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Boy Nobody: Ich bin dein Freund. Ich bin dein Mörder. (German Edition)

Boy Nobody: Ich bin dein Freund. Ich bin dein Mörder. (German Edition)

Titel: Boy Nobody: Ich bin dein Freund. Ich bin dein Mörder. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allen Zadoff
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besonderer Tag«, sagt Sam.
    Der Bürgermeister bedeutet ihr mit einem Kopfschütteln, nichts zu verraten, aber sie ignoriert ihn.
    »Mein Vater hat nämlich heute Geburtstag.«
    Der Bürgermeister hält sich die Hände vors Gesicht.
    Schnell rufe ich mir sein Profil in Erinnerung. Wie konnte ich übersehen, dass sein Geburtstag auf den zweiten Tag meiner Mission fällt?
    »Es stimmt«, sagt der Bürgermeister. »Ich werde heute hundert Jahre alt.«
    »Bitte, Dad.« Samara stupst den Arm ihres Vaters an.
    »Okay, ich bin zweiundfünfzig geworden. Aber das ist näher an hundert als an null.«
    »Herzlichen Glückwunsch«, sage ich.
    »Bitte bleibt sitzen und esst fertig«, sagt Sam. »Ich brauche nur ein paar Minuten.«
    Sie küsst ihren Vater auf den Kopf und verlässt den Raum.
    Ich sehe den Bürgermeister an, der mir direkt gegenübersitzt.
    Ein paar Minuten. Das heißt wahrscheinlich, fünf.
    Ich rufe mir den Schnitt der Wohnung in Erinnerung, vergegenwärtige mir die Positionen der vier Akteure.
    Der Profi hat gerade seine Runde beendet und befindet sich vermutlich im Flur. Sam ist in der Küche, etwa sechs Meter von uns entfernt, hinter einer Schwingtür, die in den Angeln quietscht.
    Bleibt noch der Bürgermeister. Und ich.
    Der Bürgermeister steht auf.
    »Tut gut, sich mal zu strecken.«
    »Gute Idee«, sage ich und strecke mich ebenfalls. Ich nutze die Gelegenheit, um mich im Zimmer umzusehen.
    Wir sind allein.
    »Ich bin froh, dass wir einen Moment unter uns sind«, sagt er. »Ich würde gern noch einmal auf unser Gespräch von gestern Abend zurückkommen.«
    Der Bürgermeister ist jetzt so nah, dass ich sein Aftershaveriechen kann. Es ist ein angenehmer Duft. Ein Duft, der mich an meine Kindheit erinnert. So sollte ein Vater riechen.
Mein Vater.
    Ein Schwindelgefühl erfasst mich und der Raum beginnt sich zu drehen. Ich presse mir die Daumen auf die Augen.
    »Ben?«, fragt der Bürgermeister.
    »Ja, Sir.«
    »Ich sagte, ich bräuchte Ihre Hilfe.«
    »Meine Hilfe?«
    Ich nehme die Daumen von den Augen.
    »Reden wir da drinnen weiter«, sagt er und deutet mit einer verschwörerischen Geste in Richtung Wohnzimmer.
    Ich lasse ihn vorgehen und trinke erst mal einen großen Schluck Wasser.
    Dann atme ich tief durch und sammle mich.
    Ich sehe mich wie aus großer Höhe, meine Position in diesem Raum, der Wohnung, diesem Stadtteil. Dann stelle ich mir vor, wie ich mich dem Bürgermeister nähere, ihm das Gift in den Hals jage und danach blitzschnell aus der Wohnung verschwinde. In Sekundenschnelle rasen die Bilder durch meinen Kopf.
    Ich folge dem Bürgermeister ins Wohnzimmer. Er steht gedankenverloren am Fenster. Das scheint er oft zu machen. Dann greift er in seine Hosentasche und holt ein silbernes Zigarettenetui heraus, nimmt sich eine Zigarette und dreht sie zwischen den Fingern.
    »Offiziell habe ich das Rauchen im letzten Wahlkampf aufgegeben«, sagt er. »Wenn die Presse herausfindet, dass es nicht stimmt, wird sie mich vierteilen. Von meiner Tochter ganz zu schweigen.«
    »Keine Angst, von mir erfährt niemand was«, sage ich.
    Er öffnet das Fenster einen Spaltbreit, bevor er sich die Zigarette anzündet und einen tiefen Zug nimmt.
    »Ich mache mir Sorgen um Sam«, sagt er.
    »Sorgen? Warum?«
    »Es kommen eine Menge Veränderungen auf uns zu. Das wird nicht leicht für sie.«
    Er sieht mich ein paar Sekunden lang an, lässt sich dann in einen Sessel sinken. Er zieht die unterste Schublade eines Mahagonischränkchens auf und nimmt einen Aschenbecher heraus.
    »Setzen Sie sich doch, Ben.«
    Ich setze mich in eine Ecke des Sofas. Unsere Beine stehen in einem 45°-Winkel zueinander, etwa fünfzig Zentimeter voneinander entfernt. Als er sich zum Aschenbecher vorbeugt, verringert sich der Abstand noch.
    »Ich weiß, dass Sam Ihnen vertraut«, sagt er.
    Ich könnte ihm zustimmen und abwarten, wie er reagiert. Aber ich darf nicht vergessen, dass der Bürgermeister ein intelligenter Mann ist.
    Am besten bleibe ich bei der Wahrheit. Zumindest annähernd.
    »Ehrlich gesagt, wir haben uns gerade erst kennengelernt.«
    »Tatsache ist, dass Sie hier sind. Sie hat noch nie jemanden zu einem Familienessen eingeladen.«
    »Eigentlich habe ich mich selbst eingeladen.«
    Der Bürgermeister lacht leise. »Glauben Sie das wirklich?«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Sie hat mich heute Morgen gefragt, ob sie Sie einladen kann.«
    »Wirklich?«
    »Sie ist schlau, Ben. Bei ihr müssen Sie auf der Hut sein.«
    Ich denke daran, wie

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