Boys Dont Cry
ist inoffiziell. Ich bin bloß gekommen, um zu sehen, wie du das alles schaffst«, sagte Veronica. »Collette meinte, du wärst todunglücklich.«
»Darüber bin ich weg.« Darüber komme ich gerade weg, wäre richtiger gewesen, doch das ging sie nichts an.
»Aber einfach ist es bestimmt nicht?«, unterstellte Veronica.
Ich zuckte wortlos mit den Schultern.
»Wie gesagt, ich bin hier nicht in offizieller Mission, aber ich habe eine Fürsorgepflicht und muss sicher sein, dass Emma in einer stabilen und sicheren Umgebung aufwächst, wo sie sich gut entwickelt.«
Mir gerann das Blut in den Adern. »Was willst du damit andeuten?«, fragte ich langsam. »Was hat Collette gesagt?«
»Nichts Genaues. Aber ein Kind zu haben kann für jeden, dem diese Situation neu ist, beängstigend sein, sogar wenn es ein Wunschkind ist. Du bist erst siebzehn und Emma war nicht …« Ein weiterer kurzer Seitenblick auf meine Tochter. »Na ja, du hast dich doch nicht bewusst dafür entschieden, Vater zu werden, oder?«
Ich gab keine Antwort. Dazu war ich mir der Landminen, die plötzlich überall um mich herum verstreut lagen, zu bewusst. Jedes falsche Wort konnte sie zum Explodieren bringen.
»Wenn ich das richtig verstanden habe, versuchst du, aus deiner gegenwärtigen Situation herauszukommen?«, fuhr Veronica fort.
»Da bist du falsch informiert«, gab ich zurück. »Emma ist meine Tochter, ich bin für sie verantwortlich. Ich versuche nicht irgendeinen Ausweg zu finden.«
Veronica blickte verwirrt drein. »Aber du gehst doch an die Uni.«
»Ich habe meine Bewerbung zurückgezogen.«
»Und was hast du jetzt vor?«
»Mir einen Job suchen, mit dem ich meine Tochter durchbringen kann.«
»Und wer soll sich um deine Tochter kümmern, wenn du arbeitest?«
Was ging sie das denn an? Es kostete mich große Anstrengung, ihr nicht zu sagen, was mir auf der Zunge lag. Mir war nur allzu bewusst, dass diese Frau Macht über mich und Emma besaß, deshalb wurde mir ihre Anwesenheit mit jeder Sekunde, die verstrich, unangenehmer.
»Ich suche nach einem Abend- oder Nachtjob, damit sich Dad um Emma kümmern kann, wenn ich arbeite.«
»Was für eine Art von Abendjob?«
»Weiß ich noch nicht. Bin noch auf der Suche.«
»Und was ist, wenn dein Dad nicht Babysitten kann?«
»Ich würde anfangs nur Teilzeit arbeiten, vielleicht drei, vier Abende pro Woche. Dad und ich werden einen Plan aufstellen, in welchen Nächten ich mich selbst um Emma kümmern kann.«
»Hmmm …« Veronica wirkte nicht überzeugt. »Und was ist, wenn Emma krank wird oder dich daheim braucht, während du arbeiten solltest?«
»Das kann jedem passieren, der ein Kind hat und in einer ähnlichen Situation ist«, entgegnete ich. »Dann komme ich heim und kümmere mich um meine Tochter.«
»Hmmm … Ich will ja nichts sagen, Dante, aber wirst du auch nur ansatzweise mit der Situation fertig?«
»Wie meinst du das?«
»Ich rieche, dass Emmas Windeln gewechselt werden müssen, sehe dich aber keinerlei Anstalten machen«, sagte Veronica.
Ruhig Blut, Dante. Lass dich von ihr nicht einschüchtern .
»Ich weiß, dass die Windeln gewechselt werden müssen, aber ich konnte nicht wissen, dass du so lange bleibst. Sonst hätte ich das längst erledigt.«
»Nur zu«, sagte Veronica.
War das ein Test?
Nach kurzem Zögern nahm ich Emmas Wickeltasche, die an den Griffen des an der Wand lehnenden Buggys baumelte, und machte mich ohne ein weiteres Wort an die Arbeit. Die brennende Feindseligkeit, die ich empfand, musste Veronica eigentlich die Haut versengen. Während ich Emmas saubere Windel zuklebte, sagte sie: »Dante, ich stehe auf deiner Seite.«
Mir kam es nicht so vor.
»Du hast dich also entschieden, Emma zu behalten?«
»Sie ist meine Tochter«, erwiderte ich. Das sagte doch alles.
»Hast du es dir auch gründlich überlegt?«
Meinte sie das im Ernst?
»Ich denke an nichts anderes. Ich habe Emma jetzt erst seit ein paar Wochen und muss noch viel lernen, mich auf vieles einstellen. Aber ich weiß, dass ich ein guter Vater sein werde, wenn man mir die Chance lässt.«
»Du bist erst siebzehn, Dante. Keiner kann von dir erwarten, dass du genauso viel Geduld aufbringst oder es ebenso gut hinkriegst wie ältere Eltern.«
So konnte sie mir nicht kommen. »Es gibt reihenweise ältere Eltern, die ihre Kinder missbrauchen. Es gibt reihenweise ältere Eltern, die ihre Kinder sich selbst überlassen, weil sie ihnen scheißegal sind. Ja, ich bin erst siebzehn. Das lässt
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