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Boy 7

Boy 7

Titel: Boy 7 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mirjam Mous
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Händen, sodass sie mit einem Knall zu Boden fiel. Die Flüssigkeit floss heraus und fraß sich in das Linoleum. Louis schrie, weil ihm die Arme auf den Rücken gedreht wurden. Ich hätte aus der Toilette springen müssen, um ihm zu helfen, aber plötzlich kamen aus dem Nichts zwei Weißkittel mit einer Injektionsnadel und einer Krankenliege herbeigerannt und ich blieb, wo ich war, und rührte keinen Finger, aus dem simplen Grund, weil ich meine Finger nicht einmal mehr finden konnte. Keine zehn Sekunden später fuhren sie an mir vorbei, Louis auf der Krankenliege wie eine schlaffe Stoffpuppe. Ich biss mir die Haut von den Knöcheln und heulte lautlos.
    Noch mehr Weißkittel. Sie öffneten die Tür ins Freie sperrangelweit, um die Halle zu lüften, und gossen eimerweise Wasser über den Boden. Es dauerte mindestens eine Stunde, bis sie entschieden, dass jetzt keine Brandgefahr mehr bestand, und die ganze Zeit stand ich da herum und wartete zähneklappernd, während mir unablässig durch den Kopf ging: Louis kann mich jeden Moment verraten und dann bringen sie mich auch auf die Krankenstation.
    Sobald Ruhe eingekehrt war und der Nachtwächter wieder seinen Platz eingenommen hatte, bin ich in unser Zimmer geflüchtet. Ich habe alle Sachen in der Zimmerdecke verborgen und wenig später doch wieder das Notizbuch zum Vorschein geholt. Schreiben, um nicht ganz den Verstand zu verlieren. Schreiben für den Fall, dass sie mich holen kommen und ich morgen nicht mehr weiß, was passiert ist. Armer Louis. Wann würden sie ihn zurückbringen? Ich habe Angst, dass er dann nicht mehr er selbst ist.
    9
    Trotz meiner Angst und Sorge war ich so müde, dass ich doch noch einschlief, während es bereits hell wurde. Als ich nach dem Morgensummton die Augen öffnete, lag Louis wieder im Bett über mir.
    »Louis!« Ich rüttelte ihn wach. »Was hast du ihnen erzählt?«
    »Louis?« Er sah mich verständnislos an. »Wer?«
    »Louis, so heißt du!«
    »Wovon redest du? Ich heiße Six und du bist Seven.« Er lachte ein wenig schräg und nicht von Herzen. »Du machst einen Scherz?«
    »Überhaupt nicht. Die Weißkittel! Wollten sie denn nicht wissen, wie du auf diesen Flur gelangt bist?«
    »Flur?«
    Ich berichtete von unseren nächtlichen Erlebnissen, aber mit jedem Satz wurde Louis’ Gesichtsausdruck ungläubiger und meine Worte matter. Schließlich gab ich es auf.
    Er wuschelte sich durch die Haare. »Das hast du bestimmt geträumt.«
    Es war wie bei Four. Der konnte sich am nächsten Tag auch an nichts erinnern.
    »Fühl mal hinter dein rechtes Ohr«, sagte ich.
    »Wieso?«
    Bevor er aufmucken konnte, schob ich seine Haare zur Seite. Und ja, dort war ein Knubbel!
    »Ich glaube, das ist ein Mikrochip mit einem Sender«, sagte ich. »Damit dich der Nachtwächter im Auge behalten kann.«
    Louis lachte, als sei ich nicht ganz richtig im Kopf.
    Ich tastete die Haut um mein rechtes Ohr ab. Da war eine Verdickung! Ich drückte mit dem Zeigefinger auf die kleine Erhebung, vielleicht konnte ich spüren, ob es ein Sender war. Es war, als hätte ich an einem faulen Zahn gesaugt, denn sofort zuckte ein stechender Nervenschmerz durch meinen Kopf. Ich flog fast an die Decke und zog schnell die Hand zurück. Der Schmerz bohrte noch ein Weilchen nach und dann war er weg. Ich wagte es nicht noch einmal und im Übrigen wusste ich schon genug: Die Begegnung mit Jones und Lara war bestimmt kein Zufall gewesen. Sie hatten mich über den Sender aufspüren können! Was wollten sie von mir? Und warum hatten sie mich nicht in die Einrichtung zurückgebracht?
    Den ganzen Tag erwartete ich, dass mich die Weißkittel aus dem Unterricht holen würden. Sie mussten Louis doch verhört haben: Wie bist du aus deinem Zimmer entkommen? Wo ist dieser Pass geblieben?
    Aber es war ein Tag wie jeder andere. Die Weißkittel taten, als wäre nichts passiert, und eine zusätzliche Zimmerkontrolle blieb aus.
    Vielleicht hatte er sein Gedächtnis schon verloren, bevor sie ihn befragen konnten.
    Louis ist sehr still und gelassen. Ich versuche immer mal wieder, mit ihm zu reden, aber sein Gehirn ist voller Löcher. Er glaubt, dass die Weißkittel eine Art Wohltätigkeitsarbeiter sind, die nur das Beste mit uns vorhaben. Wenn ich ihn davon überzeugen will, dass wir ja gerade fliehen wollten, weil das Gegenteil der Fall ist, reagiert er verwirrt und voller Panik. Den alltäglichen Ablauf erkennt er noch, aber unsere nächtlichen Ausflüge hat er vergessen.
    Heute Nacht träumte ich,

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