Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Boy 7

Boy 7

Titel: Boy 7 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mirjam Mous
Vom Netzwerk:
auf einem losen Blatt, das mit Klebeband im Notizbuch befestigt war. Wahrscheinlich hatte Louis es vom Monitor abgeschrieben, denn das war nicht meine Handschrift.
    Projekt RFID
    Boy 1
    Aufnahme 01.08.
    Behandlung 10.09., Nebenwirkungen: Zittern und Angstausbrüche; Änderung 22.09., Zittern größtenteils verschwunden, aber noch immer Angstausbrüche
    Neue Behandlung 22.10., scheint erfolgreich
    Kontrolle 01.11., reagiert gut auf Steuerung
    Kontrolle 13.12., Verhaltensänderung, kaum noch Steuerung notwendig, bereit für Außentest
    Außentest 17.12., angepasstes Verhalten
    Außentest 28.12., angepasstes Verhalten, bereit für Auftrag
    Auftrag 10.01., erste Kontaktaufnahme mit A.
    Auftrag 17.01., Mission verläuft gut
    Auftrag 18.02., Betriebsunfall
    Daneben war ein Foto eines Jungen mit abstehenden Ohren und rotblonden Haaren. Sein Scheitel war kerzengerade, wie mit dem Lineal gezogen. Und obwohl er die gleiche Einrichtungskleidung trug wie wir, sah er aus wie ein ordentlicher Internatsschüler.
    »Betriebsunfall?«, fragte Louis heiser. »Ich dachte, er sei entlassen worden.«
    Boy One war nie von seiner Mission zurückgekehrt. Vielleicht hatte ich auch einen Betriebsunfall erlitten und dabei mein Gedächtnis verloren!
    Von jedem Boy gibt es eine Akte mit Daten und Beschreibungen. Sogar der Exorzisten-Zwischenfall von Two steht darin: Komplikationen nach Sturz vom 24.03., am selben Tag noch erholt.
    Ich war dabei gewesen, als Two gegen die Tischkante geknallt war. Im März, Augenblick mal, jetzt war es August, also hatte ich – ich zählte die Monate an den Fingern ab – fast ein halbes Jahr in dieser Einrichtung verbracht. Die Behandlungen wurden natürlich auf der Krankenstation durchgeführt, aber was ich mir unter dem Außentest und diesen Aufträgen genau vorzustellen hatte ...
    Und wofür stand die Abkürzung RFID?
    In den Akten fast aller Jungs steht in etwa das Gleiche. Die Aufnahmen und Behandlungen hatten mit immer kürzeren Pausen nacheinander stattgefunden, die Nebenwirkungen wurden immer weniger schlimm und bei Boy Four waren sie sogar komplett verschwunden. Meine eigene Akte war noch leer, nur das Aufnahmedatum war angegeben, aber bei Louis ...
    Behandlung 07.05. schrie uns der Text auf dem Schirm entgegen. Ich spürte, wie Louis neben mir erstarrte. »Das ist schon in vier Nächten. Ich muss hier weg!«
    Wir haben alle Akten auf den USB-Stick kopiert. Als wir wieder raufkamen, war das Zimmer des Nachtwächters leer. Die Wanduhr zeigte zwei Minuten nach zwölf.
    »Sicher wieder Zeit für einen Kaffee«, sagte Louis.
    Ich schaute auf den Monitor mit dem Grundriss der oberen Etage. In den Schlafzimmern flackerten nicht drei Pünktchen wie beim letzten Mal, sondern vier. Genau die Anzahl der Jungen, die bereits behandelt worden waren!
    Während wir frische Luft schöpften, wehte der Wind Fours Haare auf. Da sah ich, dass er genau so eine knubbelige Warze über seinem Ohr hat wie Three! Ich habe sofort bei mir nachgefühlt, aber ich habe keine und Louis auch nicht.
    Noch nicht.
    Digital Boy. Ich glaube, die Sender stecken nicht in ihrer Kleidung, sondern in ihrem Körper.
    8
    Wir haben noch drei Nächte zur Vorbereitung unserer Flucht. Danach ist Louis höchstwahrscheinlich auch ein flackerndes Pünktchen und dann können wir es vergessen.
    »Wir müssen diesen Nachtwächter sowieso ausschalten«, sagte er. »Und seine Alarmschnur mitnehmen, damit er keine anderen Weißkittel warnen kann.« Er klapperte mit dem Schlaftabletten-Döschen. »Aktionspunkt eins: herausfinden, wo er seinen Kaffee holt.«
    Ich dachte an die Stacheldrahtrolle. »Aktionspunkt zwei: eine Zange klauen, um den Zaun durchzuschneiden.«
    »Wir brauchen auch Geld, damit wir die ersten Tage überstehen.« Louis saugte an seiner Unterlippe. »Bares, meine ich. Wenn wir eine Kreditkarte benutzen, können sie herausfinden, wo wir sind.«
    Dass er an all diese Dinge dachte!
    »Zur Not laufe ich nach Hause«, sagte ich. »Das kostet nichts.«
    »Bist du wahnsinnig?« Louis schüttelte den Kopf. »Bei deinen Eltern suchen sie dich als Erstes. Nein, wir müssen uns eine Weile bedeckt halten, bis die Weißkittel es aufgeben.«
    Er hatte schon wieder recht.
    Ich versuchte, den Kloß in meinem Hals hinunterzuschlucken. »Okay.«
    Louis hat einem Weißkittel den Geldbeutel entwendet, einen Schein herausgenommen und das Portemonnaie wieder zurückgesteckt. Das fällt weniger auf, als wenn er den gesamten Inhalt mitgehen ließe. Wir haben es

Weitere Kostenlose Bücher