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Boy 7

Boy 7

Titel: Boy 7 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mirjam Mous
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Keine Ahnung, ob ich einen Führerschein hatte. Ich wusste nicht einmal, ob ich schon sechzehn war. Vielleicht würde mir ein Licht aufgehen, wenn ich mich hinter das Steuer setzte. Ich krabbelte über die Schaltung hinweg und zwängte mich hinter das Lenkrad. Ich drückte erst das eine, dann das andere Pedal, aber welches jetzt Gas oder Bremse war ...
    Lara kam zurückgeschlendert. »Wolltest du abhauen?«
    Gestern hatte ich noch überlegt, ob ich den Wagen stehlen sollte. Wenn sie das wüsste ...
    »Wofür hältst du mich?«, fragte ich heftiger als beabsichtigt.
    »War nur ein Scherz.« Sie lehnte sich über die offen stehende Tür. »Willst du ein Stückchen fahren?«
    Es war eine Automatikschaltung, das machte es leichter. Und mir kam auf einmal eine tolle Idee: Wenn ich den Pick-up fahren konnte, dürfte ich ihn mir vielleicht ab und zu ausleihen. Dann könnte ich allein zu dem geheimnisvollen Gebäude fahren, diesen öffentlichen Fernsprecher in Flatstaff suchen und alle Schließfächer ausprobieren. Ein Auto bedeutete Freiheit und Unabhängigkeit. Wenn ich fahren könnte, würde die Welt auf einmal ein Stückchen kleiner.
    »Meinst du das im Ernst?« Meine Stimme hüpfte.
    »Warum nicht? Es gibt keinen Gegenverkehr und die Straße ist breit genug.« Sie ging schon um das Auto herum, nahm auf dem Beifahrersitz Platz und schlug die Tür zu. »Man muss sich schon ziemlich blöd anstellen, um hier einen Unfall zu bauen.«
    Ich startete und klammerte die Hände ums Steuer. Mein Körper war angespannt. Es fühlte sich ganz anders an als robben oder an einem Computer arbeiten. Ich war fast sicher, dass ich das noch nie gemacht hatte.
    »Auf D schieben«, half Lara.
    D wie drive, natürlich. Ich drückte ein Pedal. Das Gaspedal offensichtlich, denn wir schossen los! Es schlingerte ein wenig. »Nicht auf die Motorhaube schauen«, sagte Lara, »sondern weit vor dich.«
    Ich heftete meinen Blick auf die Streifen in der Ferne. Jetzt ging es besser. Ich gab noch ein wenig mehr Gas und wir glitten über die Straße. Es war der helle Wahnsinn – für kurze Zeit vergaß ich alles, ich war Ikarus und ich flog auf die Sonne zu.
    »Nicht so schnell.« Lara legte die Hände auf das Armaturenbrett. »So reicht es.«
    Ich ließ das Gaspedal los und trat widerwillig auf die Bremse. Mit einem Ruck blieben wir stehen.
    »Auf Neutral stellen«, sagte sie. »Oder auf Parken.«
    Das N oder das P also.
    Sie rollte die Augen. »Du hast sicher noch keinen Führerschein?«
    »Nein.« Wahrscheinlich nicht.
    Sie gab mir einen Klaps aufs Knie und ich fühlte mich wirklich wie ein armseliger Straßenköter.
    10
    Ich saß in meinem Zimmer und schrieb in mein Notizbuch. Das einzig Positive am vergangenen Tag war, dass ich wusste, wie ich mit einem Auto wegkommen konnte. Darüber hinaus gab es fast nur Dinge, die noch immer nicht geklärt waren und andere, die Geld kosten würden, wenn sie Erfolg haben sollten. Keine Ahnung, wo ich ein Nachtglas auftreiben sollte und zu welchem Preis. Laras Laptop konnte da helfen.
    Auf Socken überquerte ich den Treppenabsatz und drückte die Tür zu den Privaträumen auf. »Lara?«
    Keine Antwort. Vielleicht hatte sie den iPod auf den Ohren und hörte mich nicht. Ich ging weiter zu ihrem Schlafzimmer und klopfte an. Noch immer keine Reaktion. Ich lugte durch den Türspalt. Sie war nicht da, aber ihr Laptop lag auf dem Schreibtisch. Sollte ich ...
    Meine Füße waren schon drinnen.
    Zum zweiten Mal schaute ich mich in Laras Zimmer um. Wie würde meins wohl aussehen? Hingen dort auch Poster von Popsängern an der Wand oder war ich eher ein Baseball- oder Rugbyfan?
    Ich quälte mich nur selbst. Ich konnte grübeln, so viel ich wollte. In meinem Gedächtnis rührte sich nichts.
    Dann eben Laras Computer.
    Als ich ihn gerade nehmen wollte, sah ich, dass die oberste Schublade ihres Schreibtischs ein Stück offen stand. Dort lagen eine Rolle Klebeband, ein paar Stifte und ein Bürotacker. Ich wollte sie – eine Gewohnheitsgeste? – schon zuschieben, als mein Blick auf einen Fotorahmen fiel. Ein Mann und eine Frau. Laras Eltern? Warum hatte Lara sie in eine Schublade gesteckt? Ich konnte meine Neugier nicht bezwingen und zog den Rahmen heraus. Das Gesicht des Mannes war kantig, was durch das schwarze Gestell der strengen Brille noch betont wurde. Sein Arm lag um die Schultern der ernst blickenden Frau. Sie hatte schwarze, glatte Haare und den gleichen breiten Mund wie Lara.
    »Suchst du etwas?«
    Lara! Ich schrak

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