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Boten des Lichts, Die Auserwählten (German Edition)

Boten des Lichts, Die Auserwählten (German Edition)

Titel: Boten des Lichts, Die Auserwählten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Víctor Conde
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leer.
    Ihre Klassenkameraden tauschten irritierte Blicke aus. Warum war ihre merkwürdige Wissensfürstin nicht da? Würde ihre wichtigste Geheimwaffe sie heute Abend im Stich lassen?
    »Okay, okay.« Velasco gab klein bei und heftete den Blick auf etwas, das über ihm schwebte. Vielleicht die letzten Überreste seiner Karriere. »Schon gut. Du hast gewonnen. Geh auf deinen Platz. Aber wehe dir, wenn du auch nur eine Aufgabe vermasselst«, warnte er sie.
    Tanya nickte. In einer der hinteren Reihen entdeckte sie ihre Eltern. Sie waren ganz aufgeregt und versuchten, die Kamera zu verstecken, mit der sie das ganze Spektakel filmen würden. Sie winkte ihnen zu, als sie über die Bühne ging und ihren Platz einnahm. Gelächter wurde laut, erstaunte Ausrufe und vereinzelt auch Beifall. Das Gelächter traf Velasco wie unzählige kleine Messerstiche mitten in die Seele, aber dem Mädchen schien es nichts auszumachen. Im Gegenteil, sie schien über die Meinung, die die Leute von ihr hatten, erhaben zu sein.
    Das Licht im Saal wurde gedämpft. Das Publikum verstummte, eine bleierne Stille legte sich über den Opernpalast.
    Der Spielleiter gab das Zeichen, und die Vorführung der Crème de la Crème beider Schulen begann.
    Das Mädchen mit der dunklen Haut glänzte im Schein der Straßenlaternen, so dicht stand ihm der Schweiß auf Gesicht und Armen. Einen Augenblick lang wurde es von den Scheinwerfern eines vorbeifahrenden Autos geblendet, aus dem laute Musik dröhnte. Der Wagen geriet ins Schleudern und fuhr dann unter alkoholisiertem Gelächter weiter.
    Am Himmel bildeten die Wolken eine Formation, die an das Auge eines Wirbelsturms erinnerte.
    Es konnte nicht mehr weit sein, das spürte die junge Frau deutlich, aber sie war praktisch am Ende ihrer Kräfte, und selbst wenn sie die Auserwählte noch vor ihren Feinden erreichte, hieß das gar nichts. Vielleicht würde sie gerade noch Zeugin ihres Todes werden, und das war’s dann. Sie musste sich so lange strikt an den Plan halten, bis etwas schiefging, und dann improvisieren.
    Die Wolken waren der Schlüssel. Das Auge formierte sich über einem Gebäude im nächsten Block, einer Art Theater, das hell erleuchtet war.
    »Hier ist es«, sagte sie zwischen zusammengebissenen Zähnen, »also los, es ist ganz nah …«
    Ein schrilles, unmenschliches Lachen drang von der anderen Straßenseite herüber. Sie hatte es sich nicht eingebildet: Sie waren da. Von einer plötzlichen Panik ergriffen, wirbelte sie herum und konnte ein paar Schatten ausmachen, die sie vom gegenüberliegenden Bürgersteig aus beobachteten. Es waren sechs schmale Gestalten, von der Dunkelheit wie von einem Glorienschein umgeben und unmöglich von ihr zu trennen. Sie hatten keine zusätzlichen Gliedmaßen, nur die üblichen menschlichen.
    Und sie starrten sie durchdringend an.
    Das Mädchen presste den Spiegel an die Brust und zwang seine schmerzenden Beine, sich noch schneller zu bewegen. Im Umkreis des Gebäudes befanden sich Leute: Passanten, Neugierige, vielleicht ein Sicherheitsbeamter. Wenn es jetzt laut genug schrie, würde man es hören, und der instinktive Impuls der meisten Sterblichen zu helfen, würde bewirken, dass ihm jemand beisprang.
    Aber nur, wenn ihm diese Scheusale nicht den Weg versperrten.
    Die junge Frau warf einen Blick über die Schulter. An der Stelle, wo sie eben noch die sechs Gestalten gesehen hatte, war niemand mehr.
    Verdammt.
    Sie wusste nicht wie, aber eine unbestimmte Zahl an Flüchen, Verwünschungen und Schmerzenslauten später erreichte sie die Freitreppe des Gebäudes. Über der großen Doppeltür hing ein gewaltiges Schild, auf dem in großen goldenen Lettern stand:
OPERNPALAST
HEUTE ABEND:
Große Gala des Wissens
WETTBEWERB DER HOCHBEGABTEN!
    Das Mädchen machte auf der untersten Treppenstufe halt, die Hände auf die Knie gestützt, als wäre es gerade einige Kilometer gerannt, und blickte die leere Straße hinunter.
    Von den Verfolgern gab es nicht die geringste Spur. Aber sie waren da, in unmittelbarer Nähe, das war das Einzige, worauf die junge Frau in dieser Situation ihren Kopf gewettet hätte.
    Ein Nachtwächter kam zu ihr herüber. »Alles in Ordnung, Señorita?«
    Seine Sprache war ihr in höchstem Maße unverständlich. Der Spiegel, der das Problem sofort erkannte, verbrauchte einen kleinen aber lebenswichtigen Teil seiner Essenz dafür, das Gehirn seiner Besitzerin mit sämtlichen Sprachen des Planeten zu füttern, selbst jene, die gemeinhin als tot galten, nur

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