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Boy 7

Boy 7

Titel: Boy 7 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mirjam Mous
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schmuggeln.
    Die Weißkittel nahmen mich zuerst mit zu Dishes, einem Lokal mit argentinischem Rind als Spezialität. Die Bestellung, das oberflächliche Gespräch beim Essen ... Ich kann mich noch wortwörtlich an alles erinnern, und auch daran, dass wir danach wieder in den Transporter stiegen und wegfuhren.
    Aber von dem Moment an war die Aufnahme für mich ebenso neu und überraschend wie für jemanden, der es nicht selbst erlebt hatte.
    Von hier an also:
    WWk: Halt mal an. Hier ist das Signal stark genug.
    Ich: Welches Signal?
    Der Motor erstirbt.
    WWk: Okay, wir setzen uns nach hinten in den Transporter.
    Ich (ängstlich): Wieso?
    Geräusch einer sich öffnenden Autotür.
    WWk: Beweg dich mal etwas fixer, du bist doch keine Wachsfigur.
    Ich: Was machen wir?
    WWk: Ich nichts, du.
    Tür schlägt zu. Schritte. Seitentür wird aufgeschoben.
    Ich: Was ist das denn? All diese Geräte und Monitore! Seid ihr vom Geheimdienst oder was? Ich habe mal so einen Spionagetransporter in einem Film gesehen. Die parken vor einem Haus und beobachten alles. Heimlich filmen, abhören ...
    WWk: Du wiederholst dich.
    (Ich vermute, dass ich früher schon in dem Transporter gewesen bin und genauso reagiert habe. Wahrscheinlich während meines zweitägigen Ausflugs.)
    Tür wird zugeschoben.
    WWk: Wir sind nicht zum Spionieren hier. Du sollst deinen Auftrag zu Ende bringen.
    Ich: Meinen Auftrag?
    WWk: Du hast es geschafft, in die Zitybank einzudringen und die Website zu kopieren. Tausende arglose Internetnutzer haben mittlerweile auf einer Neppsite ihre Codes eingegeben und jetzt werden wir ihre Konten plündern.
    Ich: Phishing? Du bist wohl verrückt?
    Schweigen.
    Ich: Das ist sicher ein Test? Ihr wollt nur checken, ob die Behandlung angeschlagen hat? Nun, ihr könnt beruhigt sein. So was mache ich ganz bestimmt nicht mehr.
    WWk: Oh doch. Was glaubst du denn, weshalb dich die Cooperation ausgewählt hat?
    Ich: Oh nein! Cracken zum Spaß, okay. Aber ich werde unschuldigen Leuten kein Geld stehlen!
    (Ich nehme an, dass der weibliche Weißkittel hier die Alarmschnur benutzt.)
    Ich: Was soll ich machen?
    WWk: Du schleust das Geld der Kunden weiter auf dieses Konto auf den Bahamas.
    Ich: Und das läuft vermutlich auf euren Namen, ja?
    WWk: So dumm sind wir nicht. Das Konto gehört dem Direktor der Zitybank. Das Geld verschwindet nachher auf mysteriöse Weise, der Direktor wird verurteilt und das Geldinstitut geht bankrott. Oder zumindest fast, denn dann kommt CooperationX und übernimmt die ganze Chose und alle sind dankbar und erleichtert.
    Für einen Augenblick war ich wieder in der Zitybank, als ich mit Lara das Schlüsselchen an den Schließfächern ausprobiert hatte. Die Menschenmenge an den Geldautomaten und die Angestellten, die ihre Kunden beruhigen mussten ... das war alles meine Schuld! Was hatten sie noch im Radio gesagt? Direktor der Zitybank des Betrugs verdächtigt ...?
    Die Leute mussten so schnell wie möglich erfahren, dass der Direktor unschuldig war!
    Aus dem Rekorder kam nur noch das monotone Brummen elektronischer Geräte, ab und zu begleitet von einem leisen Tippen (meine Finger auf der Tastatur nehme ich an) und Geraschel. Aber es wurde nicht mehr gesprochen.
    Irgendwie habe ich eine gewisse Bewunderung für die Weißkittel. Ich meine, so ein Transporter, das ist wirklich die perfekte Methode. Ein bisschen herumfahren, bis man in die Nähe eines Hauses oder eines Gebäudes mit WLAN gelangt, wo das Signal stark genug ist zum Mitsurfen. Indem sie die Computer an immer anderen Orten Verbindung aufnehmen lassen, ist die Wahrscheinlichkeit, erwischt zu werden, praktisch null. Und falls doch jemand Unheil wittert und Untersuchungen anstellt, landen sie nicht bei ihnen, sondern bei dem, auf dessen Namen die Internetverbindung läuft.
    Ich erschrak, als wieder eine Stimme aus dem Rekorder kam.
    WWk: Schön, jetzt diese noch.
    Ich sah auf einmal vor mir, wie ich den Rest meines Lebens dazu gezwungen würde, Trojaner, Würmer und andere Viren herzustellen. Wie ich für immer und ewig Mailboxen knacken und Netzwerke lahmlegen müsste.
    »Wenn ich hier je wegkomme, fasse ich nie mehr einen Computer an«, sagte ich zu Louis.
    Wir schwiegen wieder und lauschten dem sanften Summen.
    »Welche Aufträge wohl die anderen bekommen?«, fragte Louis leise.
    Bei ihm selbst konnte ich mir alles Mögliche vorstellen: wichtige Papiere aus einem Schließfach entwenden, Geld stehlen, Fotos von Geheimakten machen und sie wieder zurücklegen,

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