Boy 7
schlich an Büschen und Bäumen entlang zum Weg. Ich rannte das ganze Stück zum Auto, das zum Glück noch da stand.
Lara saß am Steuer und wartete. »Und?«
»Ich durfte nicht rein«, sagte ich, während ich den Rucksack losgurtete. »Das Gebäude ist bewacht wie das Weiße Haus.«
»Hast du denn nicht gesagt, dass dein Vater vielleicht dort arbeitet?«
»Wenig Gelegenheit dazu.« Ich glitt auf den glühend heißen Beifahrersitz.
»Der Wächter drohte mir gleich mit einer Anzeige, falls ich nicht schnell machte, dass ich wegkam.«
Sie schnallte sich an und startete den Motor. »Und deswegen hast du dich eine Weile im Gras auf die Lauer gelegt?«
Oh! Sie hatte mich natürlich gesehen.
»Ach«, murmelte ich möglichst lässig. »Einfach ein bisschen das Gelände sondieren.«
»Einfach.« Sie kicherte und lenkte scharf nach rechts. Der Weg war zu schmal, um in einem Rutsch zu wenden, also setzte sie ein Stückchen zurück.
Ein Hupkonzert ertönte.
Ein weißer Transporter! Wir wären fast dagegengeknallt.
»Jaja, Entschuldigung«, sagte Lara, als könne der Fahrer es hören. Mit feuerrotem Kopf manövrierte sie den Pick-up an die Seite.
Der Transporter fuhr sofort neben uns, so dicht, dass ich befürchtete, er wolle uns vom Weg drängen. Dann hielt er auf einmal an und das Fenster öffnete sich.
»Kannst du nicht aufpassen!«, rief der Fahrer wütend. Er trug eine weiße Jacke mit roten Buchstaben auf der Brusttasche.
Ich versuchte, sie zu entziffern. Coop und noch etwas.
»Es tut mir leid«, stammelte Lara.
»Ihr habt hier sowieso nichts verloren!« Er kurbelte das Fenster wieder hoch und brauste davon. Schade, dass keine Firmenadresse auf dem Transporter stand und die Fenster verspiegelt waren.
»Na toll«, murmelte Lara.
Das Nummernschild!
Zu spät. Durch die Staubwolke war nichts mehr zu erkennen.
»Auf seiner Jacke stand Coop und noch etwas«, sagte ich. »Kennst du eine Firma, die so heißt?«
»Irgendwas mit Cooperation?« Lara zuckte die Schultern. »Von denen gibt es viele.«
Mein Kopf ähnelte einem Wespennest. Es summte nur so vor Fragen. Gehörte der Transporter zu dem Gebäude? Warum hatte ich nirgends den Namen des Unternehmens gesehen? Weder auf dem Gebäude noch auf den Schildern. Und dann diese Warnung vor der Strahlengefahr und der bewaffnete Wächter mit seinem Hund. Ich spürte es in allen Knochen: Hinter diesem Zaun geschahen schlimme Dinge. Und wie kam das Foto in meinen Rucksack? Es gab nur eine einzige Möglichkeit, das herauszufinden. Ich musste tatsächlich zurückkommen. Nicht tagsüber, sondern nachts, dann würden sie mich weniger schnell orten können. Mit dem richtigen Werkzeug und einem Nachtglas. Bloß – wovon sollte ich das bezahlen?
Ich dachte an das Schlüsselchen in meiner Hosentasche und auf meiner Netzhaut erschien ein Schließfach voller Geldscheine. »Können wir auch noch kurz nach Flatstaff fahren?«
»Ich gehe nicht schon wieder mit dir Pizza essen«, sagte Lara gespielt böse.
Ich zwang mich zu einem Lachen, was nicht ganz gelang. »Nein, zur Bank.« Ich fischte den Schlüssel aus meiner Hosentasche. »Das hier habe ich auch zwischen den Adoptionsunterlagen gefunden. Ich glaube, es gehört zu einem Bankschließfach.«
»Ein Schließfach!«, rief Lara. »Warum hast du das nicht früher gesagt?«
Wir begannen bei der Bank of America.
Hinter dem Schalter saß eine Frau mit zuckerstangenrosa Lippen und toupierter Frisur. »Womit kann ich helfen?« Wenn sie lächelte, sah sie aus wie Daisy Duck.
Ich zeigte ihr den Schlüssel. »Gehört der zu einem der Schließfächer?«
Ihre Mundwinkel bekamen sofort ein Problem mit der Schwerkraft. »Dann gehört dieses Schlüsselchen jedenfalls nicht dir. Sonst wüsstest du, dass es nicht von unserer Bank ist.«
Ich wusste genug, aber sie war noch lange nicht fertig.
»Du kannst das nicht einfach so behalten«, sagte sie. »Wo hast du es gefunden?«
Aus den Augenwinkeln sah ich einen uniformierten Mann auf uns zukommen. Ich fasste Lara am Arm und zerrte sie mit.
Bei der Royal Bank of Scotland entschied ich mich für eine andere Vorgehensweise.
»Ich möchte gern an mein Schließfach«, sagte ich, ohne den Schlüssel vorzuzeigen.
Der picklige Bankangestellte hielt die Hand auf: »Personalausweis.«
Ich hatte größte Lust, ihn über den Schalter zu ziehen und ihn auf der Stelle zu würgen. »Den habe ich vergessen.«
»Tut mir leid, dann kann ich dir nicht helfen.« An mir vorbei wandte er dem nächsten
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