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Bottini, Oliver - Louise Bonì 02

Titel: Bottini, Oliver - Louise Bonì 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Im Sommer der Mörder
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Handynummer, am Ende seine Privatnummer.
    Almenbroich hatte gesagt, wenn Sie Unterstützung brauchen, kommen Sie zu mir, und nun kam sie zu ihm.
    »Ach, Louise«, sagte Almenbroich mit zerstörter Stimme.
    Er saß am Küchentisch, trank Kamillentee, kaute Vitamin-C-Taler, an Schlaf war nicht zu denken.
    »Gehen Sie nicht«, sagte sie, plötzlich den Tränen nahe.
    Almenbroich sagte nichts.
    »Gehen Sie nicht weg.«
    »Ach, Louise.«

    Sekunden verstrichen, ohne dass ein Wort fiel. Sie hörte schwerfällige, langsame Atemzüge.
    »Was brauchen Sie?«, fragte er schließlich.
    Sie berichtete von Mahr, Paul Feul, dem geflohenen Ehepaar aus Islamabad, den Amerikanern im Großen Tal, dass sie dorthin unterwegs waren ohne Verstärkung, dass sie nicht wussten, was sie erwartete. Sie brauchte eine Wärmebildkamera, mit einem Helikopter dran natürlich, sie lachte kurz, sie hatten doch ohnehin einen über Freiburg, der konnte doch einen kleinen Abstecher nach Süden machen, zwei-, dreimal über das östliche Große Tal fliegen, dann würden sie sehen, ob Marcel und die beiden Pakistaner da waren oder nicht.
    »Oder jemand anderes«, sagte Almenbroich.
    »So ist es immer.«
    Sie hörte ihn trinken, schlucken, atmen. »Ich kümmere mich darum«, sagte er dann.

    Sie informierte Thomas Ilic und Susie Wegener, die im Regen bei den Autos standen. Dann sagte sie, komm mal, Illi, und zog ihn mit sich. Sie hakte ihn unter, sagte, dass sie es nicht verkraften würde, falls ihm etwas zustieße, nicht schon wieder einen Kollegen verlieren, sie hatte doch erst vor ein paar Monaten Niksch verloren und Hollerer irgendwie auch, und Lederle war fort, und Almenbroich würde gehen. Thomas Ilic schwieg. Illi, sagte sie, wir wissen beide, dass du … dass du nicht … Jetzt sag doch endlich mal was, verdammt … Thomas Ilic sagte: Es ist nicht deine Entscheidung, Louise.

    22
    BÄUME GLITTEN VORÜBER, dahinter lag ein langgestrecktes Getreidefeld. Dann kamen wieder Häuser, ein paar Höfe, dann kam nichts mehr. Die vom Regen glänzende Straße wurde schmal, rechts und links dichtes Gebüsch, eine schwarze Wand, sobald die Scheinwerfer darüber geglitten waren. Sie hatten das Große Tal erreicht.
    »Hörst du?«, fragte Thomas Ilic.
    Sie nickte. Der Helikopter.
    Während sie der kurvigen, unbefestigten Straße langsam folgten, fragte sie sich, ob das, was sie tat, richtig war. Ob es verantwortungsbewusst oder verantwortungslos war.
    Es war nicht ihre Entscheidung. Aber trug sie die Verantwortung?

    Sie hielten auf dem Parkplatz am Fuß des Rappeneck und stiegen aus. Inzwischen regnete es in Strömen. Trotz des Geprassels waren die Rotorengeräusche deutlich zu hören. Sie blickte in den schwarzen Himmel. Die Geräusche veränderten sich nicht, der Hubschrauber schien hoch über ihnen zu stehen.
    Ein-, zweimal glaubte sie, die Positionslichter zu sehen. Aber das war natürlich Unsinn. Sie flogen ohne Licht und abgedunkelt, und der Suchscheinwerfer war auf Infrarotlicht geschaltet. Sie wollten vom Boden aus nicht gesehen werden.
    Wollten kein Ziel bieten.
    Thomas Ilic trat mit einem bunten Regenschirm neben sie.
    »Und jetzt?«
    »Warten wir, ob sie was finden.«
    Er nickte.
    »Wenn sie was finden, dann …« Sie brach ab. Das Geräusch entfernte sich.

    Ruft an, dachte sie. Aber sie riefen nicht an.
    Tausend andere Täler, tausend andere Verstecke.
    Ganz abgesehen davon, dass die Wärmebildkamera nicht durch Blattwerk sehen konnte. Blätter produzierten Wärme. Der Wald war eine mehr oder weniger geschlossene graue Fläche.
    Was sich unterhalb der Blätter befand, sah die Kamera nicht, selbst wenn der Hubschrauber unter die Sicherheitsmindesthöhe von fünfhundert Fuß gehen würde. Laubbäume ohne Blätter waren gut. Lichtungen, Schneisen, Lücken im Baumbestand. Da nahm die Kamera einen Menschen auch aus eintausend Metern Höhe deutlich wahr. Hier, über dem Wald am Rappeneck, hatte sie kaum eine Chance. Selbst wenn Marcel und seine Leute hier waren, würde sie sie womöglich nicht sehen.
    » Was dann?«, fragte Thomas Ilic.
    Sie zuckte die Achseln.

    Der Regen wurde immer stärker. Sie saßen wieder im Wagen, warteten, lauschten dem lärmenden Geprassel, teilten sich einen Müsliriegel aus Thomas Ilic’ Handschuhfach. Ihre Kleidung war feucht, klebte am Körper, stank nach Schweiß und Nässe. Sie hielt das Funktelefon in der Hand, auch das half nicht, sie riefen nicht an. Marcel im Großen Tal, was für ein idiotischer Gedanke, die Studenten

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