Bradshaw Gillian - Artus 02
des Glanzes verließ seinen Blick. »Es ist ein Lied von einem Mann, der in das Land der ewigen Jugend gesegelt ist, so nennen wir das Königreich des Sommers auf den Orcades. Man sagt, wenn man weit genug nach Westen segelt, dann erreicht man es. Das Lied heißt ›Die Reise des Bran MacFebal‹.«
»Ach ja, ich erinnere mich wieder. Du hast schon einmal ein Stück davon gesungen.«
»So ist es. Dieser Teil kommt später. Als Bran die Segel gesetzt hatte, traf er den Sohn des Lir – den sie in Erin einen Gott nennen –, der in einer Kutsche über die See fuhr. Der Sohn des Lir sang dieses Lied, um anzudeuten, daß die See nicht nur eine trostlose Ebene ist, sondern ein fruchtbares Königreich, wenn man Augen hat, zu sehen… Wir sollten jetzt nach rechts abbiegen, dann können wir dem Aesce in die Hügel folgen.«
Wir durchritten den Aesce und ließen unsere Pferde wieder traben. Die Weidenbäume waren gelb und grün, und die Luft war fast warm. Fast. Ich dachte daran, wie man die bittere, salzige Ebene der See befährt und dann einen fruchtbaren Wald findet, in der vollen Schönheit des Frühlings. Wie man die ganze vernünftige Welt wie eine andere Welt sieht. Mich fröstelte. Eine Welt – so glänzend wie ein Traum, wirklicher als beim Wachen, in welche die Menschen vielleicht in einem nachdenklichen Augenblick hineinschlüpften. War Gawain dort gewesen? Ich hatte einige Lieder gehört, in denen das bestätigt wurde, und man sagte, daß sein Pferd und sein Schwert aus dem Königreich des Sommers stammten, der Insel der Äpfel, dem Land der Jugend oder wie man die Anderwelt sonst noch bezeichnete. Eine Welt, die irgendwo unter oder hinter unserer Welt lag und die unerwartet über uns hereinbrechen konnte, die aber immer für jene da war, die Augen für sie hatten.
Ich zitterte wieder, aber diesmal vor Kälte, und ich fragte mich, ob es in der Anderwelt wohl wärmer war. Ich kuschelte meine kältewunden Finger in den Umhang und umklammerte den Leitzügel des Packpferdes fester.
Der Aesce fließt durch eine große Schlucht in die Ebene, begrenzt von zackigen, hohen Klippen, die den Himmel zerreißen. Wir mußten absitzen und einen Teil des Weges neben den Pferden hergehen, denn der Fluß, der von den Frühlingswassern angeschwollen war, hatte einen Abschnitt des Pfades überflutet. Wir wurden alle bis zu den Knien von dem eiskalten Wasser durchweicht, und Rhuawn rutschte ab und war naß bis zur Taille. Am oberen Ende der Schlucht blieben wir stehen, um uns die Stiefel wieder anzuziehen und unsere Kleider auszuwringen, aber dann saßen wir wieder auf und ritten in schnellem Trab weiter. Bald erreichten wir unsere römische Straße. Wir waren etwa fünfzehn Meilen von Camlann entfernt.
Unser Mittagessen nahmen wir im Sattel ein, und wir hatten jetzt schon im Norden den Ciw erreicht, der westlich von Baddon in den Afen einmündet. Jetzt begann der Himmel sich zu bewölken, und am Nachmittag kam der Regen. Ein wilder Märzwind schleuderte uns die Tropfen ins Gesicht. Uns machte es eigentlich nichts aus. Rhuawn erzählte eine außerordentlich lange und komplizierte Geschichte von einem Mann, der den Nordwind in einem Fischernetz gefangen hatte, und was ihm alles damit passierte. Wir lachten schallend darüber.
Als wir den Afen überquerten, mußten wir die Pferde ein paar Schritte schwimmen lassen, denn der Fluß führte Frühlingshochwasser, und anschließend waren wir noch nasser als durch den Regenschauer. Wir trabten schnell, damit die Pferde warm blieben, und ihre Flanken dampften. Schon vor einiger Zeit waren wir von der römischen Straße abgekommen, und der Weg war gewunden und schlammig, aber trotzdem kamen wir gut voran und erreichten bald die Hauptstraße westlich von Baddon, nicht weit hinter dem Afen. Dieser Straße folgten wir direkt zu der Bucht, von wo man eine Fähre über den Mor Hafren zur Küste von Powys und nach Caer Gwent nehmen kann.
Wir erreichten die Fähren am Abend und holten einen Fährmann von seinem Abendessen weg, damit er uns übersetzte. Die See war rauh, sie glänzte weiß in der Dunkelheit und roch stark nach Salz. Unsere Pferde standen mit gesenkten Köpfen da, zu müde, um nervös zu sein, außer Ceincaled. Als wir am westlichen Ufer in Powys an Land gingen, war ich ziemlich seekrank und stritt mich nicht mit Gawain, als der dem Fährmann als viel zu hohe Bezahlung einen goldenen Armreif gab. Dann hieß es wieder aufsitzen, und wir trieben unsere Pferde noch eine weitere Meile bis
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