Bradshaw Gillian - Artus 02
vom Feuer ab, und er sah mich an. »Wärst du denn gewillt, nicht zu einem anderen Herrn zu gehen? Würdest du bei mir bleiben?«
Ich holte tief Luft und fummelte an der Mantelschließe herum. Ich kannte meine eigenen Wünsche gut genug. Dafür, daß ich diesen Mann erst seit einer Woche oder so kannte, wußte ich genau, daß ich ihm mein Leben und meine Ehre anvertrauen konnte. Ich wußte, daß es nicht abwürdigend oder unehrenhaft war, ihm dienen zu müssen, daß ich mit Sicherheit in der Lage sein würde, viel für das Licht zu tun. Und es würde harte Arbeit werden, mit noch mehr langen Reisen und noch mehr kalten Nächten in Ställen – wahrscheinlich auch unter freiem Himmel. Ich würde wenig Essen bekommen und lange Stunden arbeiten müssen und reichlich Feinde haben. Aber ich wünschte es mir, weiß Gott. Und außerdem mochte ich den Mann.
»Mein Herr«, sagte ich, »ich wäre gewillt, es zu tun. Ich habe nicht vor, etwas zu tun, wofür dein Bruder mir Prügel angedroht hat, und ich habe auch nicht vor, deine Höflichkeit auszunutzen. Du bist nicht für mich verantwortlich, nur weil du mir versprochen hast, mich hierherzubringen.«
»Meine Höflichkeit! Mann, das ist wohl kaum eine Höflichkeit. Ich biete dir ein hartes Leben. Wenn du irgendeinem anderen Herrn dientest, dann hättest du es leichter. Nein, ich tue es nur, weil du ein guter Diener und ein guter Mann bist und weil ich dich gern im Rücken hätte.«
Ich fragte mich, was ich wohl getan hatte, um diese Beschreibung zu verdienen, abgesehen davon, daß ich einen Städter übervorteilt hatte. Aber ich grinste. »Soweit ich das sehe, Herr, ist es eine Höflichkeit. Es ist also abgemacht? Ich bleibe bei dir?«
»Es ist abgemacht.« Er kam schnell vom Kamin herüber und streckte seine Hand aus, und ich ergriff sie. Er lächelte, und ich grinste zurück. Agravain hin oder her, ich hatte meinen Platz gefunden.
7
Wir blieben ungefähr anderthalb Monate in Camlann, ehe wir wieder losritten. Ich glaube, es war wahrscheinlich die längste Zeit, die Gawain auf einmal dageblieben war. Der Krieg und Artus’ Missionen hatten ihn früher beschäftigt gehalten. Und, wie Artus versprochen hatte, war in diesen anderthalb Monaten viel Arbeit zu tun. Anders als die meisten der anderen Krieger konnte Gawain lesen und schreiben, sein Latein war ausgezeichnet, und er konnte Sächsisch und Irisch genausogut wie Britisch und war mit dem Spinngewebe der britischen Angelegenheiten vertraut genug, so daß er sich, ohne verbündete oder feindliche Parteien zu verletzten, in jedes Gewirr von Pakten und Feindschaften hineinarbeiten konnte. All das war Artus sehr nützlich, und Artus, so entdeckte ich, sparte nicht an dem, was seinen Zielen nützte. Sich selbst schonte er am wenigsten. Andererseits verlangte er nie mehr von seinen Gefolgsleuten, als diese ihm geben wollten. Artus war ein Mann, der einem Traum folgte, der Vision, daß das Kaiserreich in Britannien wieder aufgerichtet wurde. Das Reich sollte all die Barbaren in sich aufnehmen, und er wollte eine neue Ordnung schaffen in Gerechtigkeit und Frieden. Um das zu vollbringen, warf Artus sein ganzes Leben in den Kampf und das Leben der Menschen, die ihn umgaben. Er hatte die Gabe, anderen Männern deutlich zu machen, was er meinte, und die ganze Festung wußte klar und deutlich, daß wir dabei waren, einer Welt, die dunkel wurde, eine christliche Zivilisation entgegenzusetzen. Die meisten der Menschen in Camlann hätten es allerdings anders ausgedrückt. Aber die Idee war herrlich.
Nicht alle Krieger mußten so hart arbeiten wie Gawain. Die meisten von ihnen wußten nur, wie man kämpft, und wenn sie nicht kämpften, dann spielten sie Würfel, jagten oder langweilten sich. Agravain und Cei waren in dieser Gruppe, und nachdem ich sie kennengelernt hatte, fand ich sie manchmal ein bißchen beschämend, hin und wieder erzürnend, aber im ganzen erträglich. Ja, ich mochte Cei sogar, obwohl seine Wutanfälle schlimmer waren als die Agravains und obwohl er eine schärfere Zunge hatte. Er war ein sehr hochgewachsener, rothaariger, muskelbepackter Riese mit einem dichten roten Bart, und er trug mehr Schmuck als jeder andere Mann in der Familie. Die Art, wie er seine Diener behandelte, entsprach genau dem, was ich immer von ihm gehört hatte, aber von Natur aus war er nicht so bösartig. Er hatte es gern, wenn man ihm widersprach, obwohl er gelegentlich mit Prügeln drohte und sie hin und wieder auch austeilte, wenn man zu weit
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