Bradshaw Gillian - Artus 02
waren, aber das, was
sie da gerade ausgesprochen hatte, war unglaublich. »Ihr heiligen
Engel, nein! Wo hast du denn das gehört?«
»Na, jeder sagt es doch. Du meinst, es ist nicht wahr?« »Natürlich nicht. Uns Christen sind keine Zaubereien erlaubt,
geschweige denn das Trinken von Blut oder so etwas.«
Sie zuckte die Achseln. »Nun, ich hatte gehört, die Christen
haben einen Ritus, bei dem sie kleine Kinder töten, das Fleisch essen
und das Blut trinken. Alle Diener in Dun Fionn sagen das. Ich habe
es für eine Zauberei gehalten, die genauso schlimm ist wie die
Zauberei meiner Herrin. Und in der Tat, es klang mir auch
wahrscheinlich, denn sie hat seit Jahren versucht, den Pendragon
umzubringen, und es ist ihr nicht gelungen. Wenn die Christen aber
keinen Zauber kennen, dann kann meine Herrin ihn nur nicht töten,
weil er so weit entfernt ist. Es muß einfach so sein. Es sei denn, jemand schützt Artus. Bist du sicher, daß es nicht solche Rituale gibt
und daß du auch nichts von ihnen gehört hast?«
In einem Augenblick der Einsicht wußte ich plötzlich, woher sie
den Gedanken hatte. »Wir haben ein Geheimnis, ein Ritual, an dem
ich teilgenommen habe«, sagte ich ihr, »aber wir nehmen Brot und
Wein, und nicht Fleisch und Blut. Wenigstens sieht es wie Brot und
Wein aus. Meine Mutter hat das Brot schon manchmal dafür
gebacken. Aber wir sagen, wenn die Verwandlung stattfindet, dann
ist es wirklich Fleisch und Blut.«
»Ach«, sagte Eivlin. »Und ich hatte gedacht, es wäre eine
mächtige Zauberei. Na gut.«
»Der Ritus ist mächtig«, sagte ich fest. »Es ist ein Wunder…« »Und wegen diesem kleinen Abendessen« – sie schnippte
verächtlich mit den Fingern –, »wegen dieser Zauberei, die gar keine
ist, glaubst du nicht an Flüche? Wirklich, du bist dumm.« »Ich habe keine Angst vor Flüchen«, sagte ich und biß die Zähne
zusammen, und ich versuchte, ihr die Sakramente zu erklären und
Jesus und seinen Sieg über Tod und Hölle. Das führte mich dazu,
darauf zu bestehen, daß er sowohl ein Gott als auch ein Mensch sei,
und ich verstrickte mich in meinen Thesen und brachte den ganzen
Glaubensinhalt durcheinander. Eivlin beäugte mich skeptisch und
machte ätzende Bemerkungen, und endlich gab ich verärgert auf. Ich
zog mich zu der Behauptung zurück, daß ich vor irgendeinem Fluch
keine Angst hätte.
»Das sagst du«, meinte sie. »Und dennoch hast du Angst vor
meiner Herrin. Wirklich. Und vor mir wirst du auch Angst haben,
weil ich verflucht bin, und mit Sicherheit wirst du mir in Zukunft aus
dem Weg gehen.«
»O nein. Hab’ ich dir nicht heute meine Hilfe angeboten? Was
deine Herrin angeht – hattest du gesagt, du müßtest heute das Bett
andersherum drehen? Nun, mit der schweren Arbeit will ich dir
helfen.«
Sie hob die Augenbrauen, aber in mildem, besänftigtem Tonfall
erlaubte sie es mir. Ich half ihr also, und danach mußte ich ihr noch
bei weiteren Arbeiten helfen, um ihr meinen Mangel an Furcht
gegenüber Flüchen zu beweisen. Zuerst war ich wütend, aber dann
freute es mich, daß ich ihr etwas bewies. Erst am Ende des
Nachmittags bemerkte ich ihr wohlgefälliges, hinterlistiges Lächeln
und schöpfte langsam Verdacht, daß sie mich zum Narren hielt. Nichtsdestoweniger half ich ihr während der nächsten paar Wochen, wann immer sie mich darum bat, um ihr zu beweisen, daß ich ihr nicht aus dem Weg ging und vor ihrem Fluch keine Angst hatte und auch nicht vor Morgas von den Orcades. Ich hatte vor, mich irgendwann einmal von ihr zurückzuziehen, aber Eivlin war trotz ihrer rundlichen Schönheit viel gerissener als jeder andere, dem ich je begegnet war. Auf einem Marktplatz wäre sie zu fürchten gewesen. Sie konnte so überzeugend sein wie ein Roßtäuscher, und sie war zweimal so scharfsinnig. Die einzige Person, die ihr je die Zügel anlegen konnte, war ihre Herrin. Gelegentlich sah ich auch Morgas, und beim zweiten Blick mochte ich sie nicht mehr als beim ersten. Sie achtete überhaupt nicht auf mich, abgesehen von der ersten scharfen Frage an Eivlin, aber Eivlin wirkte immer gedrückt und leise, wenn die Königin in der Nähe war, und stets schwieg sie
eine Weile, selbst wenn ihre Herrin gegangen war.
Dennoch, als ich das Zimmer der Königin gesehen hatte und
Eivlin half, aufzuräumen, fand ich keine Hinweise darauf, daß die
Königin Zauberei ausübte. Ein paar Bücher lagen herum, aber sonst
nichts, und ich konnte nicht entscheiden, was das für Bücher waren.
Medraut bestand darauf, sie sei
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