurzer Zug an dem Knopf der Tür, ein nicht minder kurzer Zug am Türgriff, schon saß Gregor, mit einem ganzen Haufen kleiner Scherben in der Kimme, neben Bindernagel auf dem Beifahrersitz und grinste ihn, böser denn je, an.
     
     
    Bindernagel saß starr vor Schreck und blankem Entsetzen in seinem Sitz und hielt den Schraubenzieher weibischer, als es ihm recht sein konnte, an seine Brust gepresst. Er fühlte sich völlig außerstande, jetzt noch irgendetwas Sinnvolles zu tun, was seine Situation auch nur geringfügig zu verbessern versprach. Wie war das gerade noch? Die Sache aussitzen?
    »Hallo, Stefan, alter Freund! Sagte ich nicht, wir sehen uns wieder?«, fragte der Nackte kokett.
    Bindernagel registrierte ganz entfernt, dass er die Frage des Scheiben einschlagenden, nackten Wahnsinnigen mit einem langsamen Nicken beantwortete, und fühlte sich nicht mal mehr cool genug, um beim Bäcker um die Ecke ein Milchbrötchen zu kaufen. Seine Karriere als knallhartes, kriminelles Genie wurde gerade ziemlich unsanft beendet, und er war davon überzeugt, dass vorhin, bei Beginn der Verfolgungsjagd, sein letztes Stündlein eingeläutet worden war.
    Das bedeutete, er hatte nicht mal mehr sechzig Minuten!
    Was drückte ihm da so unangenehm in die Brust? Ah, der Schraubenzieher. Die Wurzel allen Übels.
    Bindernagel glotzte den Nackten mit angststarren Augen an und registrierte die perfide Neugierde in dessen Zügen. Und da war noch etwas. Offensichtlich amüsierte es den Arsch, Bindernagel dabei zu beobachten, wie er einen kompletten Honk aus sich machte.
    Sein Blick glitt kurz zu dem Schraubenzieher, wieder zurück zu Mister Freikörperkultur – und seine rechte Hand beschleunigte.
    Er hatte weder gezielt, noch über seine Attacke nachgedacht, aber jetzt war es zu spät. Der Schraubenzieher steckte in der linken Schulter des Nackten, als hätte er ein Stielwarzenproblem der ganz besonderen Art.
    Der Nackte schenkte dem bizarren Bild für einen kurzen Moment im gleichen Maße Aufmerksamkeit wie Bindernagel, nur dass es für ihn anscheinend eine weniger große Sache war. Seine Faust schloss sich um den Griff und pflückte den Schraubenzieher einfach wieder raus.
    Bindernagel war eindeutig beunruhigt, zum einen weil der Nackte den Schraubenzieher in der Hand behielt, zum anderen weil dessen Wunde nicht

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