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Bottini, Oliver - Louise Bonì 02

Titel: Bottini, Oliver - Louise Bonì 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Im Sommer der Mörder
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Kirchzarten, erzählt hatte.
    »Also Vorsicht, Luis.«
    »Ist er Alkoholiker?«
    Schneider wandte erschrocken den Blick ab.
    Sie schmunzelte. »Komm«, sagte sie.

    Riedinger war kaum größer als sie, doch doppelt so breit. Sein Gesicht war verschlossen, der Blick klar, die Iris hell. Nein, kein Alkoholiker. Sie wusste nicht, weshalb, aber der Gedanke beruhigte sie.
    Schneider stellte sie als »Kollegin« vor und sagte, sie hätten noch ein paar Fragen. Riedinger sagte, er habe keine Lust mehr, Fragen zu beantworten, er habe den ganzen Tag lang Fragen beantwortet. »Ich habe andere Fragen«, sagte Louise.
    Schneider sah sie überrascht an, Riedinger spuckte zur Seite aus.
    »Wo sind Ihre Kinder?«
    Riedinger lachte zornig auf.
    »Ihre Frau, Ihre Angestellten? Warum ist niemand mehr da?«
    »Luis«, sagte Schneider warnend.
    »Solche Fragen, Herr Riedinger.«
    Riedinger hatte aufgehört zu lachen. Seine runden Wangen waren rot, die Augen klein geworden. Irgendetwas an ihm oder in ihm schien zu vibrieren. Schneiders Hand lag plötzlich auf ihrem Arm und zog sie nach hinten. Sie begriff, dass beide Männer glaubten, sie wolle Riedinger provozieren, und dass er kurz davor stand, auf sie einzuschlagen. Sie hob eine Hand, winkte ab. Manchmal hatte sie beim Sprechen noch Schwierigkeiten, die alte, schroffe Louise und die neue, gelassenere zu koordinieren. Dann formulierte die alte Louise Gedanken, die der neuen durch den Kopf gingen.
    »Solche Fragen«, wiederholte sie, mit einem Mal ungeheuer müde. Doch da hatte Riedinger sich schon abgewandt und verschwand in der Dunkelheit.

    Schneider schwieg, bis sie in den Tunnel der B 31 kamen. Dann murmelte er vor sich hin: »Was für Fragen … Sind wir Psychiater? Wir sind doch Polizisten …« Louise hatte keine Lust, darauf einzugehen. Sie dachte an Riedinger, der in der Dunkelheit hinter ihnen in seinem Zorn hauste und niemanden mehr hatte, auf den er einschlagen konnte. Sie war davon überzeugt, dass irgendwo in seinem Kopf die eine Information gespeichert war, die sie brauchten, um einen ersten Schritt voranzukommen. Der Schuppen gehörte ihm, die Weide gehörte ihm, und das nicht erst seit ein paar Tagen. Selbst wenn er von dem Waffenlager wirklich nichts gewusst hatte: Er war die Verbindung zwischen dem Keller und denen, die den Keller benutzt hatten.
    Sie wünschte, sie könnte mit Reiner Lederle darüber sprechen.
    Brainstorming machen, ohne Gefahr zu laufen, für verrückt erklärt zu werden. Doch Lederle war irgendwo in Franken in einer onkologischen Reha-Einrichtung. Vor fünf Monaten hatte er gesagt, er werde gewinnen. Doch er hatte nicht gewonnen.
    Der Krebs war an einer anderen Stelle wiedergekommen.
    Wenige Tage vor ihrer Rückkehr war ihm ein Gallentumor samt Galle entfernt worden.

    Sie dachte noch an Lederle, als sie hinter Schneider die Treppe in den dritten Stock der Polizeidirektion hinaufging. Im Gang wurden ihre Schrittgeräusche von der tiefhängenden Decke verschluckt. Schneider schien darauf zu achten, dass er immer einen Meter vor ihr ging. Vor Bermanns Büro richtete er Krawattenknoten und Hemdkragen, als hätten die wenigen Stunden mit ihr seine äußere Erscheinung in Mitleidenschaft gezogen. Er klopfte, und sie traten ein.
    Almenbroich saß auf Bermanns Schreibtischkante. Er sah übermüdet aus. Vom Frühstückstisch nach Kirchzarten, am Vormittag zurück nach Freiburg zur allwöchentlichen Führungsbesprechung, anschließend erneut nach Kirchzarten, und das bei sechsunddreißig Grad Celsius. Aber er lächelte flüchtig, als er Louise sah. Die Strenge, mit der er sie vor knapp einem halben Jahr in den Krankenstand geschickt hatte, war einer distanzierten Milde gewichen. Auch er schien auf die Veränderungen an und in ihr zu reagieren. Ob als Mann oder als fürsorglicher Chef, wusste sie nicht.
    Bermann saß auf dem Schreibtischstuhl und drehte sich mit den Füßen hin und her. An dem kleinen Handwaschbecken stand Anselm Löbinger, der Leiter des Dezernats Organisierte Kriminalität. Er grinste Louise aus dem Spiegel an.
    »Haben wir das dann geklärt?«, fragte Almenbroich und stand auf.
    Bermann nickte, Löbinger sagte »Ja«. Bermann sah man die Verärgerung an, Löbinger nicht. Seit bekannt war, dass der Leiter der Inspektion I Ende des Jahres in Pension gehen würde, waren sie Konkurrenten – beide hatten sich für die Nachfolge beworben. Chef der Inspektion I zu sein hieß: Stellvertreter des Kripoleiters, fünf Dezernate führen, darunter

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