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Bottini, Oliver - Louise Bonì 02

Titel: Bottini, Oliver - Louise Bonì 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Im Sommer der Mörder
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ganzen Fläche ein, Flammen schlugen meterhoch nach oben. Dann gab es eine weitere Explosion, und Baudy wurde von der Druckwelle nach hinten gestoßen. Halbtaub kam er wieder auf die Beine. Mit dem schreienden Paul Feul auf der einen und Josef auf der anderen Seite stolperte er auf die Löschfahrzeuge zu. Im Widerschein der Flammen sah er, dass die Männer vom zweiten Rohr ebenfalls zu den Wagen rannten, und irgendwo im Durcheinander waren auch die Polizisten und Riedinger. Vor ihm erklangen hektische Rufe. Mehrere Stimmen brüllten durcheinander. Was sie schrien, verstand er nicht. Er öffnete und schloss den Mund, aber es wurde nicht besser.
    Wenige Meter von ihm entfernt lag der rote Verteiler am Boden, die beiden Rohre tanzten hin und her. »Wasser stopp!«, rief er. Niemand schien zu reagieren. Trotzdem versiegte das Wasser fast in derselben Sekunde. Er änderte die Richtung und eilte auf eines der Rohre zu. Da wurde ihm bewusst, dass Gubnik nicht unter den Männern war. Er blieb stehen, rief:
    »Gubby?« Zwei weitere Detonationen erfolgten, und jemand zerrte ihn zu Boden. Unvermittelt kamen ihm Riedingers Worte in den Sinn: Die Pforte zur Hölle.
    Dann waren Laute in seinem Kopf, die viel zu leise waren, als dass sie von außen hätten kommen können: ein hohes, verzweifeltes Wimmern.
    »Adam«, sagte Josef dicht neben ihm.
    Baudy versuchte, das Wimmern zu unterdrücken. Aber es stammte nicht von ihm.
    »Adam«, sagte Josef erneut. Sein Blick war auf die Brandfläche gerichtet, wo grelle Flammen hochschossen. Baudy fuhr herum. Unmittelbar vor den Flammen kniete Gubnik auf allen vieren, als wollte er über den Rand in den Keller, den es nicht gab, hinabblicken. Einzelne Flammen schienen nach ihm zu greifen, umhüllten seinen Oberkörper. Er trug keinen Helm mehr, seine Haare brannten. Kraftlos bewegte er ein Bein zur Seite, hob das Hinterteil an. Aber er kam nicht hoch. Sein Körper bewegte sich wie auf einem schwankenden Schiff hin und her. Seine Arme knickten ein.
    Erneut rief Baudy seinen Namen. Das Wimmern antwortete.
    Baudy sprang auf, doch ebenso schnell stand Josef vor ihm.
    Vier, fünf Hände packten und hielten ihn.
    Im selben Moment kippte Gubnik vornüber und verschwand im Flammenmeer.

    Eine knappe Stunde später war alles vorüber. Der Keller stand auf halber Höhe unter Wasser. Die Reste von Holzkisten, verbogene Metallteile, zersplitterte Bretter, verkohlte Planken trieben an der schwarzen Oberfläche. Gubniks Leiche im roten Schutzanzug. Nur der Helm fehlte.
    Baudy wandte sich ab.
    Er ging auf seine Männer zu, die vor den Löschfahrzeugen saßen. Mittlerweile war die Sonne ein Stück über den Horizont gekrochen. Der Keim der Hoffnung, der den Tod gebracht hatte.
    Noch immer trafen Einsatzkräfte von Kripo, Schutzpolizei und Feuerwehr ein. Auf dem Feldweg stand einer der Freiburger Branddirektoren im Gespräch mit Almenbroich, dem Leiter der Kripo, und Martin Andersen, Baudys Stellvertreter. Ein Lokalpolitiker, dessen Namen er sich nie merken konnte, Kirchzartens Bürgermeister, ein Staatsanwalt und Heinrich Täschle, der Leiter des Polizeipostens, befanden sich bei ihnen.
    Auch die ersten Reporter, Fotografen und Kamerateams waren mittlerweile da. Bereitschaftspolizisten hielten sie hinter den Absperrungen. Die Pressesprecherin der Polizeidirektion, die eine Leuchtweste mit der Aufschrift »Presse Polizei« trug, war bei ihnen. An der Brandfläche standen und knieten Leute der Freiburger Berufsfeuerwehr und eine Handvoll Männer in weißen Kunststoffanzügen. Hannes Riedinger sah er nicht.
    Vielleicht hatte ihn die Kripo weggebracht.
    Baudy dachte an Lew Gubniks letzte Worte. Was hat das Arschloch da gelagert? Das schwarze Wasser verbarg die Antwort.

    Vor seinen Männern blieb er stehen. Alle blickten ihn an, selbst Paul Feul, der auf der Seite lag, zusammengerollt wie ein Fötus. »Habt ihr seinen Helm?«
    »Nein«, erwiderte Josef. Er trug einen Verband um die rechte Schläfe. Auf der Wange darunter klebte getrocknetes Blut. Er berichtete, was passiert war. Gubnik war gestolpert, hatte den Helm verloren. Kniend hatte er sich um die eigene Achse gedreht. Offenbar hatte er für Momente nichts gesehen. Dann war er in die falsche Richtung gekrochen. Ein paar der Männer hatten Warnungen gebrüllt. Gubnik hatte sie nicht gehört.
    »Was machen die hier?« Josef deutete vage mit dem Kopf.
    Baudy hob den Blick. Der Branddirektor, der Leiter der Kripo, der Lokalpolitiker, der Bürgermeister.

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