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Boy Nobody: Ich bin dein Freund. Ich bin dein Mörder. (German Edition)

Boy Nobody: Ich bin dein Freund. Ich bin dein Mörder. (German Edition)

Titel: Boy Nobody: Ich bin dein Freund. Ich bin dein Mörder. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allen Zadoff
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ich ihr heute Morgen in der Schule vorgeschlagen habe, dass wir doch bei ihr zu Abend essen könnten. Hatte sie das Ganze etwa inszeniert?
    Warum habe ich nichts gemerkt?
    »Sie wissen, dass meine letzte Amtszeit in wenigen Monaten zu Ende geht«, sagt der Bürgermeister.
    »Ich habe darüber gelesen.«
    Ich werfe einen Blick in Richtung Küche. Nichts rührt sich.
    »Ich habe ein Angebot bekommen für eine Aufgabe, die, sagen wir mal, eine etwas andere Größenordnung hat«, fährt der Bürgermeister fort.
    »Ein neuer Job?«
    »So was Ähnliches. Wenn ich das Angebot annehme, kommen jedenfalls große Veränderungen auf uns zu. Vor allem auf Sam.«
    Ein neuer Job. Verstärkte Sicherheitsvorkehrungen.
    Irgendwas ist im Gang, etwas, das mit meinem Auftrag zusammenhängt. Aber das spielt jetzt keine Rolle mehr. Jetzt, wo ich so kurz vor dem Ziel bin.
    »Und wo komme ich ins Spiel?«
    »Ich möchte, dass Sie sich ein bisschen um Sam kümmern.«
    »Sie hat jede Menge Leute, die sich um sie kümmern.«
    »Ich weiß, dass sie Freunde hat«, sagt der Bürgermeister. »Aber ich meine etwas anderes.«
    In diesem Moment macht es
klick
und das Licht geht aus.
    »Was ist denn das?«, fragt der Bürgermeister.
    Sofort schrillen bei mir sämtliche Alarmglocken.
    »Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!«, ruft Sam aus dem Esszimmer, während die Küchentür quietschend in den Angeln schwingt.
    »Bringen wir’s hinter uns, Ben«, sagt der Bürgermeister augenzwinkernd.
    Er erhebt sich rasch und drückt seine Zigarette aus. Den Aschenbecher stellt er zurück in die Schublade.
    Der Bürgermeister ist jetzt nur eine Armlänge von mir entfernt. Ich kann ihn in der Dunkelheit spüren, höre seinen Atem.
    Er streckt die Hand nach mir aus und berührt meine Schulter. Er flüstert mir ins Ohr: »Wir reden später weiter. Aber bitte kein Wort darüber zu Sam.«
    Sam kommt uns, von flackerndem Kerzenlicht umgeben, mit einer Torte in der Hand entgegen.
    »Was für eine wunderbare Überraschung!«, sagt ihr Vater.
    Unsere Seite des Raums liegt im Dunkeln. Die andere wird vom Schein der Kerzen erleuchtet.
    Sam fängt an zu singen.
    Wir gehen auf sie zu, der Bürgermeister hat den Arm lässig um meine Schultern gelegt. Unsere Körper sind so dicht nebeneinander, dass ich überlege, es ihm gleichzutun.
    Bring es zu Ende. Jetzt sofort.
    Ich lege ihm den Arm auf die Schulter. Meine Hand, an der ich die Uhr trage, berührt fast seinen Hals. Ich brauche nur noch auf den Knopf neben dem Zifferblatt zu drücken und ihm das tödliche Gift zu injizieren.
    Wir sind fünfzehn Schritte von Sam entfernt.
    Kümmern Sie sich um sie
, hat ihr Vater gesagt.
    Aber das ist nicht mein Job.
    Im Grunde ist es das Gegenteil von meinem Job.
    Der Bürgermeister trägt einen dicken Pullover, aber sein Hals ist nackt. Ich müsste meinen Arm nur etwas anheben. Ein paar Zentimeter würden reichen.
    Dann wäre die Sache erledigt und ich könnte von hier verschwinden. Von dieser Familie und ihren Gesprächen beim Abendessen, den lästigen Gedanken über Vertrauen und Verantwortung.
    Ich wäre weg und hätte alles hinter mir.
    Wir sind jetzt noch zehn Schritte von Sam entfernt.
    Der Bürgermeister stimmt in das Geburtstagsständchen ein, dann singe ich auch mit.
    Arm in Arm wiegen wir uns vor und zurück.
    Ich bräuchte mein Handgelenk nur ein wenig zu drehen.
    Er würde schwanken. Ich würde ihn auffangen. Sam und ich würden uns über ihn beugen und einer von uns würde Hilfe holen. Aber die käme zu spät.
    Noch fünf Schritte.
    Der Bürgermeister drückt meine Schulter. Ich müsste nur das Handgelenk drehen   …
Aber ich tue es nicht.
    Stattdessen singe ich, lächle wie sie.
    Ich passe mich an.
    Ehe ich michs versehe, ist das Lied zu Ende und der Bürgermeister lässt mich los.
    Und auch ich nehme den Arm von seiner Schulter.
    Er geht auf die Torte zu, sein Gesicht vom Kerzenlicht erleuchtet. Ich beobachte, wie er seine Tochter anlächelt und wie sie zurücklächelt.
    Es sollte mir nichts ausmachen, dass er lächelt.
    Manche Männer lächeln, wenn sie lügen.
    Jacks Vater lächelte und verriet sein Land.
    Mein Vater lächelte und dann tauchte Mike auf.
    Jetzt lächelt der Bürgermeister und ich bin hier.
    Niemand ist unschuldig. Das habe ich gelernt.
    Ich habe auch gelernt, wie man einen Auftrag kurz und schmerzlos erledigt.
    Ich muss den Job zu Ende bringen.
    Das ist alles.
    Der Bürgermeister holt wieder seine Kamera hervor und macht ein Foto von der Torte. Er zeigt

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